Die Un-Informierten 

Immer weniger Menschen interessieren sich für professionell recherchierte Nachrichten. Unsere Kolumnistin warnt vor dieser nachlassenden Bedeutung und hält es für höchste Zeit, hier gegenzusteuern.
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"In einer Demokratie gibt es kaum etwas Wichtigeres als ordentlichen Journalismus und sauber recherchierte, objektive Nachrichten", sagt GWA-Präsidentin Larissa Pohl. (© Cecil Arp, Montage: Olaf Heß)

Heute geht es an dieser Stelle ausnahmsweise mal nicht im Kern um Markenkommunikation, um Künstliche Intelligenz, um Effektivität. Ich nutze den Raum diesmal für ein Thema, das zwar unsere Branche nur mittelbar betrifft, in seiner Tragweite aber kaum unterschätzt werden kann. Es geht um die dramatisch nachlassende Bedeutung der „Nachricht“, verstanden als professionell erzeugtes journalistisches Produkt.  

Ich weiß, dieser Satz ist missverständlich. Natürlich gibt es in einer Demokratie kaum etwas Wichtigeres als ordentlichen Journalismus und sauber recherchierte, objektive Nachrichten. In diesem Sinne kann man also natürlich nicht von nachlassender Bedeutung sprechen – im Gegenteil! Der Bedeutungsverlust findet vielmehr aufseiten der Rezipienten statt, und zwar in einem Ausmaß, das einem die Sprache verschlägt. 

Laut Reuters Digital News Report erklärten im Jahr 2013 gut 80 Prozent der Deutschen, an Nachrichten interessiert zu sein; heute liegt dieser Anteil bei nur 52 Prozent. In der Generation Z sieht es noch düsterer aus: Lediglich 28 Prozent (!) der zwischen 18 und 24 Jahre alten Personen sind an Nachrichten ernsthaft interessiert. Jeder Zehnte in der Bevölkerung versucht sogar, Nachrichten aktiv zu vermeiden, 2017 war es jede*r Zwanzigste.  

Die Gefahr durch Social Media und KI

Hinzu kommt, dass Social Media als vermeintliche Alternative zum Journalismus dramatisch an Bedeutung gewonnen hat, mit gefährlichen Konsequenzen. Der Club of Rome schreibt: „Die sozialen Medien (…) haben eine ganze Industrie der Falsch- und Desinformationen entstehen lassen, was der Polarisierung von Gesellschaften und einem Vertrauensverlust Vorschub leistet und dazu beiträgt, dass wir angesichts der kollektiven Herausforderungen unfähig sind, zusammenzuarbeiten oder uns auch nur über Grundtatsachen zu verständigen.“  

Meinungen sind keine Fakten, Meinungsäußerungen sind keine Nachrichten. Ohne ein gemeinsames Faktenverständnis werden wir keine Lösungen für die großen gesellschaftlichen Herausforderungen finden. Umso schlimmer also, dass Nachrichten als professionell erarbeitete Fakten immer weniger Fans haben. Und das alles wird noch verschärft durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz. Die Frage, was Wirklichkeit ist und was Fälschung, lässt sich dank ChatGPT und Co. zunehmend schwieriger beantworten.  

Eine neutrale Instanz ist somit wichtiger denn je. Es ist an der Zeit, für das Produkt „Nachricht“ und dessen Bedeutung zu werben. Der GWA hat sich daher entschlossen, sowohl die Initiative „Use the News“ als auch das „Jahr der Nachricht“ zu unterstützen. Die Deutsche Presse-Agentur (dpa) und die Hamburger Behörde für Kultur und Medien haben diese Initiative gestartet. Sie versucht auf verschiedensten Wegen, gerade in den jüngeren Personengruppen wieder mehr Begeisterung für journalistische Angebote zu wecken. Ich hoffe, sie findet weitere breite Unterstützung. 

Larissa Pohl ist GWA-Präsidentin. Die Kolumnistin schreibt im Wechsel mit Franziska Duerl und Sandra Harzer-Kux über die Zusammenarbeit von Unternehmen und Agenturen.