Von Roland Karle
Dieter Spath predigt nicht nur Innovationen, sondern geht mit gutem Beispiel voran. Das Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) in Stuttgart, das der 60-jährige Maschinenbauingenieur leitet, hat im vergangenen Jahr neben zahlreichen Studien – unter anderem über „Elektromobilität und Beschäftigung“ – auch in der Umsetzung eigene Akzente gesetzt. Auf dem Fraunhofer-Campus steht ein „lebendes Labor“, wie der Professor die bundesweit größte Ladeinfrastrukturanlage im dortigen Parkhaus bezeichnet. Den praktischen Nutzen demonstrieren 30 dort eingesetzte Elektro-Forschungsfahrzeuge.
Elektromobilität ist eines der großen Zukunftsthemen, das Wirtschaft und Politik immer wieder beschäftigt. Dennoch hat man den Eindruck, dass es nicht recht vorangeht. Spath ordnet ein: „Die Erwartungshaltung war riesig, auch aufgrund der medialen Berichterstattung. Doch eine solche Technologie zu entwickeln, das dauert. Wir wissen heute, dass E-Fahrzeuge eine begrenzte Reichweite haben und vor allem fürs urbane Umfeld geeignet sind“, erklärt der Experte. „Die EU geht davon aus, dass wir im Jahr 2050 in Städten nur noch elektromobil unterwegs sein werden. Den Einsatz in ländlichen und touristischen Gebieten testen wir gerade in dem Modellprojekt e-Gap in Garmisch-Partenkirchen.“
Für den Wirtschaftsstandort Deutschland werden Erneuerung und marktverändernde Entwicklungen zu einem unverzichtbaren Treiber. Im absatzwirtschaft-Interview (Ausgabe 5/2013) fordert Spath daher „mehr radikale Innovationen“. Schrittweise Verbesserungen reichten nur bedingt. Dabei hemmen gute Geschäftszahlen oftmals den Innovationsdrang, Markenexperte David Aaker stellt gar fest, dass Erfolg die Unternehmen träge mache. „An der These ist was dran, und sie überrascht ja auch nicht: Wenn es gut läuft, stellt sich kein allzu starker Druck zur Veränderung ein“, sagt Spath.
Hinzukommt, dass man gerne auf Erfahrungswerte zurückgreift. Bestehendes linear, aber nicht revolutionär weiter zu entwickeln – das hat in der Vergangenheit meist ausgereicht, um die eigene Marktstellung zu behaupten. „Das erklärt, warum viele Unternehmen auch heute überwiegend innerhalb der Grenzen ihres definierten Marktes denken und handeln“, folgert Spath. Und deshalb muss das Thema auch an der richtigen Stelle in einer Organisation verankert werden. „Innovationen sind eindeutig eine Führungsaufgabe, und zwar im Sinne eines Managements von Kompetenzen“, betont Spath.
Das Können der Mitarbeiter rückt dabei immer stärker in den Fokus. „Wie innovationsfähig ein Unternehmen ist, hängt ganz entscheidend von deren Qualifizierung und Weiterbildung ab. In Zukunft wird der technologische Wandel so ausgeprägt und schnell sein, dass eine einmal erlangte Grundausbildung für das Arbeitsleben immer weniger ausreicht. Da muss man Bildung neu denken und möglichst praxisnah ,on the job‘ umsetzen.“
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