In der Krise ist mehr Mut gefragt

Im Kampf gegen die Wirtschaftskrise haben die Steigerung der Vertriebseffizienz und –effektivität sowie die Anpassung der Vertriebsziele für Vertriebsverantwortliche oberste Priorität. Zu diesem Ergebnis kommt eine exklusive Umfrage, die absatzwirtschaft und die Topmanagement-Beratung A.T. Kearney im Zeitraum August bis Oktober unter knapp 200 Vertriebsleitern aller Branchen durchgeführt haben.

Danach hat jedes zweite befragte Unternehmen auf diese Maßnahmen gesetzt, während nur jedes dritte Unternehmen seine Vertriebsstrategie neu formuliert oder seinen Marktangang überarbeitet und nur etwa jedes vierte Anpassungen an Vertriebskanälen und –partnern vorgenommen hat. „Vertriebsleiter aller Branchen haben insgesamt stark auf Effektivität und Effizienz im Vertrieb gesetzt. Um möglichst schnell die Umsätze zu stabilisieren, wie es die Krise erfordert hat, ist das ein richtiger Schritt. Allerdings ist es ebenso wichtig, das herausfordernde Marktumfeld zu nutzen, um mittel- und langfristig die eigene Wettbewerbsposition zu stärken und die Weichen auf nachhaltiges Wachstum zu stellen. Hier fehlt es vielen Vertriebsverantwortlichen noch an Initiative und Bereitschaft, neue Wege zu gehen. Damit vergeben sie die Chance auf einen in Zeiten wie diesen mitunter überlebenswichtigen Wettbewerbsvorteil“, sagt Dr. Martin Sonnenschein, Partner bei A.T. Kearney.

Ein genauerer Blick auf die strategischen Stellhebel offenbart: Beinahe jedes zweite Unternehmen hält die Erhöhung der Vertriebseffektivität und –effizienz für die wichtigste Stellschraube im Kampf gegen die Krise. Maßnahmen, die mit größeren Veränderungen einhergehen, wie etwa die Neuformulierung des Produkt-Markt-Mixes oder die Neuausrichtung des Kanalmixes werden von wesentlich weniger Vertriebsleitern ergriffen. „Es wird deutlich, dass Vertriebsverantwortliche in der Krise gern am strategischen Status-Quo festhalten und gegenüber innovativeren Ansätzen vergleichsweise verschlossen sind. Die Krise wird in diesen Fällen noch zu wenig als Chance begriffen“, erläutert Dr. Florian Dickgreber, Principal und Vertriebsexperte bei A.T. Kearney. Die Detailanalyse der Reaktionen in den Bereichen „Marktangang“, „Vertriebspartnerschaften“, „Entlohnungssystem“ und „Zielsystem“ bestätigt die Erkenntnis. Beispielsweise hat die Mehrheit der Befragten in der Krise keine Veranlassung gesehen, ihr Marktangang-Modell neu auszurichten. Nur jedes fünfte Unternehmen passt seine Vertriebsgebiete und Kundenzuordnungen an. Veränderungen an der Vertriebskanalaufteilung oder an der Betreuung werden lediglich von rund 17 respektive 15 Prozent der Unternehmen vorgenommen.

Zwar hat mehr als ein Viertel der Befragten seine Vertriebspartnerschaften auf den Prüfstand gestellt und leistungsschwache Partner aussortiert oder neue Partner ergänzt. Allerdings ist dies, so Dickgreber, eine Maßnahme, die in einer Vertriebsorganisation nicht nur in Krisenzeiten, sondern regelmäßig erfolgt. Jedes vierte Unternehmen hat seine Vertriebspartnerschaften bisher unangetastet gelassen. „Hierin liegt ganz wesentliches Potenzial brach. Den eigenen Vertriebserfolg mittel- und langfristig zu steigern bedeutet auch, über neue und innovative Partnerschaften nachzudenken. Diese beschränken sich nicht nur auf neue Vertriebskanäle, die zum Beispiel Zugang zu einem bislang noch nicht erschlossenen Markt- oder Kundensegment ermöglichen, sondern können auch Anbieter komplementärer Produkte einschließen. Der gemeinsame Vertrieb von Lösungen kann Mehrwert für den Kunden darstellen und damit entscheidende Wettbewerbsvorteile sichern“, unterstreicht Dickgreber.

Auch am Entlohnungssystem hat die Mehrheit der befragten Unternehmen keine Veränderung vorgenommen. Nur etwa zehn Prozent haben den variablen Anteil an der Entlohnung gestärkt. „Die Variabilisierung der Entlohnung ist ein wichtiges Instrument, um die operative Flexibilität zu steigern. Von diesen Möglichkeiten machen viele Vertriebler noch nicht hinreichend Gebrauch“, schildert Sonnenschein.

Aktiv geworden sind die meisten Befragten allerdings in Bezug auf ihr Zielsystem: Fast 40 Prozent der Unternehmen haben es unter die Lupe genommen und die Ziele an die Umsatzerwartung angepasst. 17 Prozent der Unternehmen wiederum hatten ihre Ziele allerdings so konservativ geplant, dass keinerlei Anpassung notwendig wurde. „Dies erweckt den Eindruck, als würde der Vertrieb durch die Anpassung der Ziele von den negativen Folgen der Krise entbunden und bei erneutem Anstieg der Konjunktur durch eine höhere Zielerreichung belohnt. Einer langfristigen Vertriebsausrichtung ist dies nicht unbedingt zuträglich“, erläutert Sonnenschein.

Um die Vertriebsleistung sicherzustellen, setzen knapp 40 Prozent auf eine konsequente Analyse der Sales-Pipeline. Ein weiteres Drittel setzt je auf eine Nachverfolgung der Besuchsquoten sowie eine erhöhte Zusammenarbeitsquote. „Wir stellen fest, dass durch die Krise Maßnahmen zur Steigerung der Kontrolle sehr stark in den Fokus gerückt sind“, resümiert Dickgreber.

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