Fast Fashion – mit Blockchain zur nachhaltigen Mode?

Hochwertige Modemarken kämpfen genau wie Aktivisten gegen Fast Fashion. Mithilfe der Nebenwirkungen von Corona und mithilfe neuer Technologie wollen Luxusmarken den Markt nun verändern. Macht Blockchain die Mode endlich nachhaltig?
Fashion
Die Corona-Krise hat das schnelle und ständige einkaufen günstiger Kleidung deutlich erschwert. Kritiker von "Fast Fashion" sehen darin eine Chance zu nachhaltigerem Konsum. (© Morning Brew (Unsplash))

Fast Fashion steht unter heftiger Kritik. Allerdings ändern Verbraucher ihr Konsumverhalten nur sehr langsam. Modelabels aus dem Hochpreissegment versuchen seit langem vom Wandel weg von schneller Mode zu profitieren. Sie werben damit, dass ihre Produkte langlebig und somit nachhaltiger sind. Ausgerechnet die Corona-Krise kommt ihnen nun zur Hilfe. Denn Fast Fashion steht aufgrund der weltweiten Pandemie vor Lieferproblemen. Zig Containerschiffe beladen mit schnelllebiger Ware liegen in Häfen fest. Fabriken und Geschäfte waren lange geschlossen.

Bestes Beispiel ist die Modekette Primark aus Großbritannien. Sie ist bekannt für preisgünstige Kleidung und ihren Widerstand gegen den Online-Handel. In der zweiten Märzhälfte dieses Jahres sank der monatliche Umsatz von 650 Millionen US-Dollar auf Null. Zwar liegen noch keine aktuelleren Zahlen vor, aber auch nach der Öffnung der Geschäfte dürfte das vormalige Umsatzniveau längst noch nicht erreicht sein.

Verbraucher achten mehr auf Transparenz

Plötzlich rückt das Thema Rückverfolgung und Transparenz für Verbraucher spürbar in den Fokus. Hochwertige Marken setzten zuletzt ohnehin zunehmend auf Technologien, um die Verbraucher über die Herkunft ihrer Produkte stärker zu informieren. Große und kleine Unternehmen im Luxusgüterbereich sind nun verstärkt dabei, die wirtschaftlichen Vorteile der Transparenz zu nutzen. Durch das Zusammenspiel von Blockchain-, NFC- und IoT-Technologien können sie für jedes Kleidungsstück eine einzigartige digitale Identität schaffen. Ihr Ziel: mehr Vertrauen und in der Folge höhere Umsätze erreichen.

Durch die Aufarbeitung der Reiseroute eines Kleidungsstücks sollen einerseits Fälschung bekämpft werden, während andererseits faire Arbeitsbedingungen und ethische Beschaffung von Rohstoffen unterstützt werden. Jedes Produkt kann bereits auf speziellen Blockchain-Plattform registriert werden, wo jede Transaktion sicher aufgezeichnet und Endkunden über ihr Smartphone zugänglich gemacht wird.

Anbieter wie Louis Vuitton setzen auf „Re-Commerce“

Französische Luxuslabels wie Louis Vuitton nennen diesen Ansatz „Re-Commerce“. Ausgestattet mit transparenten und vertrauenswürdigen Informationen können Kunden Artikel kaufen, sammeln und verkaufen. Da haben sie 100 Prozent Sicherheit, dass jedes Stück einzigartig ist, aus nachhaltigen Stoffen stammt und von Menschen hergestellt wird, die wirklich stolz darauf sind, für die Marke zu arbeiten, so Leanne Kemp, CEO von Everledger, einem britischen Blockchain-Technologieanbieter speziell für Luxusgüter. Die Industrie setzt bei dem Ansatz auf Vertrauen, einen Wert, der während und nach Corona ohnehin an Bedeutung gewinnt.

Allerdings müssen Unternehmen aber auch erheblich investieren, um das Thema Transparenz umzusetzen. Die Technologie liegt mit Blockchain vor, ist aber kostenintensiv. Denn die Beweislast beim Thema Nachhaltigkeit liegt immer beim Hersteller. Zwar ist es verhältnismäßig einfach nachzuweisen, dass eine Luxushandtasche echt ist. Bei ethischen Werten wird es schwieriger, sowohl beim Programmieren als auch Kommunizieren. Kann die Marke beispielsweise nachweisen, dass alle ihre Mitarbeiter angemessen vergütet werden? Können alle Rohstoffe, insbesondere Tierhäute und Edelmetalle, Diamanten und Edelsteine, auf konfliktfreie, nachhaltige Quellen zurückgeführt werden?

Vorteile für Marken mit ökologischem Fußabdruck

Der ökologische Fußabdruck von Marken hat sich schnell zu einer Quelle von Wettbewerbsvorteilen entwickelt. Die Verfolgung des Rohstoffverbrauchs, der Abfall- und Wasserwirtschaft sowie der ordnungsgemäße Einsatz von Chemikalien sind Teil der Markengeschichte. Schnelle Modezyklen und steigende Branding-Ausgaben führen dazu, dass Modehäuser zunehmend nachhaltigere Wege finden, ihre Marken zu differenzieren. Wenn Produkte eines Modelabels gefälscht werden, werden die Reputationen beschädigt, die auf Handwerk, Herkunft und Qualität basieren.

In einem offenen Brief an das Modemagazin „Women Wear Daily“ schrieb der Designer Giorgio Armani: „Der Niedergang des Modesystems, wie wir es kennen, begann, als das Luxussegment die Maniermethoden von Fast Fashion übernahm und dessen endlosen Lieferzyklus nachahmte, in der Hoffnung, mehr zu verkaufen. Dabei wurde vergessen, dass Luxus Zeit braucht. Luxus kann und darf nicht schnell sein. Diese Krise ist eine Gelegenheit, zu verlangsamen und sich neu auszurichten sowie eine Gelegenheit, der Authentizität wieder stärker Bedeutung zu geben.“ Die Sicherheit und Anonymität von Blockchain können dazu beitragen, genau diese Authentizität zu stärken.