In einer europaweiten Studie kommt Roland Berger Strategy Consultants zu dem Ergebnis, dass das traditionelle Modell, durch mehr Außendienstmitarbeiter die Absätze zu steigern, nicht mehr funktioniert. Um die Vertriebseffektivität (Sales Force Effectiveness) zu erhöhen, setzen Pharmaunternehmen daher zunehmend auf gezielte Kundenauswahl und individuelle Ansprache, Mitarbeiterschulungen sowie bessere Besuchsqualität.
„In Zukunft liegt das Geheimnis des Vertriebserfolges für europäische Pharmaunternehmen in der konsequenten Steigerung der Vertriebseffektivität,“ erklärt Stephan Danner, Partner im Kompetenzcenter Pharma & Healthcare bei Roland Berger Strategy Consultants. Das Ziel sei, die richtigen Kunden in optimalen Abständen mit der passenden Botschaft und einem ausgewählten Werbe-Mix zu erreichen.
Wie die Berater mit ihrer Umfrage unter über 200 Managern führender europäischer Pharmaunternehmen zeigen, hat der reine Größenfokus im Außendienst hat ausgedient. Während in den vergangenen fünf Jahren die Zahl der Pharmareferenten in Europa von 60 000 um 60 Prozent auf rund 100 000 wuchs, wollen die Unternehmen ihren Vertrieb nun wieder verkleinern. 31 Prozent der Befragten gehen davon aus, dass das Vertriebspersonal in den kommenden zwei Jahren erheblich reduziert wird. 60 Prozent glauben, dass die Zahl der Einstellungen stagniert; nur 9 Prozent setzen auf die Einstellung neuer Vertriebsmitarbeiter.
Laut Studie planen fast 40 Prozent der Pharmamanager, ihre Investitionen in Sales Excellence in den kommenden zwei Jahren zu steigern. Ein Drittel der großen Unternehmen in Europa beabsichtigt demnach über fünf Millionen Euro dafür auszugeben, 26 Prozent zwischen einer und fünf Millionen beziehungsweise weniger als eine Million Euro. Mittelständischen Pharmafirmen steht insgesamt ein kleineres Budget zur Verfügung, 28 Prozent unter ihnen investieren weniger als eine Million Euro in Sales Excellence; 22 Prozent setzen dafür zwischen einer und fünf Millionen und nur 6 Prozent über fünf Millionen Euro an.
Zudem ist mit neuen Vertriebsmodellen zu rechnen. „Neue Käuferstrukturen und verändertes Verhalten, regulatorische Änderungen und zunehmender Margendruck zwingen die Pharmaindustrie ihr bisheriges Vertriebsmodell zu überdenken,“ prognostiziert Danner. Bei den neuen Vertriebsmodellen zeichnen sich zwei grundsätzliche Richtungen ab: Erstens eine klare Kompetenzunterteilung in „Elitereferenten“, deren Zielgruppe vor allem die Spezialisten sind, und „einfache Referenten“ beispielsweise für Allgemeinärzte. In den Kompetenzaufbau der Elitereferenten soll vorab erheblich investiert werden; während die Ansprache anderer Zielgruppen in den kommenden fünf Jahre zunehmend durch günstigere Kommunikationsmedien wie das Internet erfolgen wird.
Zweitens der Einsatz eines Businessreferenten, der als einziger Ansprechpartner für alle Zielgruppen gewissermaßen als Gebietsmanager agiert. Sein Erfolg misst sich anhand von Gebietsergebnissen einschließlich Rentabilität (ROI). Weitere Ansatzpunkte für eine bessere Vertriebsleistung sind: Fortschrittliche Vertriebs- und Marketingkonzepte aus anderen Branchen übernehmen (zum Beispiel das Konzept des Lebenszyklusmanagements) sowie feste Strukturen zur Betreuung von Großkunden verankern (Key Account Management).
Um in den einzelnen europäischen Ländern ausgezeichnete Vertriebsleistung zu erreichen, verbinden erfolgreiche Pharmafirmen zudem zentral länderübergreifend vorgegebene Strategien mit operativen Ansätzen vor Ort. Konkret kann das bedeuten, dass die Unternehmensleitung europaweite Ziele und Standards zur Vertriebssteigerung vorgibt, die vor Ort mit lokalen Programmen umgesetzt werden. Mit Hilfe dieser länderspezifischen Programme kann der Regionalleiter im Gebiet seiner Außendienstmitarbeiter so schnell messbaren Erfolg erzielen.