Das neue Widerrufsrecht: Was Online-Händler nun beachten müssen

Mit der gesetzlichen Umsetzung der Verbraucherrechtsrichtlinie 2011/83/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates sind weite Teile des Widerrufsrechts reformiert worden. Ziel dabei ist, das Widerrufsrecht in den EU-Mitgliedsstaaten auf einen einheitlichen europäischen Standard zu bringen. Dieser Beitrag bietet insbesondere Onlineshops einen umfassenden Überblick über die Änderungen und was nun zu beachten ist.

Von Simone Rosenthal

I. Rechtliche Grundlagen des neuen Widerrufsrechts

Unter anderem sind mit dem am 13.06.2014 in Kraft getretenen Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechtsrichtlinie die Vorschriften zum Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen und den ehemaligen „Haustürgeschäften“, jetzt außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Verträge, neu gefasst worden. Gleichfalls künftig zu beachten sind Änderungen bei der Ausführung des Widerrufsrechts und der Rückabwicklung des Vertrages nach §§ 355 ff. BGB n.F. sowie Artikel 246 a § 1 EGBGB n.F.

II. Änderungen des Widerrufsrechts im Überblick

  • Das bisher in § 356 BGB geregelte Rückgaberecht des Verbrauchers, welches der Unternehmer alternativ zum Widerrufsrecht gewähren konnte, fällt ersatzlos weg.
  • Harmonisierung des sachlichen Anwendungsbereichs des Widerrufsrechts bei Fernabsatzverträgen und Verträgen, die außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen werden nach § 312g BGB n.F.; dabei Wegfall des Begriffs des ehemalige Haustürgeschäft nach § 312 BGB a.F. (siehe Punkt III).
  • Einführung neuer Ausschlussgründe für das Widerrufsrecht (siehe Punkt IV).
  • Schaffung einheitlicher und umfänglicher Informationspflichten für den Unternehmer (siehe Punkt V).
  • Bei Ausübung des Widerrufsrechts entfällt das Schriftformerfordernis der Widerrufserklärung nach § 355 I 2 1. Alt. BGB a.F. und das alternative Erfordernis der Rücksendung der Ware nach § 355 I 2 2. Alt. BGB. Ausreichend ist nun jede Erklärung des Verbrauchers, aus der der Entschluss zum Widerruf eindeutig hervorgeht (siehe Punkt VI).
  • Einführung einer einheitlichen Widerrufsfrist von 14 Tagen.
  • Abschaffung der unendlichen Widerrufsmöglichkeit bei unterbliebener oder mangelhafter Belehrung.
  • Entstehung eines Rückgewährschuldverhältnisses nach § 357 BGB n.F. bei Rückabwicklung des Vertrages.

III. Zum sachlichen Anwendungsbereich

Nach § 312 Absatz 1 BGB n.F. ist das Widerrufsrecht nun auch im Fernabsatz nur bei Verträgen mit entgeltliche Leistung anwendbar. Der Begriff „entgeltliche Leistung“ umfasst dabei alle Verträge, bei denen der Verbraucher eine Gegenleistung erbringen muss. Diese muss nicht notwendigerweise in einer Geldzahlung liegen. Genauso umfasst sind beispielsweise Verträge, bei denen der Verbraucher für eine Dienstleistung oder Warenlieferung als „Gegenleistung“ personenbezogene Daten mitteilt und gleichzeitig zur Erhebung, Speicherung und Nutzung einwilligt.

Der Begriff des in § 312 BGB a.F. geregelten „Haustürgeschäfts“ entfällt; stattdessen ist nun in § 312b n.F. BGB der „außerhalb von Geschäftsräumen geschlossene Vertrag“ (AGV) geregelt. Das Widerrufsrecht besteht nun immer schon dann, wenn ein Unternehmer mit einem Verbraucher einen entgeltlichen Vertrag außerhalb seiner Geschäftsräume schließt. Es ist nicht mehr von vornherein auf Situationen beschränkt, die die freie Willensbetätigung des Verbrauchers einschränken (Überrumplungssituation an der Haustür).

Anknüpfend daran ist der Ausschlussgrund des § 312 Absatz 3 Nr.1 BGB a.F. entfallen. Der Verbraucher kann einen Vertrag jetzt auch dann widerrufen, wenn die Initiative zum Vertragsschluss von ihm ausgeht. Problematisch ist dies vor allem für Handwerker, die Verträge außerhalb der Geschäftsräume schließen.

Um eine Ausuferung dieser Regelung zu vermeiden befinden sich im reformierte Widerrufsrecht in § 312g Absatz 2 n.F. BGB eine Auflistung an Geschäften, in denen trotz AGV das Widerrufsrecht nicht greift. (siehe Punkt VI.)

IV. Bereichsausnahmen und Ausschlussgründe

Um eine Ausuferung der Widerrufsmöglichkeiten zu vermeiden, fallen einige Verträge von vornherein aus den Anwendungsbereich des Widerrufsrechts heraus. Solche Bereichsausnahmen sind in § 312 Absatz 2 BGB n.F. geregelt.

