„Große Wende im Marketing“

Frank-Michael Schmidt ist CEO der Scholz & Friends Group, die laut agentur-images 09 zu den besten drei Werbeagenturen Deutschlands gehört. Im Interview mit absatzwirtschaft-online spricht er über Kommunikation in Krisenzeiten und das Ende einer Königsdisziplin.

Spüren Sie in der Krise ein verändertes Verhalten Ihrer Kunden?
Worin drückt sich dies aus?

Effizienz ist das neue Schlüsselwort. Die Messbarkeit kurzfristiger
Effekte die neue Religion. Die schon seit langem prognostizierte
„große Marketing-Wende“ in Richtung individualisierter Kommunikation
bricht sich auf allen Ebenen Bahn. Individualität und Interaktivität
bestimmen die neue Ära in den Beziehungen zwischen Marken und
Menschen. Zudem wird für Unternehmen alles wichtiger, was verspricht,
den Brückenschlag von der Kommunikation zur Transaktion zu verkürzen.
Auch hier steht natürlich das Internet an vorderster Stelle, weil es
für immer mehr Unternehmen die perfekte Einheit von Kommunikation und
Transaktion verkörpert.

Gibt es im Rahmen der Orchestrierung eine Verschiebung in der Nachfrage
weg von der Klassik hin zu Online?

TV hat als Königsdisziplin abgedankt. Wir bewegen uns von einer Medien-
Monarchie zu einer Oligarchie relevanter Kanäle. TV ist nach wie vor
einer davon. Tendenziell sehen wir einen Rückgang der klassischen
Werbung zu Gunsten der Dreifaltigkeit von Online, Dialogmarketing und
CRM sowie zu Gunsten der Werbung im wirklichen Leben: Promotions,
Events und allen Dimensionen des POS-Marketing. Zudem ist ein Shift
von Einzelmaßnahmen hin zu effizienteren, orchestrierten
Kommunikationskampagnen zu konstatieren.

Welches war der wichtigste Etatgewinn der letzten Monate und warum?

Der Gewinn des Vodafone-Etats ist unser wichtigster Neugeschäftsgewinn
seit vielen Jahren. Vodafone ist ein faszinierender Kunde, nicht nur
wegen seiner Größe, sondern vor allem wegen seiner Nähe zu
technologischen Zukunftsthemen, die uns begeistert und auch für unsere
Agenturgruppe den Aufbruch in eine neue Ära beschleunigt.

Worin besteht für Sie die hauptsächliche Herausforderung für die
Werbebranche in den kommenden Jahren?

Die Kreativität der Zukunft wird in einem hohen Maß eine Kreativität
der Kanäle sein. Es geht darum, Online und Social Media, Events,
Dialogmarketing und Public Relations, Print und TV zu vernetzen und in
eine Dramaturgie einzubinden. Kernpunkt muss eine Botschaft sein, die
relevant und interessant ist. Ich bin überzeugt, dass es eine
ausschließlich auf klassische Werbung, Print und TV spezialisierte
Agentur künftig schwer haben wird. Die Entwicklung geht in Richtung
einer orchestrierten Kommunikation, die aus unterschiedlichen
Disziplinen ein abgestimmtes Gesamtpaket für die zu bewerbende Marke
schnürt. In einem sich verschärfenden Verdrängungswettbewerb wird sich
an dieser Frage die Spreu vom Weizen trennen.

Das Gespräch führte Christoph Berdi.

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