Inflationssorgen in Europa etwas gedämpft

Die Deutschen machen sich im Vergleich zum Vorjahr deutlich weniger Sorgen: In der aktuellen Studie „Challenges of Europe 2012“ des GfK Vereins nannte jeder Bundesbürger im Durchschnitt 2,6 Probleme, die zu lösen sind. Im Vorjahr waren es 3,7 Probleme. Damit liegen die Deutschen allerdings noch vor den Griechen, die 2,4 Herausforderungen nennen. In Europa liegt der Durchschnitt sogar nur bei 2,0 Problemen und damit ebenfalls deutlich niedriger als im Vorjahr (2,4). Nach wie vor die mit Abstand sorgenfreieste Nation ist Schweden mit durchschnittlich 1,1 genannten Herausforderungen.

Nur noch gut ein Drittel der Bundesbürger macht sich Sorgen um die Lage auf dem Arbeitsmarkt (minus 21 Prozent im Vergleich zu 2011), zeigt die Verbraucherbefragung des GfK-Vereins. Seit Beginn der gesamtdeutschen Erhebungen im Jahr 1990 sei kein geringerer Wert gemessen worden. Im Gegensatz dazu hat die Sorge um die konjunkturelle Entwicklung deutlich zugenommen. Lag sie 2011 mit 14 Prozent noch auf dem zehnten Rang, ist sie nun mit 24 Prozent auf den dritten Platz geklettert. Nur in den Krisenjahren 2009 und 2010 stellte die GfK höhere Werte fest. Im Zuge der sich verschärfenden rezessiven Tendenzen im Euro-Raum sehen die Bundesbürger durch die starke Exportabhängigkeit der deutschen Industrie offenbar auch Gefahren für die eigene Konjunktur. Zwar machen sich die Bundesbürger weniger Sorgen um die Preisentwicklung als im Vorjahr, dennoch bleibt das Thema auf dem zweiten Platz im Sorgenranking. Hohe und weiter steigende Energiepreise lassen viele Bundesbürger um ihre Kaufkraft bangen. Zudem sehen die Deutschen durch die diversen Rettungspakete zunehmende Gefahren für die Stabilität der Währung. Bislang deckt sich diese Befürchtung jedoch nicht mit den amtlichen Zahlen der Lebenshaltungskosten. So ging die Inflationsrate nach Angaben des Statistischen Bundesamtes im Mai auf 1,9 Prozent zurück, nachdem sie im April noch bei 2,1 Prozent gelegen hatte.

Spürbar abgenommen haben in diesem Jahr die Bedenken der Bundesbürger über die soziale Sicherung, das Gesundheitswesen und die Rente. Dagegen hat das Thema Armut erstmals den Sprung unter die Top-Ten-Sorgen der Deutschen geschafft und belegt nun Platz 8: „Vor allem der steigende Anteil der prekären Beschäftigungsverhältnisse sowie die sich abzeichnende Altersarmut bei Menschen mit nicht durchgehenden Erwerbsbiografien geben den Bundesbürgern anscheinend zunehmend zu denken“, sagt Prof. Dr. Raimund Wildner, Geschäftsführer des GfK Vereins. Bei der Gegenüberstellung der alten und neuen Bundesländer zeigen sich nach wie vor deutliche Unterschiede. Zwar sind die Top-3-Themen identisch, jedoch nicht das Ausmaß der Beunruhigung. Sowohl in Ost als auch in West ist das Thema Arbeitslosigkeit top, die Unterschiede sind aber gravierend. Während sich in den alten Ländern nur noch knapp ein Drittel der Befragten um den Arbeitsmarkt sorgt, sind es im Osten gegenwärtig 45 Prozent.