Darüber hinaus sind in § 312g Absatz 2 BGB n.F. die Ausschlussgründe erweitert worden.

1. Bereichsausnahmen

  • Auf Verträge, die unter § 312 Absatz 2 BGB n.F. fallen, besteht kein Widerrufsrecht nach § 312g BGB n.F. Der Grund: Es bestehen bereits konkurrierende verbraucherschützende Regelung oder Widerrufsrecht wäre für die Betriebsform zu aufwendig.
  • Beispiele: Behandlungsverträge nach §630a BGB, Verträge über die Lieferung von Lebensmitteln an den Verbraucher in Rahmen häufiger und regelmäßiger Fahrten, Bagatellgrenze von 40 Euro bei AGV.

2. Ausschlussgründe

Die neu ausgestalteten Ausschlussgründe finden sich in § 312g Absatz 2 BGB n.F. (Vorschrift setzt Artikel 16 der Verbraucherrechterichtlinie nahezu wortwörtlich um).

§ 312g Absatz 2 BGB n.F. legt fest, dass das Widerrufsrecht nicht bei Verträgen über die folgenden Waren besteht:

  • Waren, die nach Kundenspezifikation hergestellt sind oder auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind; die Ware muss anderweitig nicht oder nur mir unzumutbaren Preisnachlässen abgesetzt werden können, zum Beispiel Maßkleidung oder gravierte Schmuckstücke;
  • Verderbliche Waren, zum Beispiel Schnittblumen und Frischfleisch;
  • Neu: Alkoholische Getränke, deren Preis bei Vertragsschluss vereinbart wurde, die aber frühestens 30 Tage nach Vertragsschluss geliefert werden können und deren aktueller Wert von Schwankungen auf dem Markt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat zum Beispiel Kauf eines Weines noch nicht verfügbaren Jahrgangs „Jahrgang xy“;
  • Neu: Zeitungen-, Zeitschriften- oder Illustrierten-Abonnement-Verträge unterliegen künftig dem Widerrufsrecht, der Abschluss eines Abo-Vertrages kann also widerrufen werden, die Lieferung einer Einzelbestellung hingegen nicht; es kommt anders als bisher nicht mehr darauf an, ob die Erklärung telefonisch abgegeben wurde oder nicht;
  • Waren oder Dienstleistungen, deren Preis von Schwankungen auf dem Finanzmarkt abhängt, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat, zum Beispiel Edelmetalle, Rohstoffe, Aktien;
  • Neu: Dienstleistungen in den Bereichen Beherbergung (nicht zu Wohnzwecken), Beförderung von Waren, Kraftfahrzeugvermietung, Lieferung von Speisen und Getränken sowie zur Erbringung von Dienstleistungen im Zusammenhang mit Freizeitbetätigungen, wenn der Vertrag für die Erbringung einen spezifischen Termin oder Zeitraum vorsieht, zum Beispiel Buchung eines Hotelzimmers, Online-Kurse, Tickets für Konzerte und ähnliches;

Folgende Arten von Verträgen waren – mit Ausnahme der Kraftfahrzeugvermietung – auch vor der Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie von den Regelungen über den Fernabsatz und dessen Widerrufsrecht ausgenommen:

  • Neu: Dringende Reparatur- oder Instandhaltungsarbeiten – der Verbraucher muss den Unternehmer ausdrücklich aufgefordert haben, diese Arbeiten durchzuführen; ein Widerrufsrecht soll jedoch bestehen, wenn der Handwerker vor Ort weitere Reparaturen durchführt, die zuvor nicht ausdrücklich verlangt waren;
  • Öffentliche Versteigerungen, meint weiterhin nicht den Verkauf über Ebay;
  • Wett- und Lotteriedienstleistungen, es sei denn, dass der Verbraucher seine Vertragserklärung telefonisch abgegeben hat oder der Vertrag außerhalb von Geschäftsräumen geschlossen wurde;
  • Neu: Notariell beurkundete Verträge, da hier der Verbraucher durch die notarielle Mitwirkung ausreichend geschützt ist;
  • Besteht Streit darüber, ob die Voraussetzungen eines Ausschlussgrundes vorliegen, so trägt der Online-Händler die Beweislast für das Vorliegen.

3. Die Erlöschensgründe

Beim Kauf folgender Waren besteht grundsätzlich ein Widerrufsrecht. Das eingeräumte Widerrufsrecht kann jedoch durch bestimmte Handlungen des Verbrauchers oder Unternehmers vorzeitig erlöschen:

  • Neu: Gesundheits- und Hygieneartikel, z.B. Arzneimittel, Kosmetikartikel, wenn die Versiegelung (nicht bloße Klarsichtfolie) vom Verbraucher entfernt wurde; nicht ausgeschlossen sind wieder zu reinigende Artikel (z.B. durch abwaschen, desinfizieren) wie Unterwäsche, Schmuck, Erotikartikel;
  • Waren, die bei/nach Lieferung aufgrund ihrer Beschaffenheit untrennbar mit anderen Gütern vermischt/ verbunden wurden, zum Beispiel Heizöl wird mit vorhandenem Heizöl im Tank vermischt; Benzin;
  • Ton- oder Videoaufnahmen oder Computersoftware in einer versiegelten Packung, wenn die Versiegelung (nicht bloße Klarsichtfolie) nach der Lieferung entfernt wurde;
  • Dienstleistungen, wenn der Unternehmer die Dienstleistung vollständig erbracht hat und mit der Ausführung der Dienstleistung erst begonnen hat, nachdem der Verbraucher dazu seine ausdrückliche Zustimmung gegeben hat und gleichzeitig seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er sein Widerrufsrecht bei vollständiger Vertragserfüllung durch den Unternehmer verliert.

