Hallo, hier! Wie wirkungsvoll sind Imagekampagnen der Bundesländer?

Bundesländer sind nicht zuletzt auch Marken, die mit umfassenden und immer wieder neuen Kampagnen beworben werden. Welchen Impact haben solche Kampagnen? Drei Beispiele aus Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Schleswig-Holstein.
Unter dem Claim der Landesdachmarke "Der echte Norden" laufen in Schleswig-Holstein diverse Marketingmaßnahmen zusammen. (© Landesdachmarke Schleswig-Holstein)

Wer entdeckt werden will, muss auf sich aufmerksam machen. Ebenso wie die Länder und Metropolen dieser Welt um Gäste werben, betreiben auch die deutschen Bundesländer umfassende Imagekampagnen, um die eigene Marke zu stärken und Tourist*innen oder Arbeitskräfte (oder auch beides) anzulocken.

Die Strategien und Ausrichtungen der Kampagnen sind dabei so unterschiedlich wie ihr Erfolg – den zu messen ist allerdings nicht mit Tourismus- oder Wirtschaftsstatistiken getan. Stattdessen zählt für die Kampagne mehr als in den meisten anderen Branchen am Ende die Reichweite.

Potenzielle Fachkräfte müssen vom Marketing abgeholt werden

Insbesondere gilt dies für die Imagekampagne eines Bundeslandes als attraktiver Wirtschafts-, Arbeits- und Lebensstandort, wie das Beispiel Schleswig-Holstein zeigt. Die aktuelle Standortmarketingkampagne umfasst sowohl die Nachwuchskräftekampagne #bleiboben, die für die duale Berufsausbildung und Karrierechancen wirbt, als auch die Wirtschaftsstandortkampagne #echteAussichten, die das Land als dynamischen und innovativen Standort für Unternehmer*innen und Gründer*innen darstellt.

Welche der Start-ups und zukünftigen Fachkräfte tatsächlich durch Marketing erreicht wurden, ist schwer festzulegen, da vielfältige Faktoren eine Rolle dafür spielen, wo ein Mensch sich beruflich niederlässt. Doch das Schleswig-Holsteiner Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus ist überzeugt: „Ein konsistentes Markenmanagement mit einer klar definierten Markenhierarchie schafft Aufmerksamkeit und Wiedererkennung, stärkt die Position im Standort-Wettbewerb der Bundesländer und ist die Basis und das Dach zur Steuerung der verschiedenen Kommunikationsaktivitäten“, erklärt eine Mitarbeiterin des Ministeriums.

Wer auf einen Standort aufmerksam werden soll, muss also abgeholt werden. Beim Kampagnenstrang #bleiboben geschieht dies dem Wirtschaftsministerium zufolge vorrangig in Form von Social-Media-Marketing, durch die Präsenz auf Berufsinformations- und Jobmessen sowie auf der zentralen Kampagnenwebsite. Und die Reichweite der Kampagne kann sich sehen lassen: Der aktuell laufende Flight verzeichnet bislang 1,35 Millionen Impressions und 212.000 Views bei Instagram sowie 100.000 Views bei Tiktok.

Kontroverser Claim schafft Reichweite – und damit Erfolg

Alle Marketingmaßnahmen und Kampagnen in Schleswig-Holstein finden unter dem Dach der Landesmarke statt, die seit 2015 den Claim „Schleswig-Holstein. Der echte Norden“ hat – ein Slogan, der nicht ohne Kontroverse veröffentlicht und vor allem von nordischen Nachbarn kritisch beäugt wurde. Wie es aus dem Wirtschaftsministerium heißt, soll der Claim jedoch die Stärken des Landes „zukunftsorientiert und selbstbewusst“ transportieren. „‘Echt‘ ist dabei als Leistungsversprechen zu verstehen, das schleswig-holsteinische Qualität beschreibt und Perspektiven aufzeigt.“

Über Reichweite kann sich das Bundesland jedenfalls nicht beklagen. „Die Landesdachmarke hat innerhalb wie außerhalb des Landes hohe Bekanntheits- und Sympathiewerte“, betont die Ministeriumsmitarbeiterin und belegt dies auch mit Zahlen: „Gemäß der letzten Evaluation 2022 ist der Bekanntheitswert nochmal auf 61 Prozent (gegenüber 58 Prozent 2019 und 56 Prozent 2017) und die Sympathiewerte auf 62 Prozent (gegenüber 55 Prozent 2019 und 49 Prozent 2017) gestiegen.“

In Sachen Tourismus zählen Reichweite und eine starke Social-Media-Präsenz

An Statistiken allein lässt sich der Impact einer Tourismuskampagne nicht ablesen. Das zeigt das Beispiel Niedersachsen, das seit Mai 2022 mit der Kampagne „Niedersachsen in allen Facetten“ wirbt. Tatsächlich zeigen Zahlen der Statistischen Ämter des Bundes und der Länder, dass sich die Zahl der Übernachtungen und Ankünfte in Beherbergungsbetrieben nach dem Launch der Kampagne monatlich zunächst um rund 700.000 Personen erhöht hat. Doch inwiefern hängt dies mit Faktoren wie coronabedingten Schwankungen oder dem Start der Reisesaison zusammen? Das ist unmöglich zu ermitteln.

