„Knackige“ Frauenpos und herabwürdigende Slogans: Werberat spricht fünf öffentliche Rügen aus

Mit Frauenhintern wirbt e sich besser? Das dachten sich fünf kleine und mittelständische Unternehmen. Sie werben mit einem Frauenpo und einem mal mehr, mal weniger herabwürdigenden Slogan für ihre Dienstleistungen. Das nahm der Deutsche Werberat, Selbstkontrolleinrichtung der deutschen Werbewirtschaft, zum Anlass für eine öffentliche Rüge. 
Für dieses Motiv sprach der Werberat eine Öffentliche Rüge aus

Erst vor wenigen Wochen hatte der Deutsche Werberat seine Beschwerdebilanz für 2017 vorgelegt: 800 Werbemaßnahmen mussten die 46 Verbände und Organisationen des Zentralverbandes der deutschen Werbewirtschaft im vergangenen Jahr prüfen. Die Rollenbilder der Geschlechter sorgten für die meisten Beanstandungen. Die Sensibilität in der Gesellschaft dafür scheint gestiegen zu sein, so der Werberat. Die Anzahl der Fälle mit dem Beschwerdegrund „Geschlechterdiskriminierende Werbung“ ist im Jahr 2017 um 18 Prozent auf 321 Beschwerdeverfahren gestiegen. Dieser Grund macht damit rund 60 Prozent aller Fälle aus. In rund einem Drittel der Fälle folgte das Gremium der Kritik. Damit beanstandeten sie 98 Werbemaßnahmen. 14 Unternehmen musste schließlich eine öffentliche Rüge ausgesprochen werden, alle anderen Betroffenen stellten die Werbung ein oder änderten sie entsprechend.

Im Jahr 2018 scheint es ähnlich weiterzugehen – denn die ersten fünf öffentlichen Rügen wurden bereits ausgesprochen. Bei den gerügten Unternehmen handelt es sich – wie in den meisten Fällen der Werberat-Rügen – um kleine und mittelständische (Handwerks-)Unternehmen. Weil die fünf Unternehmen ihre Werbung vorerst weiterhin einsetzen, ging der Werberat mit seinen Beanstandungen an die Öffentlichkeit. Diese Maßnahme sei nur selten erforderlich, sagte eine Sprecherin des Gremiums in Berlin.

Zu den fünf gerügten Unternehmen gehört „Lehmann Transporte“ aus Großhartmannsdorf. Die Firma wirbt großflächig auf einer LKW-Rückseite mit einem nur mit einem Stringtanga bekleideten Frauenhintern. Der zugehörige Slogan „… wir bringen’s knackig…“ setzt aus Sicht des Werberats die abgebildete Frau mit den im Fahrzeug transportierten Tiefkühlwaren gleich. Da zudem die Frau allein auf ihre Körperlichkeit und vor allem ihr Gesäß reduziert wird, hält der Werberat diese Werbung für sexistisch. Daran ändert auch die Einlassung des Unternehmens nichts, das Motiv solle lediglich zeigen, dass das Gemüse bei der Lieferung frisch ist.

Die „pretzsch bau GmbH“ aus Lutherstadt Wittenberg bebildert auf ihrer Bauzaunwerbung den Slogan „…wir baggern überall“ mit einem nackten, sandigen Frauenpo, auf dem sich ein Spielzeugbagger befindet. Nach Auffassung des Werberats suggeriert das Werbemotiv zusammen mit dem Werbetext, dass Frauen überall angebaggert werden können. Überdies ist bereits die bildliche Darstellung, selbst wenn sie humorvoll gemeint gewesen sein sollte, nach Ansicht des Gremiums frauenherabwürdigend.