Der Ausschlussgrund „aufgrund ihrer Beschaffenheit nicht für den Rückversand geeignet“ ist weggefallen.

V. Informationspflichten des Unternehmers

1. Information über die wesentlichen Vertragsinhalte

Bereits vor Vertragsschluss muss der Unternehmer den Verbraucher hinreichend über die wesentlichen Vertragsinhalte informieren. Bei Fernabsatzverträgen und AGV richtet sich der Umfang der Informationspflicht nach § 312d Abs. 1 BGB n.F. in Verbindung mit Art. 246a § 1 EGBGB.

  • Informationspflicht umfasst die Liste mit 16 Punkten nach Art. 246a § 1 Abs. 1 EGBGB (Bsp: Identität des Dienstleisters, bestehen von gesetzlichen Mängelhaftungsrechten, gegebenenfalls die Funktionsweise digitaler Inhalte, einschließlich anwendbarer technischer Schutzmaßnahmen für solche Inhalte).
  • Ebenso muss der Unternehmer bereits vorvertraglich über das Widerrufsrecht informieren, Art. 246a § 1 Abs. 2 EGBGB.
  • Der Unternehmer muss weiterhin sowohl vorvertraglich als auch nachvertraglich über die Ausschluss- und Erlöschensgründe im Rahmen seiner Widerrufsbelehrung informieren, § 312d Absatz 1 BGB n.F. i.V.m. Artikel 246a § 1 Absätze 2 und 3 EGBGB.
  • Bei der Belehrung über die Erlöschensgründe muss der Unternehmer die Umstände beschreiben, unter denen der Verbraucher sein zunächst bestehendes Widerrufsrecht verliert.
  • Nach Art. 246a § 1 Abs. 4 EGBGB müssen die Informationen vorvertraglich und in klarer und verständlicher Weise vorliegen. Beim AGV besteht das Erfordernis der Papierform. Bei Zustimmung des Verbrauchers ist auch die Übermittlung auf einen dauerhaften Datenträger möglich. Bei Fernabsatzverträgen müssen die Informationen in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise vorliegen.

2. Pflicht zum Bereitstellen eines Muster-Widerrufsformulars

Darüber hinaus ist nun jeder Unternehmer nach Art. 246a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 EGBGB n.F. i.V.m. § 312d Abs. 1 Satz 1 BGB n.F. gesetzlich verpflichtet, dem Verbraucher ein Muster-Widerrufsformular zur Verfügung zu stellen. Begründung: Muster-Widerrufsformulare soll es Verbrauchern erleichtern, auch grenzüberschreitend in einfacher Art und Weise einen Widerruf zu erklären.

  • Für Verbraucher: keine Pflicht zur Verwendung des Formulars.
  • Es soll lediglich die Ausübung des Widerrufsrechts erleichtern. Verbraucher steht daneben die Möglichkeit offen, durch jede andere eindeutige Erklärung von seinem Widerrufsrecht Gebrauch zu machen (zum Beispiel per E-Mail).

Das Muster-Widerrufsformular muss dem Verbraucher vor Abgabe von dessen Vertragserklärung in klarer und verständlicher Weise und in einer dem benutzten Fernkommunikationsmittel angepassten Weise zur Verfügung gestellt werden (§ 312d Absatz 1 Satz 1 BGB n.F. in Verbindung mit Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nr. 1, § 4 Absatz 1 und Absatz 3 EGBGB n.F.). Das Muster befindet sich in der Anlage 2 zu Art. 246 a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 EGBGB n. F.

a) Vorschläge für eine praktische Umsetzung

  • Das elektronische Widerrufsformular muss vor Bestellabgabe des Verbrauchers auf der Webseite des Online-Händlers einsehbar sein.
  • Entsprechend dazu: Schaltfläche mit der Bezeichnung „Widerrufsbelehrung & Widerrufsformular“ implementieren, die zentral und jederzeit im Onlineshop verfügbar sein sollte und unter der die Widerrufsbelehrung sowie das zugehörige Widerrufsformular eingestellt werden.
  • Schaltfläche sollte in Größe und Farbe gut und deutlich sichtbar sein.
  • Bei Unterlassung der Bereitstellung eines Widerrufsformulars liegt Verstoß gegen gesetzliche Vorschriften vor, dieser ist abmahnfähig.
  • Bei unvollständiger Belehrung über das Widerrufsrecht wird die Widerrufsfrist nicht in Gang gesetzt.

b) Inhaltliche Anforderungen

Aus dem gesetzlichen Muster lässt sich herleiten, dass das Widerrufsformular bestimmte formelle Anforderungen erfüllen muss. Wie ein solches Widerrufsformular auszusehen hat, ist hier exemplarisch dargestellt:

Muster-Widerrufsformular

(Wenn Sie den Vertrag widerrufen wollen, dann füllen Sie bitte dieses Formular aus und senden Sie es zurück.)

