E-Magazine im Trend

Im Corporate Publishing gewinnen digitale Konzepte an Bedeutung. Mehr als die Hälfte der Unternehmen will investieren.

von Sandra Fösken

Corporate Publishing spielt eine immer entscheidendere Rolle im Marketingmix. Allerdings steht nicht das jeweilige Kundenmedium im Zentrum der Marketingaktivitäten, „sondern die eine große Geschichte, die aus einer journalistischen Perspektive im Sinne des Unternehmens über alle Medien und Kanäle hinweg erzählt wird und Relevanz erzeugt“, postuliert Soheil Dastyari, Geschäftsführer Corporate Editors bei Gruner + Jahr, der für Unternehmen wie Telekom und Lufthansa verschiedene Kundenmedien verantwortet.

Dieser Prämisse folgen auch die Macher der Evonik-Industries-Kundenmagazine: Der Spezialchemie-Konzern hat zum diesjährigen Sieg des deutschen Fußballmeisters Borussia Dortmund (BVB) eine 60-seitige Sonderausgabe (Das Meisterheft) als Ergänzung zum klassischen Unternehmensmagazin Evonik-Magazin herausgegeben. Seit der Fußball-Bundesliga-Saison 2007 unterstützt der Essener Konzern den Dortmunder Traditionsverein als Hauptsponsor. Das Magazin richtet sich an Meinungsbildner, Entscheidungsträger in Politik und Sport sowie an Geschäftspartner, Kunden und Zulieferer von Evonik. Beide Titel produziert der Verlag Hoffmann und Campe Corporate Publishing in Hamburg. In dem Sonderheft dreht sich alles um die wesentliche Geschichte: den Sieg, die Macher, die Spieler, die Manager und selbstverständlich auch um das Engagement des Sponsors und dessen Ziele. Ein Highlight für die Fans ist das heraustrennbare BVB-Poster mit einer Mind-Map des Vereins und handschriftlichen Anmerkungen von Trainer Jürgen Klopp. Auf der Rückseite des Posters ist eine Grafik abgebildet, die sämtliche Bundesligaplatzierungen des BVB seit 1963 zeigt. Mit Erscheinen des Meisterhefts bietet der Konzern eine passende iPad-App zu dem Thema an, die allen iPad-Nutzern kostenlos zur Verfügung steht. Die App ergänzt das gedruckte Magazin durch Bildergalerien, Audiobeiträge, Links und Videos.

Welche Instrumente des Corporate Publishings wirkungsvoll sind, ist vor allem auch abhängig von der Branche. Zweigleisig verfährt BASF Coatings. Der Hersteller von hochwertigen Systemlösungen im Bereich Autoserienlacke, Industrielacke und Bautenanstrichmittel informiert über die Produktanwendung in einem E-Journal und in einem gedruckten Magazin. Das E-Journal eignet sich als Transportmittel deshalb so gut, weil die Partner von BASF Coatings, an die sich das Heft richtet, weltweit vertreten sind. Dementsprechend erscheint das Magazin in mehreren Sprachen. In gedruckter Form wird es einmal pro Jahr in Deutsch und Englisch vom Corps Verlag in Düsseldorf produziert. Seit mehr als zehn Jahren versorgt das Unternehmen seine Partner mit Informationen in Form eines Kundenmagazins. Die Entscheidung für ein E-Magazin fällte das Unternehmen vor drei Jahren. Ein weiterer Vorteil gegenüber der gedruckten Version ist die flexiblere Umsetzung in verschiedenen Sprachen und das Bestreben des Unternehmens, die Zielgruppen mit aktuellen Nachrichten zu versorgen. Schließlich fallen die drucktechnische Produktionsphase und der Postversand weg. Beide Medien dienen als Plattform, um den Informationsaustausch innerhalb der international organisierten BASF Coatings zu fördern und das Unternehmensimage als Global Player bei den Partnern zu stärken. Um die Wirksamkeit des Magazins zu testen, führt das Unternehmen Umfragen nach jeder Veröffentlichung durch und wertet sie aus. Das konstant positive Feedback der Leser bestätigt das Unternehmen darin, beide Medienformate langfristig fortzuführen.