Aus ähnlichen Gründen beanstandete der Werberat auch die Plakat- und Onlinewerbung der Firma „Thomy’s Reifenservice“ aus Chemnitz. Zwar ist das Gesäß mit einer Hose bekleidet, in deren Schritt befindet sich jedoch ein Reißverschluss, was aus Sicht des Werberats zusammen mit den gefesselten Händen der Frau und dem Werbetext „Nur Klauen ist billiger!“ den Eindruck der sexuellen Verfügbarkeit suggeriert. Der Unternehmer hielt die Darstellung nicht für herabwürdigend, sondern für erotisch. Gegen erotische Darstellungen hat der Werberat nichts einzuwenden, auch wenn diese keinen direkten Bezug zu der beworbenen Dienstleistung haben. Bei dieser Werbung jedoch sei die Grenze zu einer Herabwürdigung überschritten, begründet der Werberat ihre Entscheidung.

Ebenfalls als sexistisch beanstandet wurde die Werbung der „LFH Nürnberger Zeitarbeit GmbH“ für „Jobs mit Perspektive“. Die auf dem Werbemotiv zu sehende „Perspektive“ zeigt über nahezu die ganze Breite der Rückseite des Firmenfahrzeugs einen Frauenpo zwischen dessen Beinen die Sonne hindurch scheint. Der doppeldeutige Slogan und die Abbildung eines nur mit einem Slip bekleideten Gesäßes reduzieren Frauen nach Meinung des Werberats auf ihre Sexualität und sind daher herabwürdigend (Verstoß gegen Ziffer 5 der Verhaltensregeln des Deutschen Werberats gegen Herabwürdigung und Diskriminierung von Personen). Die Tatsache, dass die Frau nicht als Ganzes, sondern nur ausschnittsweise abgebildet sei, verstärke den Eindruck, dass die Frau als rein sexueller Blickfang fungieren soll. Das Unternehmen ließ im Rahmen des Beschwerdeverfahrens erklären, dass es diese Ansicht nicht mittrage. An den Werberat hatte sich auch eine Beschwerdeführerin gewandt, die selbst seit Jahren mit Zeitarbeit ihren Lebensunterhalt verdient. Sie kritisierte das unseriöse Bild, das mit dieser Werbung von Zeitarbeiterinnen vermittelt werde.

Quelle: Werberat.de

Als sexistisch beanstandet wurde vom Werberat die Werbung der „UP Gastro GmbH“ für den Pizzalieferdienst Uno Pizza. Die Plakat- und Onlinewerbung des Unternehmens aus Halle/Saale zeigt eine Frau in Unterwäsche, die auf Pizzakartons liegt. Auf ihrem Bauch befindet sich neben einer Pizza der Text „Pizza Hot Spicy“. Dieser Text setzt aus Sicht des Werberats die Frau mit den beworbenen Pizzen gleich. Daran ändere auch die Tatsache nichts, dass das Unternehmen einlenkte und den auf dem Bein der Frau angebrachten Preis von 4,99 Euro entfernte. Die Abbildung einer nur mit Spitzenunterwäsche bekleideten, lasziv dargestellten Frau hat zudem keine Verbindung zu den beworbenen Pizzen. Im Gegensatz dazu besteht beispielsweise bei der vom Unternehmen als Vergleich herangezogenen Unterwäschewerbung ein direkter Zusammenhang zwischen der knappen Bekleidung und dem beworbenen Produkt.

Wie bereits im Jahr 2017 und den Jahren davor, betrifft keiner der Rügen-Fälle einen Konzern oder ein bundesweit bekanntes Unternehmen, deren Werbemaßnahmen über regionale Grenzen hinausreichen. Die Gründe sind unterschiedlich. Zum einen wird der Rat – meistens – nur auf Anzeige aktiv und wiederum auch nur dann, wenn die Werbemaßnahmen ungeachtet der geltenden Gesetze, beispielsweise dem Gesetz für unlauteren Wettbewerb (UWG), bleiben. Zu Rügen kommt es nur dann, wenn die Beanstandungen des Werberates ohne Auswirkungen, beispielsweise die Einstellung oder Änderung der Kampagne, bleiben.