An [hier ist der Name, die Anschrift und gegebenenfalls die Telefaxnummer und E-Mail-Adresse des Unternehmers durch den Unternehmer einzufügen]:

Hiermit widerrufe(n) ich/wir (*) den von mir/uns (*) abgeschlossenen Vertrag über den Kauf der folgen- den Waren (*)/die Erbringung der folgenden Dienstleistung (*)

Bestellt am (*)/erhalten am (*)

Name des/der Verbraucher(s)
Anschrift des/der Verbraucher(s)
Unterschrift des/der Verbraucher(s) (nur bei Mitteilung auf Papier)
Datum

(*) Unzutreffendes streichen.

  • Achtung: Name und die Anschrift des Unternehmens sind vom Unternehmer vorauszufüllen.
  • Bereitstellen eines elektronischen Widerrufsformulars auf der Internetpräsenz ist verpflichtend.
  • Aber: Gemäß Wortlaut des § 356 Abs. 1 BGB n.F. ist es keine gesetzliche Pflicht für Unternehmer, dass das Widerrufsformular auch auf der Webseite ausfüll- und übermittelbar sein muss.

c) Übersendung nach Vertragsschluss

  • Die Widerrufsbelehrung muss Verbraucher nach Vertragsschluss erneut inklusive des dazugehörigen Widerrufsformulars auf einem dauerhaften Datenträger (§312f Abs.1 u. 2 BGB n.F.) übersendet werden.
  • Spätestens bis zur vollständigen Erfüllung des Vertrags.
  • Bei Waren spätestens bis zur Lieferung an den Verbraucher.
  • Erfüllung dieser Pflicht kann Unternehmer bereits vor Vertragsschluss bewirken und Verbraucher die Widerrufsbelehrung mit dem Widerrufsformular in Bestellbestätigungs-E-Mail mitteilen.

d) Eingangsbestätigung

  • Wird dem Verbraucher ein Widerrufsformular zur Verfügung gestellt, das auf Webseite elektronisch ausgefüllt und übermittelt werden kann, und macht der Verbraucher von dieser Möglichkeit Gebrauch, muss der Unternehmer ihm den Zugang des Widerrufs unverzüglich auf einem dauerhaften Datenträger (also zum Beispiel per E-Mail) bestätigen.
  • Möglich: Versendung einer automatischen Eingangsbestätigung, die direkt im Anschluss an den Eingang des Widerrufs versendet wird.
  • Der Unternehmer kann durch Einbinden des Widerrufsformulars auf seiner Internetseite die Rückabwicklung automatisiert vornehmen und unmittelbar dem Kundenkonto zuordnen.
  • Bei einer Widerrufserklärung per Post, E-Mail oder Telefax müsste der Unternehmer diese händisch erfassen.
  • Der Verbraucher erhält sogleich die Bestätigung des Eingangs (Verbraucher ist für rechtzeitige Erklärung des Widerrufs beweisbelastet).

VI. Zur Ausübung des Widerrufs

1. Form der Widerrufserklärung

  • Entsprechend der Neuregelung des § 355 Absatz 1 BGB n.F. erfolgt der Widerruf künftig durch Erklärung gegenüber Unternehmer.
  • Aus der Erklärung muss der Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgehen.
  • Die kommentarlose Rücksendung der Ware an den Unternehmer ist für Ausübung des Widerrufsrechts nicht mehr ausreichend.
  • Der Widerruf muss nicht mehr in Textform (zum Beispiel per Brief, Fax, E-Mail) erklärt werden, § 355 Absatz 1 BGB n. F.
  • Grundsätzlich würde ein Anruf beim Unternehmer mit der entsprechenden Erklärung ausreichen.
  • Weiterhin ist keine Begründung notwendig.

2. Ausübung des Widerrufs durch den Verbraucher

  • Möglich: durch Zusendung eines ausgefüllten Muster-Widerrufsformulars (zum Beispiel per Brief, Fax, E-Mail) an den Unternehmer;
  • soweit auf der Webseite des Unternehmers vorhanden, durch Ausfüllen und Übersenden des elektronischen Muster-Widerrufsformulars;
  • durch entsprechende andere Erklärung (in beliebiger anderer Form), aus der der Entschluss zum Widerruf des Vertrags eindeutig hervorgeht;
  • telefonischer Widerruf zwar möglich, Nachweis dessen jedoch für den beweisbelasteten Verbraucher nur schwer zu erbringen;
  • Verwendung der elektronischen Variante des Muster-Widerrufsformulars ist sowohl für Verbraucher als auch für Unternehmer am günstigsten.
  • Durch Einbinden eines elektronischen Widerrufsformulars auf der Webseite kann eine automatisierte Rückabwicklung vorgenommen werden.
  • Verbraucher, die für die rechtzeitige Erklärung des Widerrufs beweisbelastet sind, erhalten sogleich eine Bestätigung des Eingangs.

