Herr Gretler, nach dem EuGH-Urteil zur Tabakwerberichtlinie im Dezember 2006 sagten Sie: „Das Urteil hat für uns keine unmittelbare Wirkung. Erfahrungen aus anderen Ländern zeigen, dass Werbeverbote sich nicht auf den Tabakkonsum auswirken“. Sehen Sie das heute noch genauso?
GRETLER: Das würde ich auch heute noch unterschreiben. Die Intention der Politik, über die Kommunikation das Rauchen zu reduzieren, hat nie funktioniert. Auch die beste Werbung macht aus einem Nichtraucher keinen Raucher.
Wie haben die Werbebeschränkungen Ihr Marketing verändert?
GRETLER: Wir haben uns lange bevor es gesetzlich geboten war, aus der Fernseh- und Radiowerbung zurückgezogen. 2007 kamen dann Print, Internet und das grenzüberschreitende Sponsoring hinzu. Aus unseren Erfahrungen aus anderen Ländern wussten wir, dass alle Maßnahmen um den Point of Sale zu verstärken sind.
Sind durch die Auflagen neue Werbekonzepte entstanden?
GRETLER: Ja, gar keine Frage. Das wird nach außen hin aber nicht so sehr wahrgenommen. Man gewinnt damit keine Agenturpreise. Es wird jetzt deutlich analytischer gearbeitet. Marketing und Verkauf sind enger zusammengerückt. Das war notwendig.
Kann mit den jetzt noch legalen Werbemaßnahmen das Image einer Marke dauerhaft gepflegt werden?
GRETLER: Eindeutig. Wir gehen heute nur anders vor als früher.
Mit den eingeschränkten Kommunikationsmöglichkeiten haben die Produkt- und Preispolitik an Bedeutung gewonnen?
GRETLER: Die Bedeutung der Preispolitik wird vielleicht am besten am Beispiel der JPS klar: Der Erfolg der Marke liegt darin begründet, dass wir das richtige Produkt zum richtigen Preis angeboten haben.
JPS hat seinen Marktanteil innerhalb von drei Jahren von 2,2 auf 6,8 Prozent steigern können.
GRETLER: Dass eine Marke so schnell in die Top 10 kommt, gab es in Deutschland seit zwanzig oder dreißig Jahren nicht mehr. JPS wird bald die zweitstärkste Marke in Deutschland sein. Das war in einem Zigarettenmarkt, der als sehr statisch galt, nicht zu erwarten.
Zum Thema Zigarettenschmuggel: Wie groß ist der Schwarzmarkt?
GRETLER: Die Tabakindustrie lässt monatlich etwa 12 000 Zigarettenpackungen in ganz Deutschland auf ihre Herkunft untersuchen. Aus diesen TÜV-zertifizierten Stichproben wissen wir, dass etwa 20 Prozent der konsumierten Zigaretten nicht in Deutschland versteuert werden. Vor vier Jahren war das rund zehn Prozent. Es bilden sich regelrecht illegale Absatzwege heraus. Diese sind der ideale Boden für Fälscher. 2006 hat der Staat auf diese Weise rund 4 Milliarden Euro an Steuereinnahmen verloren. Die Verluste für Industrie und Handel beliefen sich auf rund 700 Millionen Euro.
Das Gespräch ist Auszug eines Interviews, das Norbert Lehmann für die Print-Ausgabe der absatzwirtschaft führte. Das vollständige Interview lesen Sie in der aktuellen absatzwirtschaft 6/2008.