Familienunternehmen sind eine eigene Marke für sich

Eine Studie der Universität Witten/Herdecke zeigt: Familienunternehmen werden in der Bevölkerung als Marke wahrgenommen, der ein Vertrauen entgegengebracht wird, das gegenüber börsennotierten Unternehmen in dieser Form nicht besteht.

Das Wittener Institut für Familienunternehmen (WIFU) an der Universität Witten/Herdecke hat im Frühjahr in Kooperation mit dem Bremer Beratungsunternehmen „Nextpractice“ eine Studie zu der Frage durchgeführt, inwieweit der Begriff „Familienunternehmen“ selbst inzwischen zu so etwas wie einer eigenen Marke geworden ist. Inwieweit also in den Augen der Bevölkerung diese Unternehmensform eine Qualität gewonnen hat, die den Begriff „Familienunternehmen“ als eigenständiges Gütesiegel sieht.

Eine Zufallsstichprobe aus der Bevölkerung wurde darüber befragt, welche Eigenschaften sie Unternehmen allgemein zuschreiben und wie sie in diesem Zusammenhang Familienunternehmen als Marke wahrnehmen. Das Ergebnis: Ein Drittel der Befragten achtet bei Unternehmen generell – unabhängig davon, ob es sich um ein Familienunternehmen oder eine Publikumsgesellschaft handelt – in erster Linie auf Nachhaltigkeit, ethisches Verhalten und Wahrnehmung sozialer Verantwortung.

Speziell bei der Frage, wie sehr ein Unternehmen dem Allgemeinwohl verpflichtet ist, beobachten die Forscher, dass Familienunternehmen besonders nah an die persönlichen Ideale der Befragten kommen. „Mittelständische Unternehmen und Familienunternehmen werden sehr ähnlich wahrgenommen, nämlich nah an den Aussagen „mir persönlich wichtig“, „idealer Arbeitgeber“ und „ideales Unternehmertum“. Auch Großunternehmen in Familienbesitz stehen diesen positiven Bezugspunkten noch recht nahe“, resümieren die Forscher. Bei Publikumsgesellschaften sei dies eher gegenteilig: Diese stimmten weder mit persönlichen Werten noch mit Vorstellungen vom idealen Arbeitgeber/Unternehmer überein.

Das Verhältnis kehre sich allerdings um, wenn es um den Bezugspunkt „Globalisierung als Herausforderung“ geht: Hier trauten die Befragten am ehesten den Publikumsgesellschaften zu, diese zu bewältigen, also gerade den Firmen, die nicht mit persönlichen Werten in Einklang stehen. Die Wissenschaftler konnten beobachten, dass die Befragten große Familienunternehmen als ähnlich kompetent ansehen, wie die öffentlichen Unternehmen, während sie kleinere Familienunternehmen in dieser Hinsicht skeptisch betrachten.

„Gerade große Familienunternehmen profitieren davon, dass der Begriff ‚Familienunternehmen‘ heute die Qualität einer Marke gewonnen hat“, erklärt Prof. Dr. Arist v.Schlippe vom WIFU, „einer Marke, die assoziiert ist mit Stabilität, Mitarbeiterorientierung und Standorttreue. Dieser Vertrauensvorschuss, zusammen mit dem Zutrauen, sich zugleich auch international behaupten zu können, kann ein besonderer Wettbewerbsvorteil sein.“ Die Studie zeige aber auch, dass die Marke unter steter kritischer Beobachtung stehe: Familienunternehmen, die die Erwartungen an bestimmte moralische Standards enttäuschen, verlieren dramatisch und nachhaltig ihren Kredit in der Bevölkerung.

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