3. Widerrufsfrist

Jetzt: Einheitliche Widerrufsfrist: 14 Tage vgl. § 355 Absatz 2 BGB n. F. Damit wird Artikel 9 der Verbraucherrechterichtlinie umgesetzt. Zuvor war die Dauer der Widerrufsfrist an den Erhalt der Widerrufsbelehrung geknüpft und konnte demnach 14 Tage, einen Monat oder 6 Monate betragen.
Das „unendliche Widerrufsrecht“ wegen unterbliebener oder fehlerhafter Belehrung entfällt. Nach § 356 II BGB n.F. beträgt die Widerrufsfrist in diesem Falle grundsätzlich 12 Monate und 14 Tage (siehe Punkt IV.)

a) Fristbeginn

  • Grundsätzlich mit Vertragsschluss, vgl. § 355 Absatz 2 BGB n.F; § 356 Absatz 2 Nr. 2 BGB n.F. (bei Dienstleistungen und beim Kauf digitaler Inhalte);
  • abweichend davon beginnt Widerrufsfrist beim Verkauf von Waren (Verbrauchsgüterkauf) im Fernabsatz (z.B. Kauf über den Online-Shop) nach § 356 BGB n.F. Der Fristbeginn richtet sich hier nach dem Erhalt der Ware, wobei wiederum zwischen Einzelwaren, Teilwaren und regelmäßigen Warenlieferungen zu differenzieren ist.

(2)Die Widerrufsfrist beginnt
1. bei einem Verbrauchsgüterkauf,
a) der nicht unter die Buchstaben b bis d fällt, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die Waren erhalten hat,
b) bei dem der Verbraucher mehrere Waren im Rahmen einer einheitlichen Bestellung bestellt hat und die Waren getrennt geliefert werden, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Ware erhalten hat,
c) bei dem die Ware in mehreren Teilsendungen oder Stücken geliefert wird, sobald der Verbraucher oder ein vom Verbraucher benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die letzte Teilsendung oder das letzte Stück erhalten hat,
d) der auf die regelmäßige Lieferung von Waren über einen festgelegten Zeitraum gerichtet ist, sobald der Verbraucher oder ein von ihm benannter Dritter, der nicht Frachtführer ist, die erste Ware erhalten hat.

Die Widerrufsfrist beginnt nicht, bevor der Unternehmer den Verbraucher gem. Artikel 246 a § 1 Abs. 2 Satz 1 Nummer 1 EGBGB n.F. über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat (§ 356 Abs. 3 BGB n.F.). Der Unternehmer kommt Informationspflicht nach, indem er dem Verbraucher die Widerrufsbelehrung auf der Webseite zur Verfügung stellt und nach Vertragsschluss in Textform übermittelt. (Vgl. Informationspflichten).

b) Fristende

  • Widerrufsrecht endet grundsätzlich 14 Tage nach Beginn der Widerrufsfrist;
  • bei fehlerhafter Widerrufsbelehrung: Verlängerung der Widerrufsfrist auf maximal 12 Monate nach Ablauf der eigentlichen Widerrufsfrist;
  • insgesamt mögliche Frist: 12 Monate und 14 Tage;
  • das „unendliche Widerrufsrecht“ entfällt, § 356 Absatz 3 BGB n.F.;
  • bei Nachholung der Belehrung über das Widerrufsrecht innerhalb der 12 Monate beginnt die Widerrufsfrist ab diesem Zeitpunkt.

Nicht verwechselt werden sollten das Ende der Widerrufsfrist und das vorzeitige Erlöschen des Widerrufsrechtes (zum Beispiel wenn eine Dienstleistung vollständig erbracht wurde oder digitale Inhalte verkauft werden).

VII. Rechte und Pflichten nach Ausübung des Widerrufsrechts

1. Rücksendepflicht des Verbrauchers

Aus § 357 Abs.1 BGB n.F. ergibt sich: Sofern keine Abholung durch den Unternehmer in der Widerrufsbelehrung formuliert ist, ist der Verbraucher verpflichtet, die Waren ohne unnötige Verzögerung und in jedem Fall spätestens binnen 14 Tagen ab Widerruf zurückzusenden.

  • Bei nichtpaketversandfähigen Waren ist Spedition zu beauftragen.
  • Die Rücksendung der Ware erfolgt in einer geeigneten Verpackung.
  • Die Verwendung der Originalverpackung ist keine Voraussetzung.
  • Die Kosten der Rücksendung trägt der Verbraucher nur dann, wenn er darüber im Rahmen der Widerrufsbelehrung vom Unternehmer informiert wurde.
  • Gefahr des Verlustes oder Beschädigung auf dem Transportweg liegt beim Unternehmer.
  • Diese Verpflichtung entfällt nach § 357 Abs. 5 BGB n.F., wenn der Unternehmer seinerseits die Abholung der Ware angeboten hat.