Das Pharma- und Chemieunternehmen Merck lehnt ein gedrucktes Magazin ab, sondern verbreitet seine Informationen ausschließlich über den elektronischen Weg. Im Zentrum der Kommunikationsaktivitäten stehen ein Online-Magazin, ein Online-Newsletter und eine App. „M – Das Entdeckermagazin“ informiert über die vielfältige Produktwelt von Merck und wendet sich an Kunden, potenzielle Bewerber, Mitarbeiter und an die breite Öffentlichkeit. In der App für das iPad präsentiert der Konzern ausgewählte Inhalte aus dem Magazin als Bilderserie und Videos. Der Online-Newsletter kündigt die Themenschwerpunkte des Online-Magazins an. Für das besonders bewegtbildaffine Publikum hat Merck außerdem einen Youtube-Brand-Channel gegründet, in dem sämtliche für das Magazin produzierten Videobeiträge abgerufen werden können.
Die Entscheidung des Konzerns für den digitalen Mix ist nicht ungewöhnlich: Eine Studie der Zehnvier Marketingberatung im Auftrag des European Institute for Corporate Publishing (EICP) bestätigt den Trend nach digitalen Kommunikationslösungen als Ergänzung und teils auch Alternative zu Print. Immerhin 54 Prozent der befragten Unternehmen im Raum DACH mit mindestens 250 Mitarbeitern planen vermehrte Investitionen in digitale Medienkonzepte. Einen Verzicht auf Print halten nur 36 Prozent der Befragten für sinnvoll.

Die CP-Dienstleister sind sich einig: Wer vernetzt kommunizieren will, braucht Print als Pushmedium, weil es auf andere Kanäle verweisen kann. Wilfried Lülsdorf, Geschäftsführer beim Corps Verlag, spricht sogar von einer Renaissance bei Print. Wie stark Print wirkt, demonstriere das Kundenmagazin Galeria-Magazin, das sich an ausgewählte besonders treue Payback-Kunden richtet. Es dient zu Imagebildung, Kundenbindung und Warenpräsentation. Dem Handelsunternehmen Galeria Kaufhof ist es sehr wichtig, die Effizienz des 100 Seiten starken Mediums regelmäßig zu prüfen, das der Corps Verlag seit vergangenem Jahr betreut. Dazu dienen die dem Magazin beigefügten Rabatt-Coupons, die in den Galeria-Kaufhof-Filialen eingelöst werden können. Die Zahl der eingelösten Coupons liefert dem Unternehmen einen Hinweis darauf, welche Wirkung das Magazin entfaltet.
Das Unternehmen hat ferner eine Wirkungsstudie in Auftrag gegeben. Hierbei wurde die Winterausgabe 2010 mit „CP Tandem“ untersucht, einem gemeinsamen Forschungstool des Siegfried Vögele Instituts und von TNS Emnid, das auf einer Befragung von 250 Payback-Kunden basiert.
Demnach besuchen insgesamt 78 Prozent der Leser entweder eine Filiale der Galeria Kaufhof oder die Internetsite des Unternehmens. Die Leser sind mit dem Kundenmedium sehr zufrieden und bescheinigen ihm einen hohen Unterhaltungswert. Vor allem die Gestaltung und die verständlich geschriebenen Beiträge überzeugen sie.
67 Prozent zählen zu den so genannten Kernlesern, die jede der vier Ausgaben im Jahr intensiv lesen. Fast ebenso viele Befragte (61 Prozent) geben an, sich nach der Lektüre eine viel bessere oder etwas bessere Meinung von der Galeria Kaufhof GmbH gebildet zu haben. Corps-Manager Lülsdorf ist überzeugt, dass das Magazin zu Wiederholungskäufen motiviert. Schließlich befinden sich unter den knapp 200000 Empfängern kaum Nichtleser.

