„Marketingentscheider sollten nach Ideen von außen suchen“

Obwohl alle wissen, wie wichtig die Innovationskraft ist, werden nur in den seltensten Fällen alle Register gezogen, um diese maßgeblich zu erhöhen. Andreas Steinle, Geschäftsführer des Zukunftsinstituts, erklärt im Interview jedoch, wie sich Produkte, Services und Trends mit dem branchenübergreifenden „Cross-Innovations-Ansatz“ verknüpfen lassen und Innovationen ressourcenschonend gefördert werden können.

Herr Steinle, wie lässt sich der Cross-Innovations-Ansatz charakterisieren und was dürfen sich Marketingverantwortliche davon versprechen?

ANDREAS STEINLE: Der Cross-Innovations-Ansatz kombiniert Entwicklungen und Lösungen aus verschiedenen Branchen. So ließ sich beispielsweise ein deutsches Hausbauunternehmen von der Automobilbranche inspirieren und entwickelte ein Cabrio-Dach. Es geht also um die Synthese von bereits vorhandenem Wissen, das jedoch neu kombiniert zu innovativeren Lösungen führt. Der Cross-Innovations-Ansatz hilft, die Grenzen des eigenen Marktes zu überschreiten.

Warum erweist sich dieser Trend im Vergleich zu anderen als zukunftsfähigster Ansatz?

STEINLE: Branchen beginnen sich immer mehr miteinander zu vernetzen und bilden darüber neue Märkte heraus. Einteilungen wie Food, Fashion oder Automobilität mit klar definierten Produkten und Produktgruppen werden in der Ökonomie der Zukunft an Bedeutung verlieren. Wir erleben bereits, wie die Nahrungsmittelindustrie mit der Pharmabranche in Form von Functional Food verschmilzt und vom angereicherten Salz bis zum kosmetisch wirksamen Joghurt neue Kundengruppen erreicht. Die Märkte von morgen werden von Cross-Innovationen geprägt sein.

Als branchenübergreifender Innovationsansatz gilt zum Beispiel der von Apple. Was können Unternehmen anderer Branchen daraus lernen?

STEINLE: Apple hat im Mobilfunkmarkt einen riesigen Wettbewerbsvorteil, weil es seinen Innovationsprozess geöffnet hat und die Apps für das iPhone von externen Entwicklern programmieren lässt. Mittlerweile sind mehr als 125 000 Hobby-Programmierer registriert, die so nützliche Anwendungen wie eine digitale Wasserwaage kreieren. Früher besorgten sich die Menschen derlei im Baumarkt,
heute laden sie sich eine App herunter. Apple dringt damit in für das Unternehmen bis dato völlig neue Märkte vor.

Was sind Voraussetzungen, um den Weg zu Cross-Innovations zu ebnen?

STEINLE: Unternehmen benötigen in erster Linie eine offene Unternehmenskultur. Es gilt für Einflüsse von außen durchlässig zu sein – über Kooperationen, Partnerschaften und eine aktive Kommunikation. Die Mitarbeiter müssen darin gefördert werden, links und rechts vom Gartenzaun zu gucken. Das beginnt mit einer Einstellungspolitik, die bewusst darauf abzielt, Bewerber aus anderen Branchen für das Unternehmen zu gewinnen.

Welche konkreten Handlungsempfehlungen geben Sie Marketingentscheidern, um ihre Cross-Innovationsstärke zu erhöhen?

STEINLE: Sie sollten sich aktiv auf die Suche nach Ideen von außen machen. Bei Procter & Gamble gibt es die klare Vorgabe, dass die Hälfte aller Neuentwicklungen von Externen stammen soll, um Entwicklungskosten zu sparen und das Innovationstempo zu erhöhen. Damit einher geht, sich vom „not invented here“-Syndrom zu lösen. Das heißt, Abschied von der Eitelkeit zu nehmen, alles als minderwertig zu betrachten, was nicht selber entwickelt wurde. Die besten Ideen werden wahrscheinlich nicht aus
den eigenen Reihen kommen.

Die Fragen stellte Martina Monsees.

Mehr Informationen zum Praxis-Guide Cross-Innovations finden Sie unter:
www.zukunftsinstitut.de