2. Rückzahlungsfrist

Die Kaufpreiserstattung hat unverzüglich, spätestens binnen 14 Tagen ab Widerruf zu erfolgen, § 357 Abs.1 BGB n.F. Der Unternehmer kann mit dem Verbraucher aber eine abweichende Vereinbarung treffen, wenn dem Verbraucher dafür keine Kosten entstehen, § 357 Abs. 2 BGB n. F.

  • Der Unternehmer muss die Rückzahlung unter Verwendung desselben Zahlungsmittels vornehmen, das vom Verbraucher bei der ursprünglichen Transaktion eingesetzt wurde,, zum Beispiel ist eine Überweisung auch durch eine Überweisung zurückzuerstatten, § 357 Absatz 3 BGB n.F.
  • Bei Zahlung per Lastschrift ist das Geld wieder zurück zu überweisen, da Lastschriftermächtigung für Verbraucher zu umständlich ist.
  • In Bezug auf Rückzahlung des Betrages sind abweichende individuelle Vereinbarungen möglich (nicht in den AGB, da diese gerade nicht individuell).
  • Die Rückzahlungspflicht umfasst auch Standard-Hinsendekosten.
  • Ausgeschlossen ist lediglich die Rückzahlung von Mehrkosten, die auf Wunsch des Verbrauchers entstanden sind, zum Beispiel Kosten für eine Express-Lieferung.

3. Unternehmer trägt die Lieferkosten

  • Verpflichtung ist in § 357 Abs. 2 BGB n.F. gesetzlich geregelt: Unternehmer hat gesetzlich die Kosten der Lieferung zu erstatten.
  • Dies gilt nur bis zur Höhe einer günstigen Standardlieferung. Soweit der Verbraucher teurere Versandarten wie Express-Lieferung usw. beim Kauf gewählt hatte, trägt er die Differenz zu den Kosten der Standardlieferung.
  • Gemäß § 357 III BGB n.F. hat die Rückerstattung der Lieferkosten grundsätzlich mit demselben Zahlungsmittel zu erfolgen, das der Verbraucher selbst bei der Zahlung verwendet hat. Damit soll ausgeschlossen werden, dass der Unternehmer anstelle der zuvor gewählten Zahlungsart lediglich Gutscheine ausstellt.
  • Sofern dem Verbraucher keine Zusatzkosten entstehen kann von dieser Regelung vertraglich abgewichen werden.

4. Verbraucher oder der Unternehmer tragen die Rücksendekosten

  • Nach § 357 Abs. 6 BGB n. F. trägt grundsätzlich der Verbraucher die Kosten der Rücksendung, wenn der Unternehmer den Verbraucher entsprechend vorab unterrichtet hat und der Unternehmer sich nicht bereit erklärt hat, diese Kosten zu übernehmen.
  • Die „40-Euro-Klausel“ (‚Auferlegen der Rücksendekosten bis zu einem Warenwert von 40 Euro) entfällt.
  • Bei Rücksendekosten kommt es nicht mehr darauf an, welchen Warenwert der Artikel hat.
  • Das neue Muster der Widerrufsbelehrung sieht dort vor, dass Unternehmer eine Entscheidung über die Rücksendekosten treffen und den Verbraucher entsprechend belehren muss.

5. Zurückbehaltungsrecht

a) Allgemeines

  • Rückgewährpflicht ergibt sich nicht „Zug-um-Zug“, d.h. Widerruf und Rücksendung müssen und können nicht gleichzeitig erfolgen.
  • Verbraucher ist vorleistungspflichtig, d.h. er muss erst einen Widerruf erklären.
  • Unternehmer darf die Rückzahlung anschließend so lange verweigern, bis er die Waren zurückerhalten hat oder der Verbraucher den Nachweis erbracht hat, dass er die Waren abgesandt hat (zum Beispiel durch Einlieferungsbeleg), § 357 Abs.4 BGB n.F.

b) Beweislast

  • Der Unternehmer muss alle Tatsachen beweisen, aus denen er die Nichteinhaltung der Widerrufsfrist herleiten will, insbesondere die Verwendung und Übersendung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung.
  • Der Verbraucher trägt die Beweislast für seinen Widerruf (inhaltlich, rechtzeitige Absendung und Zugang des Widerrufs).

6. Wertersatz im Widerrufsfall

Das Widerrufsrecht wird nicht generell bei Benutzung des Artikels ausgeschlossen. Folge: Der Verbraucher darf Produkte „testen“ wie beim stationären Handel.

  • Der Verbraucher kann – außer bei Vorliegen eines Ausschluss- und Erlöschengrundes – weiterhin sein Widerrufsrecht ausüben.
  • Bei Widerruf stellt sich dann Frage des Wertersatzes:

a) Wertersatz bei Waren

Neue Rechtslage: Verbraucher soll Unternehmer nur noch einen Wertersatz für einen Wertverlust der Ware leisten; zwischen Wertminderung und Verschlechterung gibt es keine Abgrenzung.

