Kundenbindung offline und online ergänzen sich

Payback ist an American Express verkauft, Happy Digits sogar eingestellt, die Deutschland Card kommt trotz einer Mutter Bertelsmann im Rücken nicht recht von der Stelle. Während herkömmliche Kundenkartenprogramme stagnieren, drängen im Web 2.0 stetig neue Plattformen und Angebote auf den Markt, mit denen Unternehmen ihre Kunden online an sich binden können. Soziale Netzwerke, Online-Communitys und Rabattportale verändern dabei nicht nur die Art der Kommunikation zwischen Unternehmen und Kunden, sie ermöglichen zudem Zugang zu neuen Zielgruppen.

Bislang wurde kaum untersucht, ob oder inwieweit Social Media herkömmliche Kundenbindungsprogramme tatsächlich obsolet werden lassen. In der Studie „Loyality 2.0 – Ist die Zukunft der Kundenbindung digital?“ hat die auf marktorientierte Unternehmensführung spezialisierte Strategieberatung Keylens Management Consultants nun erstmals die Veränderung der Kundenbindungslandschaft in Deutschland untersucht Befragt wurden rund 500 Privatpersonen in Deutschland, die mindestens eine der untersuchten Kundenkarten (Payback, Deutschland Card, BSW Bonus Card, Webmiles, Miles & More, Ikea Family, Douglas Card, Shell Clubsmart, Bahn Card) kennen. Ein zentrales Ergebnis lautet: Multipartnerprogramme stecken – zumindest aus Endkundensicht – nicht in der Krise; offline und online Kundenbindung sind offensichtlich sogar komplementär. Trotz zunehmender Online-Konkurrenz würden herkömmliche Kundenprogramme immer noch intensiv genutzt – über 85 Prozent der Befragten besitzen eine der gängigen Kundenkarten. Mit zunehmender Nutzung des Internets steige sogar deren Attraktivität.

Als eine Faustregel im Marketing-Umfeld gelte, dass der Gewinn eines neuen Kunden neunmal so teuer ist wie die Bindung eines schon bestehenden, loyalen Kunden. Diesen Zweck hätten früher überwiegend „herkömmliche“ Kundenprogramme erfüllt, bei denen Kunden meist per Kundenkarte Punkte, Meilen und ähnliches sammelten. Mehr als die Hälfte (51,7 Prozent) der deutschen Kartenbesitzer nutzten deren Angebote häufig bis sehr häufig. Die Deutschen besäßen im Durchschnitt 4,1 Kundenkarten. Doch aufgrund des zunehmend Online-geprägten Kundenverhaltens bestehe ein Entwicklungsbedarf hin zu einer stärkeren Online-Vernetzung. Denn in sozialen Netzwerken, Online-Communitys und -Shops tummelten sich nicht nur vermeintlich neue, junge Kunden. Auch viele Kundenkarteninhaber suchten im Web nach Vorteilsangeboten. So rangiere im Systemvergleich Facebook in Deutschland deutlich vor Payback mit der größten und zugleich aktivsten Nutzergruppe. Das soziale Netzwerk zähle die meisten und aktivsten Mitglieder unter den Befragten und stelle die besondere Bedeutung der Plattform für die Zukunft der Kundenbindung heraus.

Die Keylens-Studie zeigt, dass Online- als auch Offline-Modelle zur Kundenbindung in hohem Maße komplementär sind: Rund ein Drittel der Befragten nutzt sowohl Kundenkartenprogramme als auch Social Media intensiv. „Genauso wie konservative Bonusprogramm-Anhänger den Angeboten der virtuellen Welt nicht abgeneigt sind, haben zum Beispiel auch Facebook-‚Heavy User’ eine Payback-Karte in ihrem Portemonnaie“, sagt Dr. Stephan W. Schusser, Managing Partner von Keylens. Ein Vergleich der zahlenmäßig größten Plattformen – Payback auf der Seite der herkömmlichen Kartenprogramme und Facebook auf der Seite der digitalen Welt – zeige, dass 43 Prozent der Verbraucher, die sich in beiden Welten bewegen, beide intensiv nutzen.

Insgesamt nutzt fast ein Drittel der Befragten Kundenkartenprogramme und Social Media gleich intensiv – in der Studie wird diese Nutzergruppe als „digitale Konsum-Avantgarde“ bezeichnet, weil diese Konsumenten eine starke soziale Vernetzung im Web aufweisen und gleichzeitig eine hohe Konsumneigung besitzen. Dem gegenüber stehe eine relativ große Gruppe (22 Prozent) von Verweigerern, die weder Kundenkartenprogrammen noch Social-Media-Kanälen gegenüber aufgeschlossen sind. 31 bzw. 16 Prozent seien „Entweder-oder-Typen“, wobei die kartenintensiven Nutzer deutlich überwiegen würden. Die Herausforderung für Unternehmen bestehe somit darin, ihren Kundenkreis effektiv zu segmentieren und die einzelnen Segmente individuell mit der jeweils wirkungsvollsten Kombination aus Online- und Offline-Angeboten anzusprechen. Schusser erklärt hierzu: „Marketingverantwortliche sind heute deutlich mehr gefordert als früher, da sie eine größere Zahl von Instrumenten beherrschen und aufeinander abstimmen müssen.“ Kein Instrument dürfe isoliert laufen, und die Maßnahmen sollten aufeinander abgestimmt sein.

Die verschiedenen Nutzertypen achteten mitunter auf unterschiedliche Dinge: Allen vier in der Keylens-Studie identifizierten Typen seien zwar Kostenvorteile wichtig, aber mit deutlichen Abstufungen in der Gewichtung. Die Social Media-affinen Verbraucher legten insgesamt einen größeren Wert auf gute Bewertungen und einen intensiven Online-Dialog mit den Unternehmen und gleichgesinnten Kunden, wohingegen die klassischen Kundenkarten-Liebhaber eher auf direkte Kostenvorteile und Rabattgutscheine achten. Aufgedeckt wird durch die Untersuchung auch eine Verschiebung in der Nutzenpräferenz: Überwog beim Punktesammeln bislang noch der individuelle Nutzen in Form eines finanziellen Vorteils, werden mittlerweile soziale Nutzenaspekte immer wichtiger. So messen die Befragten Online-Möglichkeiten für Bewertungen und Empfehlungen nahezu gleich große Bedeutung zu (33,8 Prozent) wie dem „klassischen“ Sammeln (34,6 Prozent). Das habe aber nichts damit zu tun, dass die Deutschen auf einmal ihre soziale Ader entdecken würden. Vielmehr seien die finanziellen Vorteile beim klassischen Sammeln, bei dem man einen recht langen Atem braucht, meist recht gering. Deutlich mehr geschätzt (55 Prozent) werde da schon ein unmittelbarer finanzieller Vorteil, etwa in Form eines Gutscheins.

www.keylens.com