„Fußball lebt von einer verbliebenen Portion Romantik“

Der Vorsitzende der Geschäftsführung der Borussia Dortmund GmbH & Co. KGaA, Hans-Joachim Watzke, machte den BVB wirtschaftlich unabhängiger. Im Interview mit absatzwirtschaft spricht er über Markenführung, „echte Liebe“ und den Umgang mit Stolz.

Herr Watzke, was ist für den wirtschaftlichen Erfolg Ihres Vereins wichtiger: die Leistungen der Mannschaft oder die des Marketings?

HANS-JOACHIM WATZKE: Wir sind eine Sportmarke, insofern ist natürlich der sportliche Erfolg für uns maßgeblich. Es gilt aber auch, sich durch eine stringente Markenführung unabhängiger zu machen von der sportlichen Situation.

Unterscheidet sich die Markenführung für einen Sportverein von der für andere Wirtschaftsunternehmen?

WATZKE: Auf jeden Fall. „Raider heißt jetzt Twix“ – so etwas würde bei einem Fußballverein nicht funktionieren. Das liegt vor allem daran, dass Sportvereine nicht nur konsumierende Kunden haben, sondern Fans, die immer auch beteiligt sind am Gesamterlebnis und an der Darstellung des Vereins. In der Marketingwelt redet man von „Prosumenten“. Unsere Fans leben ihre Beziehung zu unserem Verein sehr intensiv. Das bedeutet: Wir müssen damit auch sehr verantwortungsvoll und sensibel umgehen. Das stellt eine besondere Herausforderung dar.

Der Claim Ihres Vereins lautet: „Echte Liebe.“ Wer liebt denn da wen?

WATZKE: Ich darf Sie korrigieren. „Echte Liebe“ ist kein handelsüblicher Claim, sondern ein Versprechen. Ein Versprechen unserer Fans an den Verein und umgekehrt vom BVB an seine Fans. „Echte Liebe“ ist der intensivste Ausdruck einer Beziehung. Unsere Fans bringen dem Verein eine außergewöhnliche Zuneigung entgegen und ein unglaubliches Engagement. So etwas lebt nur, wenn es nicht einseitig bleibt.

Glauben Sie, dass Ihre Fans den BVB bewusst als Marke wahrnehmen?

WATZKE: Das sollen sie im besten Fall gar nicht. Der Fußball lebt trotz aller Professionalisierung und Kommerzialisierung von einer
verbliebenen Portion Romantik. Begriffe wie „Marke“ oder „Produkt“ passen nicht in diese Welt.

Der BVB will als Marke „stolz“ sein, aber nicht „elitär“. Wie bestimmen Sie die richtige Dosierung?

WATZKE: Indem wir zum Beispiel in bestimmten Situationen und Entscheidungen gemeinsam über mögliche Lösungen diskutieren. Wir haben eine klare Philosophie, an der wir uns orientieren. Diese steht über dem kurzfristigen Erfolg oder einzelnen Personen. Sollte etwas oder jemand aus der Spur laufen, ist es Aufgabe der anderen und zuletzt auch meine Aufgabe, dies zu korrigieren. Ein großes Glück ist es zudem, dass die handelnden Personen sehr vertrauensvoll miteinander umgehen und gegenüber der Marke BVB sehr verantwortungsvoll agieren.

Wie wurde die „interne Markenschulung“ von Ihren Mitarbeitern aufgenommen?

WATZKE: Mit sehr viel Zustimmung und Engagement. Wir haben unsere Markenidentität ja nicht erfinden lassen, sondern gemeinsam in einem aufwendigen Prozess erarbeitet. Das Ergebnis und die Motivation unserer Mitarbeiter bestätigen uns, dass dies genau der richtige Weg ist.

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