Die TourismusMarketing Niedersachsen GmbH bestätigt, dass sich Tourismuszahlen beziehungsweise direkte Buchungen nicht nachweislich mit ihren Marketingaktivitäten belegen lassen. „Die Kampagne ist nicht Sales-orientiert, sondern zielt vornehmlich auf Imagewerbung und Inspiration für das Reiseland Niedersachsen“, erklärt eine Mitarbeiterin der Gesellschaft.

Niedersachsen setzt mit ausdrucksstarken Bildern unter anderem auf eine intensive Social-Media-Präsenz. © TourismusMarketing Niedersachsen GmbH/Tim Küster

Statt Reisestatistiken lassen demnach „ein gesteigertes Interesse anhand von Klickraten auf der beworbenen Website und zum Beispiel anhand anwachsender Broschüren-Bestellungen“ den Impact der Kampagne erkennen. Auch auf Social Media war ein deutliches Plus an positiven Interaktionen zu erkennen. Wie bereits bei vorherigen Kampagnen setzt Niedersachsen mit der aktuellen Kampagne auf die Vielfalt seiner Natur, etwas, was viele Gäste mit dem Bundesland in Verbindung bringen, heißt es von Seiten der Tourismusgesellschaft. Das ist ein Aspekt, der sich gut optisch in sozialen Median bewerben lässt. „Wir haben vorab genau geprüft, wie diese Themen erfolgreich in Social Media ausgespielt werden können“, so die Mitarbeiterin der Gesellschaft. Das Erfolgsrezept sei aufgegangen: Die Klickzahlen und damit die Reichweite seien höher ausgefallen als vorab prognostiziert.

Auch Rheinland-Pfalz verweist zwar auf gestiegene Touristenzahlen im Jahr 2022 – laut Statistischem Landesamt erreichten die Gäste- und Übernachtungszahlen der rheinland-pfälzischen Tourismusbetriebe im Juli dieses Jahres fast das Vor-Corona-Niveau –, bemisst den Erfolg der Kampagne jedoch ebenfalls an der Reichweite und den Klickzahlen.

„Inspirieren, emotionalisieren und Rheinland-Pfalz im Wettbewerb um potenzielle Gäste als attraktives Reiseziel positionieren“ seien die Ziele der Kampagne „Schatzkammer Rheinland-Pfalz“, die das Bundesland aufgrund des großen Erfolgs 2022 fortführe, erklärt ein Sprecher des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau Rheinland-Pfalz. „Im Mittelpunkt der Jahreskampagne stehen inspirative Videos für die Social-Media-Kanäle und die Webseite, um das emotionale Storytelling weiter vertiefen und den Gast für einen Urlaub in Rheinland-Pfalz begeistern zu können. Mit starken, emotionalen Botschaften, digitaler Sichtbarkeit und einem reichweitenstarken Marketingmix für maximale Aufmerksamkeit werden die Weichen für das Tourismusjahr 2022 gestellt“, so der Sprecher.

Rheinland-Pfalz führt seine erfolgreiche „Gold“-Kampagne aus dem Jahr 2021 fort. ©MWVLW

Das unterstreichen auch die Ergebnisse der Marketingmaßnahmen: Die Jahreskampagne 2021 unter dem Motto „Wege zu den Ursprüngen“ kann Hunderttausende Klicks sowie eine nationale Gesamtreichweite von 33,6 Millionen (plus 43,1 beziehungsweise 37,0 Millionen beim Sommer- und Herbst-Restart) nachweisen. Die dazugehörige internationale Onlinemarketing-Kampagne brachte es auf 82,7 Millionen. Die Jahreskampagne 2022 (Stand August) unter dem Motto „Finde und setze Meilensteine“ verzeichnet bislang eine Gesamtreichweite von 56,8 Millionen im Inland, während eine ergänzende Highlight-Kampagne im In- und Ausland 23,9 Millionen erreichte.

Imagekampagnen von Bundesländern lassen ihren Impact also eher auf Umwegen messen – und beweisen damit mehr als viele andere Marketingmaßnahmen die Wichtigkeit, KPIs aufzusetzen und präzises, zielgerichtetes Monitoring zu betreiben.