Was uns „7 vs. Wild“ über die digitale Welt lehrt

„7 vs. Wild ” erreicht ein Publikum, von dem so manch Fernsehsender nur träumt. Gleichzeitig entstehen mit diesem Hype neue Möglichkeiten für Marken, schreibt Carina Schubert in diesem Gastbeitrag.
Die Teilnehmer*innen der Survival-Show "7 vs. Wild" von Fritz Meinecke. (© Fritz Meinecke)

Von Carina Schubert

Die zweite Staffel der Survival-Serie „7 vs. Wild“ zählt zu den erfolgreichsten deutschen YouTube-Formaten aller Zeiten. Rund 19,3 Mio. Klicks erreichten bislang allein die ersten beiden Folgen der neuen Staffel. Klassische TV-Formate können da kaum mithalten. Zum Vergleich: Beim deutschen WM-Auftaktspiel gegen Japan schalteten 17 Mio. Zuschauer:innen ein.

Für alle, die noch nicht wissen worum es geht: Sieben Teilnehmende müssen ihre Outdoor-Skills – dieses Mal im Dschungel auf einer Insel bei Panama – unter Beweis stellen, indem sie mit einer begrenzten Anzahl an Gegenständen sieben Tage jeweils alleine und autark in der Wildnis überleben. Oben drauf gibt es tägliche Challenges, die Punkte bescheren. Die Kanditat:innen halten ihre Abenteuer – ganz ohne Kamerateam – komplett selbstständig mithilfe einer Action-Cam fest.

Was der Erfolg von „7 vs. Wild“ verrät

Die simple aber geniale Idee hinter 7 vs. Wild geht auf. Die Zuschauer:innen fiebern jeder neuen Folge entgegen und sorgen mit ihren Views dafür, dass der Hype nicht abreißt. „7 vs. Wild” macht aber auch deutlich, wie das Fernsehen der Zukunft aussieht: weg vom linearen TV, aber auch weg vom „klassischen“ Streaming – hin zu digitalen Serien-Formaten. Der Wandel beeinflusst nämlich auch die Zielgruppen, die die Macher*innen und Sponsoren damit erreichen. Um nachrückende Generationen zu adressieren, muss man sie dort abholen, wo sie unterwegs sind – in der digitalen Welt.

Das Survival-Format ist natürlich nicht die erste rein digitale Serie, seit es Social Media gibt. Doch der Erfolg sucht seinesgleichen. Was unterscheidet „7 vs. Wild” von anderen Formaten? Zum einen wurde erstmals eine deutsche Serie mit Challenges-Mechanik kreiert. Dadurch hebt sich „7 vs. Wild“ von den bisherigen YouTube-Formaten ab, die eher an einen Broadcast erinnern und damit recht vorhersehbare Handlungen präsentieren.

Digitale Creator*innen treffen den Nerv

Der andere und weitaus größere Erfolgsfaktor ist die Auswahl der Teilnehmenden. Neben dem Format-Gründer Fritz Meinecke sind weitere Influencer*innen mit von der Partie. Und bei ihnen handelt es sich größtenteils um rein digitale Creator:innen, die bisher eher wenig im TV zu sehen waren. Damit hatte die Serie schon vor dem Start eines sicher: eine große und erweiterte Followerschaft über alle Social Media-Kanäle hinweg. Die Kandidat*innen bringen ihre loyale Community mit und verfügen so über eine zusätzliche Audience, um neben den Hauptvideos ihre Stories zu erzählen.

Mit Reaction-Videos und ‚Behind the Scene‘-Einblicken generieren die Creator:innen eine Menge zusätzlicher Klicks mit hohen Reichweiten. So erreichen beispielsweise Reaction-Videos von Teilnehmerin Starlet Nova auf Twitch allein über 170.000 Views und von Fritz Meinecke auf YouTube sogar 220.000 Views. Die Bedeutung dieser zusätzlichen Formate zeigt auch eine Absprache zwischen dem „7 vs. Wild“-Team und diversen Creator*innen: Reaction-Videos dürfen nämlich erst 24 Stunden nach Veröffentlichung der neuen Folgen hochgeladen werden. Denn in der ersten Staffel schadeten diese den Klickzahlen auf dem Hauptkanal. Das allein zeigt, dass die Reichweite und Interaktionen, die das Format in Summe generiert, noch viel größer sind, als die View-Zahlen des Hauptvideos.

Die (neue) Rolle der Marken

Ein derart erfolgreiches Konzept begeistert nicht nur Zuschauer*innen, sondern weckt auch Begehrlichkeiten bei Marken. Sie können und wollen dieses und ähnliche Formate nutzen, um auf der Erfolgswelle mitzuschwimmen. Neben einem klassischen Sponsoring ergeben sich hierfür verschiedene Möglichkeiten. Marken, die auf den Zug aufspringen wollen, sollten folgende drei Ratschläge beherzigen:

Dank der Netzwerkeffekte und der zusätzlichen Videos der Creator*innen kommen lineare TV-Serien, aber auch viele klassischen Streaming-Angebote, nicht an die Reichweiten der gesamten Formate rund um „7 vs. Wild” ran. Die Zukunft und damit der Erfolg liegen in der digitalen Welt. Wer als Marke mitspielen will, muss sich mit Social Media-Plattformen wie Twitch, YouTube oder TikTok und deren Charakteristiken in puncto Werbemöglichkeiten auseinandersetzen.

Themen erkennen und benennen  

Neben dem offiziellen YouTube-Kanal, auf dem die neusten Episoden veröffentlicht werden, haben alle Teilnehmenden eigene Social Media-Auftritte mit einer teilweise siebenstelligen Followerschaft. Markenverantwortlichen, die in die Welt von Meinecke, Knossi und Co. eintauchen und verstehen, wie sie ticken, erreichen durch die Zusammenarbeit mit Creator:innen auf authentische Art eine neue Community.

Fakt ist, dass bei „7 vs. Wild” in diesem Jahr die Chance verpasst wurde, Awareness für ein offensichtliches Problem zu schaffen. Die Survival-Serie spielt in einer traumhaften Umgebung, aber nicht zu übersehen ist die Umweltverschmutzung durch Plastik-Müll. Nachhaltigkeit steht bei allen großen Marken ganz oben auf der Agenda. Hier böte sich für alle künftigen Formate dieser Art viel Potenzial, Haltung zu zeigen und auf Umweltthemen aufmerksam zu machen.

Die Macher*innen von „7 vs. Wild” riefen mithilfe rein digitaler Creator*innen  ein neues Format ins Leben, das seinesgleichen sucht.  Marken, die rechtzeitig auf den Hype aufspringen, haben die Chance, sich als Vorreiter bei Digital Culture-Themen zu positionieren und die entsprechende Zielgruppe dort zu erreichen, wo sie sich tummelt.

Carina Schubert arbeitet als PR-Managerin bei Buddybrand, einer Berliner Kreativagentur für digitales Marketing.