Zur Stärkung der Markenbindung dient auch das Kundenmagazin Momente von SCA Hygiene Products – einem Hersteller von Hygieneprodukten, der mit der Marke Tena ein breites Produktspektrum bei Harninkontinenz anbietet. Dabei verfolgt der Hersteller ein Ziel: das sehr sensible Thema Blasenschwäche zu enttabuisieren und der breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Das Tena-Magazin entspricht hinsichtlich Inhalt und Optik einem klassischen Frauentitel. Kernzielgruppe sind Frauen über 40 Jahre. Die Inhalte bestärken die Leserinnen darin, dass Blasenschwäche eine natürliche Alterserscheinung oder Folge einer Schwangerschaft sein kann. Es werden seriöse und praktische Hilfestellungen gegeben, wie die Betroffenen mit dem Tabuthema umgehen können. Weitere Themen sind Fitness, Bewegung, Gesundheit, Wohlfühlen, Ernährung, Freizeit und Kultur.
Momente wird von der Wdv-Gruppe betreut und umgesetzt. Aus Diskretionsgründen wird das Magazin in einem neutralen Umschlag, aber mit persönlichem Anschreiben an die Leser versendet. Verschiedene Responsemöglichkeiten wie Gewinnspiele, Rabatt-Coupons für Tena-Produkte schaffen zusätzliche Leseanreize. Noch ist das Tena-Magazin nicht als digitale (iPad-)Version erhältlich. Doch der Konzern schließt solche Engagements nicht aus. Entscheidend sei dabei immer ein stimmiger Ansatz hinter dem Konzept, betont Andreas Siefke, Geschäftsführer bei Hoffmann und Campe Corporate Publishing.

Wie die jüngste Branchenbefragung „CP-Barometer“ (siehe Kasten Seite 34) zeigt, gewinnt das iPad als Distributionsweg an Bedeutung. Mehr als 35 Prozent der Dienstleister im Forum Corporate Publishing (FCP) haben bereits Projekte für Tablet-PCs realisiert, weitere 30 Prozent bieten Tablet-Publishing an. Aktuell nutzen rund 15 Prozent der befragten Unternehmen, die CP betreiben, Anwendungen auf Tablet-PCs im Rahmen ihrer Unternehmenskommunikation, drei Viertel erwägen dies für die Zukunft. Als die herausragenden Vorteile von Tablet-Publishing sehen mehr als zwei Drittel der Unternehmen die multimedialen Darstellungsformen von redaktionellen Inhalten sowie die Interaktions- und Dialogmöglichkeiten mit den Nutzern.

Magalog: Produkte werden inszeniert

Statt einer klassischen Produktbro-schüre wählte Villeroy & Boch für das Segment Fliesen ein Magalog, das sowohl Produktbroschüre als auch Kundenmagazin ist. Die Idee stammt aus dem Hause Corporate Editors bei Gruner + Jahr. Erstmalig veröffentlicht wurde das neue Kommunikationsmittel anlässlich der Cersaie 2010, der wichtigsten Fliesen- und Sanitärmesse in Bologna Italien. Das Unternehmen nutzt das Magazin, um Markenbewusstsein und Markentreue bei Konsumenten, Architekten sowie Händlern zu stärken und Kaufimpulse zu setzen. Die Resonanz auf das erste Magalog war so positiv, dass Nuances künftig regel-mäßig erscheint.

Service: Neue Methode zur Erfolgskontrolle
Eine wissenschaftliche Methode zur Kontrolle des Erfolgs von Kundenmedien bietet MCM™ – Measure all Corporate Media – von TNS Emnid Medienforschung. Für jedes der drei wichtigsten Kommunikationsinstrumente (Printmagazin – Website – App) werden die Nutzung, Akzeptanz und Wirkung der Medien auf Basis von Leser- und Nutzerbefragungen erhoben, um dann anhand von Schlüsselvariablen Bruttoreichweiten und Überschneidungen zu berechnen. Dank der ganzheitlichen Erhebung der Daten anhand von repräsentativer Leserbefragung, Onsite-Befragung und InApp-Research können Marktforscher Aussagen über Wirkung und Effizienz der verschiedenen Corporate-Medien treffen.

www.tns-emnid.com