ESC-Teilnahme: Stigma oder Startschuss für Testimonial-Karriere?

Nach der Entscheidung für Cascada als deutschen Beitrag beim diesjährigen ESC kocht die Debatte. Die Gruppe peinlich, der Song abgekupfert. Für Cascada bedeutet das vor allem eins: Aufmerksamkeit. Doch die Karrieren vergangener ESC-Teilnehmer zeigen, dass der Stempel Songcontest vor allem eins sein kann: extrem hinderlich.

Von Johannes Steger

Als vergangenen Donnerstag beim ESC-Vorentscheid die Wahl des TV-Publikums auf Cascada fiel, entflammte in den sozialen Netzwerken Twitter und Facebook ein Sturm der Entrüstung. Mit den Hashtags #ESC, #usfm (Unser Star für Malmö) und #Cascada versehen, kommentierten viele Nutzer die Wahl als peinlich. Das Lied „Glorious“ erkannten sogar viele als Kopie des schwedischen Vorjahressiegers „Euphoria“. Nachdem sich die Bild-Zeitung des Vorwurfs annahm, kündigte schließlich auch der NDR an, das Lied einer Prüfung zu unterziehen. Das mediale Interesse an Cascada ist ein Vorgeschmack auf die Zeit rund um den im Mai stattfindenden Eurovision Song Contest im schwedischen Malmö. Zuviel sollten sich die Dance-Gruppe von der Teilnahme ohnehin nicht versprechen: Denn für viele ihrer ESC-Vorgänger endete der Erfolg schon kurz nach der Punktevergabe. Als Testimonial konnten die wenigstens Karriere machen.

1982 holte Schlagersängerin Nicole zum ersten Mal den Titel für Deutschland beim ESC, der da noch Grandprix hieß. Ihr Hit „Ein bißchen Frieden“ wurde ihr Markenzeichen, das sie nie wieder abstreifen konnte. Zwar veröffentlicht sie bis heute Schlagersongs, an den Erfolg von damals konnte sie jedoch nicht mehr anknüpfen. Und auch als Testimonial bleiben die Engagements rar: 2012 wird sie Botschafterin für den Naturpark Saar-Hunsrück.

Nur den siebten Platz, aber etwas länger Erfolg hatte Schlagersänger Guildo Horn. Sein von Stefan Raab geschriebener Song „Guildo hat euch lieb“ schaffte es in Deutschland auf Platz vier der Charts. Seine Vorliebe für Nussecken und sein skurriles Auftreten bescherten dem Schlagerbarden sogar einen Job als Testimonial für Ferreros Giotto. Später folgte dann sogar ein eigener Film. Ob das allerdings dem Grandprix geschuldet ist. Ist fraglich. Guido Horn war bereits vorher in Deutschland bekannt. Ruhig wurde es aber dennoch um Horn. Erst 2007 konnte man ihn dann noch einmal bei RTLs Let´s Dance erleben.

Guildo Horn für Giotto:

Andere deutsche Teilnehmer verschwanden ebenso schnell wieder, wie sie gekommen worden. Um Gracia oder Atlantis 2000 ist es sehr schnell, sehr still geworden.

Profiteure des Songwettbewerbs

Nur für Lena war der Eurovision Song Contest der Startschuss für eine andauernde Karriere: Mit ihrem Song „Satellite“ gewann sie 2010 nicht nur den Wettbewerb, sondern führte auch in über 11 Ländern die Spitze der iTunes-Charts an. Auch als Testimonial konnte sie sich durchsetzen: Für Opel gastierte Lena als Markenbotschafterin, aktuell wirbt die Hannoveranerin für die Neuauflage des Kultspielzeugs Furby.

Auch gesanglich trumpft die einstige ESC-Gewinnerin auf: Ihr Album „Stardust“ erreichte unlängst Goldstatus und ab April beginnt die Deutschland-Tournee. Der Erfolg kommt nicht von ungefähr, hat die Sängerin doch die Gefahr des Songcontests frühzeitig erkannt und sich selbst eine längere Bühnenabstinenz verordnet. Für viele Sänger wird der ESC zum einzigen Alleinstellungsmerkmal – ist der Contest erst vorbei, geht das verloren und wird zunehmend unwichtiger. Das hohe Maß an medialer Aufmerksamkeit führt zudem schnell zur Übersättigung beim Zuschauer. Für Unternehmen sind die Teilnehmer also höchstens kurzfristig interessante Kandidaten. Testimonials sollten aber längerfristig einsetzbar sein.

Von der Vorentscheids-Show profitieren jedoch ganz andere, wie der aktuelle Buzz-Monitor zeigt: Für „Unser Song für Malmö“-Moderatorin Ange Engelke geht es nach oben und auch Live-Stream-Host Janine Reinhardt steigt auf. Sogar Vorjahresteilnehmer Roman Lob kann sich noch einmal über Aufmerksamkeit freuen: Als Jury-Mitglied landet er im aktuellen Ranking immerhin auf Platz drei.

Zuwachs Anzahl Nennungen in Medien/Social Web Zuwachs in Prozent in der vergangenen Woche
1. Felix Neureuther 1715 152,3
2. Joachim Gauck 1061 74,9
3. Roman Lob 537 298,3
4. Lucien Favre 335 36,2
5. Anke Engelke 265 27,8
6. Günter Netzer 217 72,5
7. Jasmin Tabatabai 152 633,3
8. Lena 141 64,3
9. Janin Reinhardt 93 442,8
10. Andrea Sawatzki 578 95,1

absatzwirtschaft online und marketing-site.de veröffentlichen in Zusammenarbeit mit den Berliner Marketingdienstleistern von CPI Celebrity Performance die Promi-Aufsteiger der vergangenen Woche im Vergleich zur Vorwoche. Über wen wird im Web gesprochen und wie viel? Wer ist Aufsteiger und wer steigt ab? Gemessen wird bei dem Buzz-Ranking die Gesamtanzahl sämtlicher Artikel, Beiträge und Posts und ihre Veränderung (Zunahme/Abnahme), die über entsprechende Celebrities im jeweiligen Zeitraum im Internet zu finden waren.