Die Vorsitzende Richterin der 13. Handelskammer am Landgericht München I, Frau Dr. Elisabeth Kurzweil, könnte ein Déjà-vu bekommen. Seit dem 29. Dezember 2009 liegt ihr eine Klage des Werbekunden Haribo vor. Diese ist in wesentlichen Teilen identisch zur der Klage des Werbekunden Danone aus dem Jahr 2007, über die Kurzweil am 30. März 2009 zugunsten des Werbekunden geurteilt hatte. Das Urteil wurde in abgeschwächter Form am 23. Dezember 2009 vom Oberlandesgericht München bestätigt. Nur zwei Werktage danach reichte Haribo die offensichtlich längst vorbereitete Klage gegen die Mediaplus-Agenturgruppe ein. Zu dieser Agenturgruppe zählen auch verbundene Unternehmen wie die Einkaufsgesellschaft Magna Global Mediaplus. Bereits am 20. April 2010 wird die Handelskammer den Fall verhandeln.
Haribo fordert von Mediaplus vollständigen Einblick in alle von den Medien erhaltenen Rabatte, Naturalrabatte (Freispots), Rückvergütungen (Kick-Back-Zahlungen) sowie sonstige nicht gegenüber Haribo abgerechneten Rabatte und Vergünstigungen, gleich ob sie kundenbezogen oder nicht kundenbezogen, jedoch auch mit dem Mediavolumen von Haribo von den Medien gewährt wurden. In weiterer Folge fordert Haribo Rückzahlung der Gelder, mit denen der Werbekunde womöglich für Werbeplätze bezahlt hat, die ihm kostenfrei zustanden. Haribo bezieht sich dabei auf den mit Mediaplus geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrag, in dem eine vollständige Weiterleitung von Mediaeinkaufsvorteilen zugesichert worden sein soll. Da Mediaplus die Abwicklung des Mediaeinkaufs an das verbundene Unternehmen Magna Global Mediaplus übertragen hat, betrifft dies wohl auch alle Rabatte, die diese Einkaufsgesellschaft von den Medien auch für den Werbekunden Haribo erhalten hat. Neben Mediaplus ist Magna Global Mediaplus für die Bündelung des Mediaeinkaufs von Initiative Media, Universal McCann sowie Springer & Jacoby Media verantwortlich.
Haribo investierte im Vorjahr allein in Deutschland 34,1 Brutto-Millionen Euro für Werbung (Quelle: Nielsen S&P). Offenbar ist Werbekunde Haribo nachhaltig verstimmt. Unternehmenssprecher Marco Alfter sagte zu absatzwirtschaft: “Wir haben nach Problemen mit unseren Mediadienstleistern die Entscheidung getroffen, Mediaplanung und Mediaeinkauf für unsere Produkte selbst zu übernehmen. Mit der Gründung unseres Tochterunternehmens Rigo-Media verfolgen wir die Zielsetzung eine 100-prozentige Transparenz bei unseren Werbekampagnen zu erreichen. Zudem können wir kurzfristiger agieren und sehen genau welche Kosten tatsächlich entstehen.“ Haribo hat seit diesem Schritt die Bruttowerbeausgaben im Jahr 2010 bisher um 44 Prozent gesteigert (Quelle: Nielsen S&P).
Die zur Serviceplan-Gruppe gehörende Mediaplus geht mit der Klage vom ehemaligen Kunden Haribo offensiv um. Geschäftsführer Dr. Peter Haller äußert auf Anfrage von absatzwirtschaft: „Über die gesamte Vertragslaufzeit von fünf Jahren hatten wir mit Haribo eine sehr angenehme, konfliktfreie Zusammenarbeit. Auch hat Haribo in der Zeit der Betreuung durch Mediaplus seine Marktanteile ausbauen können.“ Auf Unverständnis trifft der Tatbestand, dass die die Kündigung des Vertrages bereits zum Ende September 2008 erfolgt ist, aber erst jetzt Klage bei einem Münchner Gericht eingereicht werde.
Dr. Peter Haller betont: „Haribo klagt auf vollständige Transparenz, obwohl der Kunde jederzeit vollständige Transparenz über alle Geschäftsvorgänge und alle Einnahmen von Mediaplus hatte – was wir auch nach der Kündigung und vor der Klage nochmals schriftlich angeboten haben.“ Bereits vor Vertragsabschluss habe Haller Haribo-Chef Hans Riegel, vorgeschlagen, einen Auditor einzuschalten, der die Arbeit der Mediaagentur hinsichtlich Planung und Konditionen regelmäßig objektiv überprüfen sollte. Fairbrother Lenz Eley sei bei seinem Auditing zur Bestnote AAA für Planung und Kondition gekommen. Die außertariflichen Rabatte, die Mediaplua Haribo vergütet hätten, lägen laut Audit dreimal so hoch wie bei der zuvor eingesetzten Mediaagentur, so Haller in seinem Statement. mz/cth