Wortlaut der neuen Regelung (§ 357 Absatz 7 BGB n.F.):


(7) Der Verbraucher hat Wertersatz für einen Wertverlust der Ware zu leisten, wenn
1. der Wertverlust auf einen Umgang mit den Waren zurückzuführen ist, der zur Prüfung der Beschaffenheit, der Eigenschaften und der Funktionsweise der Waren nicht notwendig war, und
2. der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche über sein Widerrufsrecht unterrichtet hat.

Die Beurteilung nach „Ob“ des Wertersatzes und der Höhe des Wertersatzes ist im Einzelfall zu entscheiden. Insbesondere ist zu entscheiden, wann eine über die Prüfung hinausgehende Verwendung der Ware vorliegt, die zum Wertersatz berechtigt.

b) Wertersatz bei Dienstleistungen

§ 357 Absatz 8 n.F.:


(8) Widerruft der Verbraucher einen Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen oder über die Lieferung von Wasser, Gas oder Strom in nicht bestimmten Mengen oder nicht begrenztem Volumen oder über die Lieferung von Fernwärme, so schuldet der Verbraucher dem Unternehmer Wertersatz für die bis zum Widerruf erbrachte Leistung, wenn der Verbraucher von dem Unternehmer ausdrücklich verlangt hat, dass dieser mit der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt. Der Anspruch aus Satz 1 besteht nur, wenn der Unternehmer den Verbraucher nach Artikel 246a § 1 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 und 3 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ordnungsgemäß informiert hat. Bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen besteht der Anspruch nach Satz 1 nur dann, wenn der Verbraucher sein Verlangen nach Satz 1 auf einem dauerhaften Datenträger übermittelt hat. Bei der Berechnung des Wertersatzes ist der vereinbarte Gesamtpreis zu Grunde zu legen. Ist der vereinbarte Gesamtpreis unverhältnismäßig hoch, ist der Wertersatz auf der Grundlage des Marktwerts der erbrachten Leistung zu berechnen.

(aa) Voraussetzung für Wertersatz: ausdrückliches „Leistungsverlangen“ des Verbrauchers (Früher: bloße Zustimmung zur Lieferung schon innerhalb der Widerrufsfrist):

  • Verbraucher muss ausdrücklich verlangt haben, dass der Unternehmer vor Ende der Widerrufsfrist mit der Leistungserbringung beginnt;
  • Leistungsverlangen kann nicht durch AGB fingiert werden;
  • Unternehmer muss Verbraucher ordnungsgemäß über Folgendes informieren:
    1. Über die Bedingungen, die Fristen und das Verfahren für die Ausübung des Widerrufsrechts sowie das Muster-Widerrufsformular und
    2. darüber, dass der Verbraucher dem Unternehmer bei einem Vertrag über die Erbringung von Dienstleistungen, einen angemessenen Betrag für die vom Unternehmer erbrachte Leistung schuldet, wenn der Verbraucher das Widerrufsrecht ausübt, nachdem er auf Aufforderung des Unternehmers von diesem ausdrücklich den Beginn der Leistung vor Ablauf der Widerrufsfrist verlangt hat. (Erfüllung der Informationspflichten durch Vorhalten einer vollständigen Widerrufsbelehrung im Shop und Möglichkeit zur Kenntnisnahme vor Vertragsschluss).

Beispielmuster zur Zustimmung zum Beginn der Ausführung des Vertrages und Bestätigung der Kenntnisnahme über Verlust des Widerrufsrechts: „Ich stimme ausdrücklich zu, dass Sie vor Ablauf der Widerrufsfrist mit der Ausführung des Vertrages beginnen. Mir ist bekannt, dass ich durch diese Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrages mein Widerrufsrecht verliere.“

(bb) Beweislast

  • Unternehmer muss ausdrückliches Leistungsverlangen des Verbrauchers beweisen, (ggf. deren Übermittlung auf einem dauerhaften Datenträger, die ordnungsgemäße Belehrung und den Umfang der Leistungserbringung).
  • Ausdrückliches Leistungsverlangen sowie die Bestätigung der Kenntnisnahme der Belehrung kann bspw. mit Abhaken einer Bestätigung („Opt-in“) realisiert werden.

(cc) Berechnung des Wertersatzes

  • Zugrunde zu legen ist der vereinbarte Gesamtpreis und nicht der objektive.
  • Bei Unverhältnismäßigkeit gilt der übliche Marktwert.

b) Wertersatz bei digitalen Inhalten auf einem nichtkörperlichen Datenträger

  • Gesetzliches Widerrufsrecht auch beim Kauf digitaler Inhalte auf nichtkörperlichen Datenträgern;
  • Unternehmer kann das eingeräumte Widerrufsrecht jedoch durch bestimmte gesetzlich vorgegebene Maßnahmen wieder zum Erlöschen bringen;
  • Widerruft Verbraucher Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten, so hat er keinen Wertersatz zu leisten, 357 Absatz 9 BGB n.F. Konnte der Online-Händler das Widerrufsrecht also nicht zum Erlöschen bringen, verbleibt es beim regulären Widerrufsrecht.

