„Das Metaverse kann zum verbindenden Element werden“

Bei technologischen Sprüngen braucht es oft mehrere An­läufe, ist die E-Commerce-Pionierin Renata DePauli überzeugt. Deshalb war Second Life nicht erfolgreich, das Metaverse werde es nun aber.
Renata DePauli hat herrenausstatter.de vor 25 Jahren gegründet. (© DePauli )

Frau DePauli, Sie sind 1997 mit dem ersten Onlineshop für Mode in Deutschland gestartet. Was war vor 25 Jahren die größte Herausforderung im E-Commerce und was ist es heute?

Wir sprechen von einer Zeit, als weder Amazon noch Ebay in Europa und Deutschland angekommen waren. Damals mussten wir unsere Lieferanten erst einmal überzeugen, dass das Internet für den Vertrieb geeignet ist. So mancher glaubte, dort würden nur zwielichtige Geschäfte abgewickelt. Heute hat Corona dazu geführt, dass sich die Menschen viel stärker in der virtuellen Welt bewegen (mussten), weil sie in der realen Welt stark eingeschränkt waren. Die größte Herausforderung ist, diese Welten zusammenzubringen. Das Metaverse kann dabei zum verbindenden Element werden.

Es wird auch als zweiter Versuch für „Second Life“ bezeichnet, bei dem viele Marken Mitte der Nullerjahre Geld verbrannt haben. Waren Sie damals dabei und wieso sollte es diesmal klappen?

Wir hatten auch Grundstücke im Second Life gekauft und haben uns dort ausprobiert, weil wir als Unternehmen gerne beim Einsatz neuer Technologien vorne dabei sind. Wahrscheinlich war die Zeit damals noch nicht reif. Das „Virtuelle“ war noch sehr virtuell. Bei technologischen Sprüngen braucht es oft mehrere An­läufe. Jetzt sehe ich den richtigen Zeitpunkt gekommen, diesen Weg einzuschlagen. Metaverse wird ein weiterer Channel im Omni-­Channel-Konzept von Händlern.

Der virtuelle Store von Herrenausstatter.de ©DePauli AG

Was erwartet die Kundinnen in Ihrem virtuellen Kaufhaus?

Da gibt es verschiedene Stränge: B2C-Kunden können sich in dieser virtuellen Welt bewegen, Produkte anschauen und anprobieren, diese mit klassischen Zahlungsmitteln oder Kryptowährungen kaufen und sich die Ware physisch nach Hause schicken lassen. Das Angebot gibt es schon in 2D, in Kürze haben wir als einer der ersten Onlineshops einen virtuellen 3D-Ankleideraum. Unsere Kunden können sich auch in eine virtuelle B2B-Welt begeben, Konferenzräume mieten und ihre Avatare in 3D-Konferenzen mit Kolleginnen schicken. Erste Anfragen von Banken liegen uns dazu bereits vor.

Wie schaffen Sie die technischen Voraussetzungen für den Einkauf und die Zahlung im Metaverse?

Wir haben vor drei Jahren hausintern mit dem Aufbau einer technischen Plattform für unsere Shops begonnen, die uns nun auch den Einstieg ins Meta­verse ermöglicht. Über dieses Transaktions- und Pay­ment-­System „QS-Pay“ wurde vor Kurzem der wohl weltweit erste vollständige Mode-Einkauf im Metaverse abgewickelt. Die Plattform stellen wir auch unseren Partnern für deren Marken­shops und Meta­verse-Stores zur Verfügung.

Was wird 2032 alles im Metaverse möglich sein?

Die Grenzen werden verschwimmen. Wir sind dann nicht mehr entweder im Metaverse oder in der realen Welt, beide Welten werden verschmolzen sein. Technologische Anwendungen dafür gibt es vielfach schon. Heute müssen Menschen noch davon überzeugt werden, im Jahr 2032 nicht mehr.

(tht, Jahrgang 1980) ist seit 2019 Redakteur bei der absatzwirtschaft. Davor war er zehn Jahre lang Politik- bzw. Wirtschaftsredakteur bei der Stuttgarter Zeitung. Der Familienvater hat eine Leidenschaft für Krimis aller Art, vom Tatort über den True-Crime-Podcast bis zum Pokalfinale.