EU-Kommission zweifelt an der Kompetenz der deutschen Medien

Die Europäische Kommission bezichtigt zahlreiche Medien der Verbreitung von "Mythen und Missverständnissen" in Bezug auf die von ihr geplante Verordnung über nährwert- und gesundheitsbezogene Angaben zu Lebensmitteln.

In einer kursierenden Verteidigungsschrift bezeichnet die Behörde die Berichterstattung zu den Kernabsichten der anvisierten Werbebeschränkungen als falsch. Offenkundig wolle Brüssel die deutsche Medienkritik an der Verordnung umkehren, mutmaßt der Zentralverband der deutschen Werbewirtschaft (ZAW) auf der Grundlage des ihm vorliegenden mehrseitigen Memorandums. Dass sich die Kommission zusätzlich über ihre Absichten erklären müsse zeige, dass der EU-Vorstoß zur Lebensmittelwerbung nicht Rechtssicherheit schaffe, sondern Konfusion produziere. „Was die Kommission in ihrem Rechtfertigungspapier erklärt, ist rechtlich unverbindlich. Gerichte entscheiden letztlich, welcher Inhalt einer Norm zukommt“, so ein ZAW-Sprecher in Brüssel.

Der Versuch der europäischen Behörde, die Bedenken gegen ihre geplante Verordnung zu zerstreuen, überzeugt die 41 im ZAW zusammengeschlossenen Sektoren der Werbewirtschaft in Deutschland nicht. In einer jetzt von der Dachorganisation veröffentlichten Analyse des Verordnungsvorschlags setzen sich Experten aus werbenden Firmen, Medien und Agenturen mit dem EU-Plan auseinander und kommen zu dem ernüchternden Ergebnis: wirtschaftlich schädlich, verbraucherschutzpolitisch unverhältnismäßig und mit dem Gemeinschaftsrecht unverträglich.

Es sei absurd und geradezu Verbraucherschelte, wenn den Bürgern beispielsweise künftig zum werbenden Text „Obst ist gesund“ noch zusätzliche Informationen wie auf einem Beipackzettel für Arzneimittel geliefert werden müssten. Auch verfolge die Kommission mit der bürokratischen Festlegung sogenannter „Nährwertprofile“ das weitgehende Verbot gesundheits- und nährwertbezogener Werbeaussagen. Als vorhersehbare Konsequenz würden zum Beispiel Hersteller ihre zuckerhaltigen Produkte nicht mehr mit dem Zusatznutzen von Vitaminen versehen und im Markt anbieten, weil sie solche Waren nicht mit nährwertbezogenen Angaben bewerben dürften. Es würden Waren hergestellt, die den behördlichen Vorgaben, und nicht den Marktwünschen entsprächen. Der Weg in die staatliche Produktionssteuerung und damit die Abkehr von marktwirtschaftlichen Formen wäre vorgezeichnet.

Diese und weitere Kritikpunkte zeigten die Notwendigkeit einer gründlichen Fachdiskussion, der die Brüsseler Kommission unter anderem im Zusammenhang mit Nährwertprofilen gezielt ausgewichen ist. Der ZAW schlage deshalb vor, die Verordnung in die Schublade zu legen und das Thema wissenschaftlich durchdringen zu lassen.

Lesen Sie zu diesem Themenkomplex auch den Kommentar von Holger Jung.

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