Herr Plantenberg, das Umdenken, mehr Marketing-Controlling betreiben zu wollen, findet nur langsam statt. Warum steigt die Bereitschaft dazu trotz verstärktem Kontrollwahn in Wirtschaftskrisenzeiten nicht signifikant?
OLIVER PLANTENBERG: Viele Werbetreibende sind es gewohnt, Anzeigen nach Mediendaten wie Auflage, Tausend-Kontakt-Preis (TKP), oder demografischen Informationen zu buchen. Das wäre so, als würde man einen Anzug oder ein Kostüm nach den Durchschnittswerten der deutschen Bevölkerung kaufen. Wie kann ich wissen, auf welche Resonanz mein Produkt oder meine Dienstleistung in der Publikation trifft? Die Antwort ist ganz einfach, ich weiß es nicht, wenn ich es nicht direkt messe. Raten ist in der Werbung allerdings sehr teuer. Man hat nicht nur eine ineffektive Anzeige zu verschmerzen, sondern verliert, was noch viel schlimmer ist, Umsätze, die das Unternehmen braucht. Es fehlt häufig nur das Wissen, wie praxisbewährt gemessen wird. Dies verzögert den Wandel, denn dieser etabliert sich erst dauerhaft, wenn das Unternehmen den Unterschied in der Kasse erlebt hat.
Wenn Marketing-Controlling-Maßnahmen bereits durchgeführt werden, dann handelt es sich dabei öfter um umsatzstarke Unternehmen. Welche konkreten Nutzen ergeben sich daraus für sie?
PLANTENBERG: Egal wie groß ihr Werbebudget ist, es ergibt sich eine klar messbare Steigerung der Werbewirkung. Diese wird zuerst durch mehr Interesse an den Produkten oder Dienstleistungen sichtbar, dann durch mehr Verkäufe und letztendlich durch einen größeren Marktanteil. Wenn vorher nicht jede einzelne Werbemaßnahme sofort in ihrer Wirkung gemessen wurde, lässt sich bei einem internationalen Konzern eine Steigerung der Werbeeffektivität um 100 Prozent und mehr in 18 Monaten erzielen. Bei kleinen und mittelständischen Unternehmen geht dies noch viel schneller. Erste Ergebnisse sind immer bereits nach sechs bis acht Wochen eindeutig nachweisbar.
Was sind die erfolgreichsten Methoden und Kennzahlen, um die Wirksamkeit von Werbemaßnahmen zu messen und zu verbessern?
PLANTENBERG: Betrachten wir einmal Maßnahmen zur Vertriebsunterstützung: Sie wollen vor allem zwei Dinge wissen: Wie viel kostet es, einen Neukunden zu gewinnen (Cost per Order) und was ist dieser Kunde wert (Life Time Value)? Hieraus ergibt sich der sehr verblüffende Effekt des unbeschränkten Marketing-Budgets. Wenn Sie 65 Euro investieren müssen, um einen Kunden zu gewinnen, dieser aber einen Wert von 450 Euro für das Unternehmen hat, können Sie so viele Neukunden generieren, wie das Unternehmen gut bedienen kann. Das Marketing-Budget wird hierdurch irrelevant als Begrenzung.
Wie lässt sich erklären, dass Marketing-Controlling gegenwärtig ausgerechnet für den Online-Bereich von geringer Bedeutung ist?
PLANTENBERG: Dies stimmt nur zum Teil. Reine Online-Händler betreiben in der Regel sehr genaues Marketing-Controlling und ein Quartalsgewinn von 199 Millionen US-Dollar, wie Amazon ihn gerade eingefahren hat, sind Früchte dieser Aktivitäten. Wenn man sich dann anschaut, dass in vereinzelten Unternehmen die Webseite noch von der IT-Abteilung betreut wird, dann braucht es einen nicht zu überraschen, dass extrem wertvolle Erkenntnisse für das Marketing verloren gehen beziehungsweise erst gar nicht ermittelt werden. Hier wird bares Geld verschenkt. Dies führt dann schlussendlich zum Karstadt-Quelle-Syndrom.
In welchem Verhältnis stehen Aufwendungen für Marketing-Controlling im Interesse zur Thematik?
PLANTENBERG: Wenige Prozent des Marketingbudgets reichen aus, um dieses nicht nur effektiv im Auge zu behalten, sondern vor allem, um es gewinnbringend zu optimieren. Die Einzelwerte weichen aber je nach Unternehmenskonstellation ab. Die Regel hier ist, je weniger Vertriebsstufen zwischen dem Unternehmen und dem Kunden stehen, umso einfacher und günstiger wird es.
Welches Potenzial steckt künftig noch im Marketing-Controlling, weshalb sich Unternehmen verstärkt damit auseinandersetzen sollten?
PLANTENBERG: Die Argumentation vieler ist, dass Anzeigen und andere Werbemaßnahmen langfristig eine Marke kreieren und sich der Erfolg nicht so einfach messen lässt. Was für ein Quatsch! Ich mache doch nicht weniger Marke, wenn ich herausfinde, was die Leute anspricht oder wenn ich Kunden besser erreiche. Ich mache auch nicht weniger Marke, wenn ich messe, denn das heißt ja nicht, dass ich schlechtere Anzeigen mache, sondern bessere. Nehmen Sie einmal eine Anzeige, die bei gleicher Fläche das gleiche Geld kostet. Diese kann eine Anfrage, zehn Anfragen oder 110 Anfragen generieren. Wer es nicht misst, kann es nicht analysieren und wer es nicht analysieren kann, kann es nicht verbessern und verliert Marktanteile. Henry Ford sagte einmal, dass 50 Prozent seines Werbebudgets rausgeschmissenes Geld seien, er wisse nur nicht, welche. Er lag falsch damit. Wir sehen in der Praxis regelmäßig Werte von 65 bis 70 Prozent, die in nicht oder wenig funktionierende Werbung investiert werden. Wenn man diese Geldverbrenner identifiziert und gleichzeitig das Budget in effektive Maßnahmen umlenkt, ist sonnenklar, dass mehr Aufträge generiert werden und das Unternehmen langfristig floriert.
Die Fragen stellte Martina Monsees.
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