Der Evergreen im Portemonnaie? Aufstieg und Fall der Kreditkarte

Vom ersten Kartenentwurf bis zur Vorstellung von kontaktlosen Kreditkarten – die Höhepunkte in der Geschichte des bargeldlosen Bezahlens sind endlos. Im Zuge der sich immer schneller entwickelnden Zahlungstechnologien lohnt es sich der Blick zurück auf die Entwicklung der Kartenzahlung. Denn, der Erfolg der Kreditkarte kam nicht über Nacht.
Wie wichtig bleiben Kreditkarten in Zukunft?

Von Gastautor Jerôme Traisnel, Gründer und CEO von SlimPay

In Großbritannien konnten Kunden zuerst 1966 mit der Bargeld-Alternative bezahlen. Im Land der Pioniere, den Vereinigten Staaten, gehörte die Kreditkarte vor allem in Restaurant zu dieser Zeit schon zum guten Ton. Debit Karten wiederum wurden erst 1987 auf dem Markt eingeführt. Bis zur Etablierung von Chip und PIN dauerte es sogar noch länger, und zwar bis 2002. Heutzutage ist die Kreditkarte aus dem Portemonnaie nicht mehr wegzudenken – im Jahr 2014 wurden Umsätze in Höhe fast 95 Milliarden Euro für den Zahlungsverkehr über Kreditkarten verzeichnet. Kauffreudige Kunden, die bargeldlos flexibel sein wollen, sind keine Grenzen mehr gesetzt. Ob in der Bank oder online – Kreditkarten, welche mit unterschiedlichsten Funktionen locken, gibt es wie Sand am Meer. 

Mehr als nur ein Zahlungsmittel

Ob beim Geschäftsessen oder Familienausflug – die Kreditkarte ist ein Statussymbol. Insbesondere Elitekarten, wie American Express, Centurion oder Palladium von JP Morgan lassen den Gegenüber große Augen machen. Auch erleichtert eine goldene Karte im Portemonnaie, den Griff zu eben diesem bei einem gemeinsamen Essen ungemein. Der Erhalt einer Karte markiert zudem einen wichtigen Schritt in der Entwicklung junger Erwachsener. Banken versuchen durch immer originellere Angebote, diese wirtschaftlich starke Zielgruppe für sich zu gewinnen.

Opfer des Erfolgs

Als Hauptzahlungsmittel Nummer Eins, ist die Bankkarte allerdings auch anfällig. Nicht nur der Diebstahl, sondern auch Onlinebetrug, machen den Verbrauchern zu schaffen. Laut dem neuesten Bericht der Europäischen Zentralbank betrug der Gesamtwert betrügerischer Transaktionen durch Bankkarten rund 1.44 Milliarden Euro. Ein Anstieg von 8 Prozent seit 2012. Neueste Technologien, wie zum Beispiel 3D Secure und dynamische Kryptogramm-Karten, erweisen sich hier als hilfreich, um das Risiko des Kartenbetrugs zu reduzieren. Diese Karten sind mit einem Mini-Bildschirm ausgestattet, welcher einen dreistelligen, automatisch und regelmäßig wechselnden Sicherheitscode anzeigt. Definitiv raffiniert, aber nutzlos bei Diebstahl. Das Hauptproblem nach dem Raub ist für den Verbraucher der drohende Betrug mit der eigenen Karte. Diese blockieren zu lassen und betrügerische Transaktionen der Bank zu melden, sollten zwar hier der erste Schritt sein, verkomplizieren aber die an sich schon unangenehme Situation erneut. Alle von dieser Karte ausgeführten Transaktionen, auch Abonnements, werden gestoppt. Der Karteninhaber hat nun keine andere Wahl, als in lästiger und zeitraubender Arbeit, sämtliche Kartendetails an jeden einzelnen Händler zu kommunizieren.

Ein unumkehrbarer Niedergang

Wie so oft, ersetzt neue Technologie die alte: wie der Scheck das Bargeld, und die Karte wiederum den Scheck. In Zeiten des Wandels kann auch diese den Bedürfnissen des heutigen Konsumenten nicht mehr gerecht werden. Zudem schwindet das Vertrauen beim Konsumenten in ein physisches Objekt als Zahlungsmittel und Unternehmen wie Apple bringen kontaktlose Zahlungsmittel auf den Markt (Apple Pay). Diese können zusätzlich mit einer geringeren Abhängigkeit von Absatzmittlern bei der Verbindung von Bankkonten und Händlern punkten. Eine neue Studie von Elabe und Slimpay zeigt einen neuen Trend, der nachhaltig unser Konsumverhalten verändern wird und nach Flexibilität und Sicherheit bei der Zahlungsabwicklung verlangt: Abonnements. Regulationen und neue Zahlungsmethoden gingen schon immer miteinander einher und erlaubten den Aufstieg neuer Player in der Zahlungsmittelindustrie. Kartenalternativen wie Direct Debit beispielsweise sind weit geeigneter für wiederkehrende Zahlungen und Abonnements.

Obwohl die Zahlungsmittelindustrie jahrelang auf die richtigen Karten gesetzt hat, werden diese nun neu gemischt. Zahlungen per Kreditkarte sind noch immer eine sehr praktische und beliebte Zahlungsmethode. Dennoch ist das Wesen der Technologie dabei, sich konstant neu zu erfinden und die Grenzen des Möglichen weiterzuentwickeln. Dies ist noch nicht das Ende der Karte, doch ihr Zenit ist sicherlich überschritten.

Zum Autor: Jérome Traisnel ist Serial Entrepreneur und CEO und ein Payment-Stratege. Den Zahlungsverkehr für europäische Unternehmen und ihre Kunden maßgeblich zu vereinfachen und sicher zu gestalten, treiben Jérôme Traisnel an: Zum Einen als Präsident des französischen Verbands für Kreditinstitute und elektronischen Zahlungsverkehr (AFEPAME), als Mitglied des französischen SEPA-Komitees sowie im Komitee für Organisation und Normierung im Bankwesen. Er ist Mitgründer und CEO von SlimPay. Mit inzwischen mehr als 15 Jahren Erfahrung im Payment-Sektor und im Bereich Digitale Sicherheit treibt Traisnel seit 2009 das Wachstum von SlimPay voran.

In der aktuellen Ausgabe der absatzwirtschaft 11/2016 geht es in der Titelgeschichte um das Bankengeschäft und den Aufstieg und Fall von Fintechs. Die aktuelle Ausgabe erhalten Sie HIER.