Mit welchen Erwartungen kooperieren Unternehmen in der Krise?

Ein Trainingssystem von Nike und Apple, der Opel auf dem Catwalk des Modelabels Mango oder ein Mobiltelefon mit Prada Logo – Marketingkooperationen gehören zum Handwerk. Auch in der Krise? Isabel von Kap-herr untersuchte mit ihren Kollegen bei der Agentur Noshokaty, Döring & Thun, wie Marketeers derzeit mit dem Instrument umgehen.

von Isabel von Kap-herr

Die Studie ist die Neuauflage einer erstmals im Jahr 2007 durchgeführten branchenübergreifenden Befragung von Marketing-Entscheidern aus Großunternehmen und dem Mittelstand. Die zweite Studienauflage mit einer auf die Krise bezogenen Befragung von über 200 Unternehmensvertretern hatte zum Ziel, relevante Erkenntnisse über den aktuellen Umgang mit Marketingkooperationen zu gewinnen.

Bereits das kontinuierliche Markt-Screening (siehe Grafik 1) macht deutlich: Unternehmen erkennen in Marketingkooperationen ein Instrument, das geeignet ist, Effizienzgewinne zu erzielen: Bestanden im vierten Quartal 2006 etwa 110 Kooperationen, so zeigten sich zwei Jahre später, im vierten Quartal 2008, 300 überregionale Marketingkooperationen. Insgesamt hat sich die Anzahl der Kooperationsaktivitäten seit Beginn der statistischen Dokumentation auf Quartalsebene mehr als vervierfacht. Seit Beginn der Finanz- und Wirtschaftskrise weist die Statistik einen Wachstumsanstieg von mehr als 35 Prozent aus.

Auch die vielseitigen Kooperationsansätze, die derzeit zu beobachten sind, bestätigen die Entwicklung. MyHammer und Praktiker beispielsweise kooperieren, indem sie „artverwandte“ Produkte und Services über gemeinsame Gutscheine vermarkten. Und Ford geht in die erste deutsche Web Soap „They call us Candy Girls“ auf dem sozialen Netzwerk MySpace. Allerdings beurteilen die für die Neuauflage der Studie befragten Unternehmensvertreter die bisherige Bedeutung von Marketingkooperationen weit verhaltener als noch vor zwei Jahren (95 Prozent in 2007 gegenüber 50 Prozent in 2009). Eine Mehrheit von 65 Prozent rechnet mit einer künftig zunehmenden Bedeutung.

Das meiste Potenzial sehen die Befragten im Einsatz von Marketingkooperationen zur Generierung von Mehrwerten für die eigenen Kunden (84 Prozent). Die Bestandskundenbindung steht stärker im Fokus als der Zugang zu neuen Märkten (82 Prozent) und die Schaffung zusätzlicher Distributionspunkte (79 Prozent).

Dennoch werden die Partnerschaften noch immer nicht bei allen Marketingherausforderungen (siehe Grafik 2) eingesetzt, zu deren Adressierung sie sich eignen. Die Kostenreduzierung und der Zugang zu neuen Kompetenzen gelten bisher als „angenehme Nebeneffekte“ und sind kein vorrangiges Motiv, Kooperationen gezielt einzusetzen. Auch zur Markenstärkung und zur Generierung von Mehrwerten für Kunden nutzen Unternehmen Allianzen bisher wenig.

Während 2007 noch etwa zwei Drittel der Befragten äußerten, dass weniger als 50 Prozent der Kooperationen erfolgreich sind, sind 2009 nur noch etwa ein Drittel dieser Meinung. Bemerkenswert ist, dass Unternehmen die eigenen Kooperationen oft weniger positiv bewerten als die sichtbaren Kooperationsaktivitäten anderer im Markt (etwa die der Wettbewerber). Eine mögliche Ursache ist die kritischere Betrachtung der eigenen Kooperationsbestrebungen. Auch findet sich hier möglicherweise der durch die Krise verursachte Unternehmens-Pessimismus wieder, der eine konservative bis tendenziell negative Beurteilung der eigenen Marketing-Maßnahmen zur Folge hat.

Tatsächlich macht die Studie deutlich, dass etwa 40 Prozent der Kooperationen scheitern. Gleichzeitig definieren Unternehmen kaum operative Vorgaben wie Handlungsleitfäden und individuelle Bewertungsraster, sondern lediglich eine grundsätzliche Kooperationsstrategie. Häufig mit Folgen für die Konzeption (zum Beispiel die Identifikation des geeigneten Partners), die Etablierung (zum Beispiel die Definition der Kooperationsinhalte), vor allem aber für die konsequente und systematische Umsetzung.

Um in den dezentralen Einheiten eine noch bessere Potenzialausschöpfung zu erzielen, sollten Unternehmen vermehrt auch Instrumente für einen ‚kooperativen Führungsstil’ einsetzen, wie zum Beispiel Leitfäden, oder ein Bewertungsraster zur Identifikation potenzieller Partner.

Beide Studien von Noshokaty, Döring & Thun kommen zu dem Ergebnis, dass langfristig etablierte „strategische Partnerschaften“ tiefgreifendere Effekte erzielen. Dies gilt etwa für den Imagetransfer durch die wiederholte gemeinsame Ansprache der Zielgruppen, für die langfristige Betonung bestimmter Markenfacetten oder für die glaubhafter Co-Kommunikation. Außerdem besteht auch bei langfristig etablierten Partnerschaften immer die Möglichkeit „nur“ projektbezogen zusammen zu arbeiten (etwa beim Launch neuer Produkte).

Bei der Planung einer Kooperation ist die Vorbereitung das A und O. Die Festlegung der eigenen Ziele, eine klare Vorstellung der eigenen (und partnerseitigen) Kooperationsbeiträge sowie ein im Detail erarbeitetes Kooperationskonzept sind die Basis für eine erfolgreiche Kooperation. Wenn Partner eine Kooperation erfolgreich etablieren, sollten sie versuchen, die Zusammenarbeit auf möglichst vielen Kanälen zu bespielen und dafür alle Know-How Träger frühzeitig zu involvieren. Im Idealfall findet eine Systematisierung von Kooperationen statt.

Nur durch stetiges Anpassen der Kooperation an die sich ändernden Erwartungen im dynamischen Unternehmensumfeld kann eine Kooperation letztlich auch halten, was das Unternehmen sich davon verspricht. Dabei sollten Unternehmen stets beide Einsatzmöglichkeiten von Marketingkooperationen berücksichtigen: die Kooperation als Hebel für zusätzliches Wachstum und als Hebel für Effizienzsteigerungen. Speziell in Zeiten der Krise.

Isabel von Kap-herr ist Senior Managerin bei Noshokaty, Döring & Thun

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