Konsequenz: Verbraucher könnten die digitalen Inhalte auf einem nicht körperlichen Datenträger erwerben und nach vollständigem Download (zum Beispiel Herunterladen und sogar Lesen des E-Books, Streamen von Inhalten) trotzdem ein Widerrufsrecht ausüben. Widerruft der Verbraucher in einem solchen Fall, so hat er nach § 357 Absatz 9 BGB n.F. trotzdem keinen Wertersatz zu leisten.

Problem: zwar muss das Geld zurückgezahlt werden, der Unternehmer erhält jedoch keinen Wertersatz für die Nutzung des digitalen Inhaltes. De facto hat der Unternehmer seine Ware „verschenkt“.

Lösungsvorschlag:

  • Unternehmer sollte sich die Zustimmung und Bestätigung der Kenntnisnahme zum Erlöschen der Widerrufsfrist unbedingt verschaffen, denn auf andere Weise erlischt das Widerrufsrecht nicht.
  • Die Zustimmung zum Beginn der Vertragsausführung schon innerhalb der Widerrufsfrist und die Bestätigung der Kenntnisnahme sollte schon auf der Bestellseite abgefragt werden.
  • Der Text muss vom Verbraucher bestätigt werden (zum Beispiel in Form einer nicht vorangekreuzten Checkbox oder indem man den Registrierungslink mit einem entsprechenden Hinweis versieht).
  • Dieser Text sollte nicht mit anderen Texten – wie der Bestätigung der Kenntnisnahme von AGB oder Widerrufsbelehrung – verknüpft werden.

VII. Vertiefung: Digitale Inhalte

Neu ist, dass das Fernabsatzrecht nun zwischen Waren, Dienstleistungen und digitalen Inhalten unterscheidet. „Digitale Inhalte“ sind Daten, die digital hergestellt und bereitgestellt werden. Unter digitalen Inhalten, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, fallen Software-, Musik- und Video-Downloads (auch Streaming), Dateien, die per Mail verschickt werden, Apps, Online-Games oder eBooks.

Bei Verträgen über digitale Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger geliefert werden, gilt:

  • grundsätzliche Widerrufsfrist: 14 Tage;
  • Fristbeginn: Frist beginnt am Tag des Vertragsschlusses zu laufen.

1. Widerrufsrecht eingeführt

Früher: keine explizite gesetzliche Regelung zum Widerrufsrecht beim Verkauf von digitalen Waren auf nichtkörperlichen Datenträgern.

Das Widerrufsrecht wurde verneint,

  • wenn der digitale Inhalt auf dem nichtkörperlichen Datenträger zur Verfügung gestellt wurde (§ 312 d Absatz 4 Nr. 1 Alt. 3 BGB alte Fassung) nahm man den gesetzlichen Ausschlusstatbestand „auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet“ an.
  • Dieser Ausschlusstatbestand ist entfallen.
  • Verbrauchern steht jetzt beim Kauf digitaler Inhalte auf nichtkörperlichen Datenträgern ein gesetzliches Widerrufsrecht zu.

2. Beginn der Widerrufsfrist

  • Verkauf digitaler Inhalte auf körperlichen Datenträgern wie auf CD oder DVD wird als regulärer Warenverkauf betrachtet (vgl. auch Erwägungsgrund 19 der Verbraucherrechterichtlinie)
  • Widerrufsfrist beginnt mit der Lieferung der Sache, § 356 Absatz 2 Nr. 1 BGB n.F.

Rechtlich lässt sich der Verkauf digitaler Inhalte, die nicht auf einem körperlichen Datenträger bereitgestellt werden, weder als Kaufvertrag noch als Dienstleistungsvertrag einordnen.

Die Konsequenz: Der Kauf von digitalen Inhalten auf nichtkörperlichen Datenträgern kann auch nicht als Verbrauchsgüterkauf eingeordnet werden.

Die Folge: Die Widerrufsrist beginnt schon mit Vertragsschluss, vgl. § 356 Absatz 2 Nr. 2 BGB n.F.

3. Erlöschen des Widerrufsrechtes

Der Online-Händler kann das eingeräumte Widerrufsrecht jedoch durch bestimmte gesetzlich vorgegebene Maßnahmen wieder zum Erlöschen bringen.

§ 356 Absatz 5 BGB n.F. regelt hierzu wie folgt:
„Das Widerrufsrecht erlischt bei einem Vertrag über die Lieferung von nicht auf einem körperlichen Datenträger befindlichen digitalen Inhalten auch dann, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher
1. ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt und
2. seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrags sein Widerrufsrecht verliert.“

Über die Autorin:
Simone Rosenthal ist Rechtsanwältin und arbeitet in der Berliner Kanzlei Schürmann Wolschendorf Dreyer.