Deutschland verteidigt Innovations-Europameistertitel

Die Top-Player der deutschen Industrie forcieren das Innovationstempo und erhöhten die Budgets für Forschung & Entwicklung (F&E) im vergangenen Jahr um 11,9 Prozent auf insgesamt 49,6 Milliarden US-Dollar. Damit fällt die Steigerungsrate der deutschen F&E-Ausgaben mehr als doppelt so stark aus wie der globale Durchschnitt. Weltweit legten die F&E-Ausgaben der 1.000 forschungs-intensivsten Unternehmen nur um 5,8 Prozent auf ein Gesamtvolumen von 638 Milliarden US-Dollar zu.

Wie die „Global Innovation 1000“-Studie von Booz & Company weiter zeigt, liegt die Wachstumsrate europaweit krisenbedingt bei unterdurchschnittlichen 4,5 Prozent. Die 44 untersuchten deutschen Konzerne stehen insgesamt für 7,8 Prozent der weltweit investierten F&E-Ausgaben der Top 1.000 Unternehmen. Damit festigt Deutschland seine klare Spitzenposition im europäischen Vergleich und liegt deutlich vor Frankreich (35,2 Milliarden US-Dollar; plus 8,8 Prozent) und der Schweiz (31,1 Milliarden US-Dollar; plus 3,3 Prozent).

Volkswagen führt vor Samsung und Roche

Allerdings sind die Investitionen deutscher Unternehmen vergleichsweise stark auf die Automobilindustrie konzentriert. So entfallen mit einem F&E-Volumen von rund 11,4 Milliarden US-Dollar mehr als 20 Prozent der F&E-Investitionen der untersuchten deutschen Konzerne alleine auf den Volkswagen-Konzern. Mit dieser Rekordsumme sind die Wolfsburger noch vor dem südkoreanischen Elektronikkonzern Samsung (10,4 Milliarden US-Dollar) das forschungsintensivste Unternehmen der Welt. Auf Rang drei im weltweiten Ranking folgt der Schweizer Pharmariese Roche mit 10,2 Milliarden US-Dollar.

Volkswagens schärfster internationaler Wettbewerber Toyota belegt mit einem F&E-Volumen von 9,8 Milliarden US-Dollar den 6. Platz. Daimler folgt als nächster deutschstämmiger Automobilhersteller mit 6,6 Milliarden US-Dollar auf Rang 14. Der Technologiekonzern Siemens schafft es auf Platz 22, BMW auf Platz 27. Bemerkenswert: Volkswagen, Daimler und BMW stemmen zu dritt mit einem Innovationsbudget von 23,1 Milliarden US-Dollar 47 Prozent beinahe die Hälfte des untersuchten deutschen Gesamtvolumens und sind damit das klare Herzstück der Innovation in Deutschland.

Langfristige F&E-Strategie als zentraler Erfolgsfaktor

Dabei gehen gerade die forschungsintensiven Unternehmen nicht selten riskante Wetten auf die erfolgreiche Zukunft der zu entwickelnden Produkte ein. Die aktuellen Studienergebnisse und die Langfristbetrachtung belegen eindrucksvoll, dass hohe F&E-Investitionen keineswegs ein Garant für wirtschaftlichen Erfolg oder gar steigende Renditen sind. „Umso bemerkenswerter ist es, dass die beiden weltweiten Topspender, Volkswagen und Samsung, ihre jeweiligen Wettbewerber im Fünfjahresschnitt nicht nur bei den F&E-Budgets, sondern auch bei harten finanziellen Parametern wie Umsatzwachstum, Rendite und Marktkapitalisierung deutlich übertreffen“, sagt Dr. Klaus-Peter Gushurst, Sprecher der Geschäftsführung von Booz & Company. „Beide Unternehmen stehen für eine langfristig angelegte und äußerst strukturierte Innovationsstrategie. Die hohen Investments der vergangenen Jahre und eine konsequent auf Erneuerung ausgerichtete Unternehmenskultur zahlen sich jetzt in Form eines hoch kompetitiven Produktportfolios und einer vollen Innovations-Pipeline aus.“

Apple und Google mit der innovativsten Außenwirkung

Um den Abgleich zwischen F&E-Investitionen und der innovativen Außenwirkung zu leisten, führte Booz & Company wie in den Vorjahren eine Umfrage unter knapp 400 internationalen Führungskräften aus den forschungsintensivsten Branchen durch und identifizierte global gültige Innovationstrends sowie die nach deren Einschätzung weltweit zehn innovativsten Unternehmen heraus. Wie in den letzten vier Jahren belegen Apple und Google in dieser Wertung die beiden Spitzenplätze. Samsung stieß in 2013 auch bei diesem Ranking in die Spitzengruppe vor und löste 3M auf Platz 3 ab.

Mit Neueinsteiger und Elektromobilitätspionier Tesla, an dem Daimler Anteile hält, schaffte es jedoch ausgerechnet einer der kleinsten internationalen Automobilhersteller als einziger Vertreter dieser Branche in die Top-10 und rangiert auf Platz 9. „Es verwundert nicht, dass Apple, Google und Samsung als digitale Avantgarde innovativster Unternehmen wahrgenommen werden. Die Digitalisierung des Innovationsprozesses ist in fast allen Branchen erkennbar“, betont Gushurst. Laut Befragung fließen 8,1 Prozent der F&E-Investitionen in neuartige digitale Tools wie digitale Prozessabläufe, 3D-Drucker für das Prototyping, Big-Data-Anwendungen oder Social-Voting-Plattformen für ein besseres Kundenverständnis. Übertragen auf die Unternehmen der Global Innovation 1000 sind das 52 Milliarden US-Dollar.

44 deutsche Konzerne in den Top-100

Wie in den Vorjahren allokieren vor allem die global agierenden Automobil-, Pharma- sowie IT-und-Elektronik-Konzerne erhebliche finanzielle Mittel im Bereich Forschung &- Entwicklung. Daher besetzen Unternehmen aus diesen drei Branchen auch weiterhin die zehn Top-Positionen im F&E-Ranking: Nach Intel auf dem vierten Platz folgen Microsoft und Toyota. Die Positionen sieben bis zehn belegen mit Novartis, Merck & Co, Pfizer und Johnson & Johnson ausschließlich Vertreter der Pharma- und Gesundheitswirtschaft.

In diesem Jahr schafften insgesamt 44 deutsche Konzerne den Sprung in die globale Innovationselite des „Global Innovation 1000“-Rankings. Folgende Vertreter des DAX-30 befinden sich unter den Top 100: Volkswagen (1), Daimler (14), Siemens (22), BMW (27), Bayer (40), SAP (49), Continental (65), BASF (66) sowie Merck (74).

Ein weiteres Studienergebnis: Chinesische Firmen entwickeln sich immer stärker von der Werkbank zu den Forschungslabors der Welt. Mit einer Wachstumsrate von 35,8 Prozent legten die F&E-Ausgaben der in der Volksrepublik beheimateten und im Ranking gelisteten Unternehmen mehr als viermal so stark zu wie die der amerikanischen Konzerne mit 8,6 Prozent. Mit einem chinesischen Gesamtvolumen von 20,5 Milliarden US-Dollar bedeutet das allerdings immer noch ein starkes Wachstum von einer vergleichsweise niedrigen Basis.

(Booz & Company / asc)