Top-Thema in Europa: der Arbeitsmarkt

Neben Deutschland wurde die Studie zum wiederholten Male in zehn weiteren europäischen Ländern durchgeführt. Aufgrund der aktuellen Lage in Europa bezog der GfK-Verein in diesem Jahr Griechenland ergänzend in die Erhebung mit ein. Die Arbeitslosigkeit belegt europaweit, wie bereits im Vorjahr, mit 38 Prozent die Spitzenposition. In neun der zwölf untersuchten Länder nimmt dieses Thema ebenfalls den ersten Platz ein. Zudem fällt auf, dass in sieben Ländern im Vergleich zum Vorjahr ein Anstieg festzustellen ist, nur in Deutschland und Schweden werden geringere Werte gemessen. Die mit weitem Abstand stärkste Präsenz weist das Thema mit 79 Prozent in Spanien auf, gefolgt von Frankreich mit 63 Prozent. Ebenfalls etwas kleiner geworden sind in diesem Jahr die Sorgen über Preissteigerungen. 22 Prozent der Befragten in Europa – das sind vier Prozentpunkte weniger als im Vorjahr – sehen gegenwärtig der Preis- und Kaufkraftentwicklung mit Sorge entgegen. Damit rangiert das Thema weiter auf Platz 2. Am stärksten beunruhigt die Inflation die Menschen in Frankreich. 34 Prozent sind hier besorgt – dies ist ein Anstieg gegenüber dem Vorjahr um sieben Prozentpunkte. Hier dürfte die beschlossene Erhöhung der Mehrwertsteuer die Beunruhigung vergrößert haben. Dagegen haben Inflationsängste in Schweden und Spanien mit einem bzw. zwei Prozent derzeit nahezu keine Bedeutung.

Die wirtschaftlich schwache Entwicklung in weiten Teilen Europas beunruhigt die Bürger zunehmend. 16 Prozent gaben an, dass sie sich um die wirtschaftliche Stabilität in ihrem Land sorgen. Im Vorjahr waren es „nur“ zwölf Prozent. Damit ist es das einzige Top-Ten-Thema, dessen Anteil innerhalb des vergangenen Jahres gestiegen ist: Es ist im Sorgenranking von Rang 5 auf Rang 3 geklettert. In Italien und Spanien sind die Ängste um die Wirtschaft am stärksten ausgeprägt. 30 Prozent der italienischen Bürger (2011: 22 Prozent) sowie 29 Prozent der Spanier (2011: 30 Prozent) machen sich derzeit große Sorgen, dass der rigorose Sparkurs ihre Länder in eine schwere Rezession führt. Und in der Tat geht der Internationale Währungsfonds in seiner aktuellen Prognose vom April dieses Jahres davon aus, dass in beiden Ländern das Bruttoinlandsprodukt jeweils um knapp zwei Prozent schrumpfen wird. Am geringsten sind die Ängste um die wirtschaftliche Entwicklung derzeit in Russland und Polen, wo sich nur vier bzw. fünf Prozent der Befragten um die Konjunktur sorgen.

Ein Blick auf Griechenland

Wegen der aktuellen Lage in Europa wurde Griechenland ergänzend in die diesjährige Erhebung des GfK-Vereins miteinbezogen. Aufgrund mangelnder Vergleichbarkeit zu den Ergebnissen aus den Vorjahren wurde Griechenland jedoch nicht in die gesamteuropäische Berechnung integriert. Mit durchschnittlich 2,4 genannten Problemen pro Person belegt Griechenland hinter Deutschland und Frankreich Platz 3 der sorgenvollsten Nationen Europas. Angesichts der bestehenden Haushalts- und Staatsschuldenkrise des Landes, die alle wirtschaftlichen, politischen und sozialen Bereiche erfasst hat, werten die Marktforscher dieses moderate Ergebnis als überraschend. Als Hauptsorge der Griechen hat sich in der Studie ebenfalls die Arbeitslosigkeit mit 33 Prozent herauskristallisiert. 26 Prozent der Griechen sind über die politische Stabilität in ihrem Land beunruhigt. Die Diskussionen um den harten Sparkurs, der Griechenland auferlegt worden ist, drohen das Land politisch zu zerreißen. Die kürzlich durchgeführten Parlamentswahlen fanden zwar keinen Eingang in die Ergebnisse, da die Befragung zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossen war. Die Folgen der Wahlen dürften die Sorgen über die weitere politische Entwicklung aber eher noch verstärken. Auch die wirtschaftliche Lage stellt sich in Griechenland derzeit schwierig dar. Das Bruttoinlandsprodukt wird vermutlich um mehr als vier Prozent zurückgehen. Folglich überrascht es nicht, dass knapp ein Viertel der griechischen Befragten die Sorge um die wirtschaftliche Stabilität genannt hat.

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