Worum geht es bei Ihrer Idee?
FANDRICH: Wir wollten den Prozess der Marktforschung, der von der Fragestellung über Datenerhebung und -analyse bis zum Ergebnis geht, eindampfen zu einem kurzen automatisierten Prozess. Und zwar so, dass man zum „Gold Nugget“ der Customer Insights in wenigen Tagen statt in Wochen oder Monaten kommen kann.
Wie sind Sie darauf gekommen?
FANDRICH: Lucas und ich haben in Kiel quantitatives Marketing studiert, ein Fach, das sich darauf fokussiert hat, Marketingentscheidungen datengetrieben zu treffen. Das hat mir viel Spaß gemacht und ich bin zunächst auch als PhD an der Uni geblieben. Promoviert habe ich im Bereich Marketing und quantitative Methoden. Wir wollten immer schon etwas zusammen auf die Beine stellen, waren aber zunächst noch auf der Suche nach der zündenden Idee. Uns ist bei der Arbeit an der Promotion ein großer pain point in der Marktforschung aufgefallen: Vieles ist wiederholende Rechnerei, dauert viel zu lange, macht keinen Spaß und ist ineffizient. Was wir jahrelang händisch gemacht haben, müsste man doch automatisieren können.
Dazu braucht es aber auch softwaretechnisches Know-how?
BREMER: In der Promotion habe ich mich mit dem Konsumentenverhalten auseinandergesetzt und Verfahren und Methoden angewendet, die unter anderem vom MIT kamen. Dazu musste ich die quasi nachprogrammieren, um Entscheidungsprozesse von Kunden abzubilden und vorauszusagen sowie zu ermitteln, wie gut solche Modelle tatsächlich funktionieren. Und an der Columbia University in New York habe ich vertieft, wie man statistische Methoden in Code überträgt. Der Aufenthalt war für mich ein Meilenstein. Er hat meine Leidenschaft für automatisierte Consumer Insights geweckt.
Von Leidenschaft und Vision bis zum konkreten Produkt ist es aber nicht leicht, was war der erste Schritt?
FANDRICH: All die zeit- und kostenintensiven Prozesse, die in der Marktforschung wiederkehrend stattfinden wie etwa Datenerhebung, -aufbereitung, -analyse, -visualisierung lassen wir Maschinen machen. Das war die Vision 2013. Um das zu einem Produkt zu machen, haben wir dann einen EXIST-Antrag beim BMWi, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gestellt und eine Ein-Jahres-Förderung bekommen.
BREMER: Mit den Mitteln aus der EXIST-Förderung haben wir uns Unterstützung geholt, unter anderem für die Webprogrammierung, um einen Prototyp zu bauen. Dann sind wir so schnell wie möglich damit rausgegangen, um Pilotkunden zu suchen und unsere erste Version in der Praxis zu testen. Das war unser „Proof of Concept“.
Wie sind Sie denn an mögliche Kandidaten gekommen?
BREMER: Dabei half uns mein Doktorvater Mark Heitmann, der sein Netzwerk aktivierte. Uns ist es dabei gelungen, auch schon mit dem Prototypen Geld zu verdienen. Das steckten wir direkt in die Entwicklung. Einer der ersten Pilotkunden war Peter Aschmoneit, damals CMO der Fuchs Gewürze Gruppe, dem weltweit zweitgrößten Gewürzunternehmen mit weltweit über 80 Marken.
Wie kam das bei Ihnen an, Herr Aschmoneit?
ASCHMONEIT: Wir haben über das Tool eine Conjoint-Analyse zu einem unserer Innovationsprojekte der Marke Ostmann gestartet. Und zunächst dachte ich, dass wir – wie bei klassischen Instituten – jetzt ein paar Wochen auf die Resultate warten, um zu wissen, welche Produkteigenschaften unsere Kunden besonders schätzen. Die Ergebnisse kamen in vier Tagen. Und nicht wie üblich als Powerpoint-Charts, sondern in Dashboard-Form online: So konnten wir „per klick“ Simulationen durchführen, ich konnte sehen, was passiert, wenn der Mitbewerber den Preis ändert oder wie sich verschiedene Claims auf potentielle Marktanteile auswirken. Das hat mich vom Stuhl gerissen.
Und zwar so, dass Sie Ihren Job aufgaben, um dabei zu sein…
ASCHMONEIT: Genau. Ich bin dann gleich im Dezember 2014 dazugestoßen, weil wir drei uns so gut ergänzen. Tom und Lucas von den Methoden und Analysen her – ich von der Marketing-Praxis. Diese Welt des Marketings kenne ich gut, denn ich bin den klassischen Karriereweg eines Marketers gegangen: Trainee bei Unilever mit Marken wie Bertolli und Lipton und später dann Key Account Manager für Kunden wie Lidl. Danach wechselte ich zu Danone, übernahm als Marketingmanager so ziemlich alle Joghurtmarken von Actimel bis zu Activia und war dort zuletzt Marketingdirektor Nordeuropa, bevor mich der Ruf als CMO zu der Fuchs Gewürze Gruppe lockte. Da traf ich dann auf quantilope und dachte: Wenn wir es schaffen, das Automatisierungs-Konzept nicht nur bei der Conjoint-Methode, sondern auch bei allen anderen Fragestellungen anzuwenden, dann revolutionieren wir die Marktforschung.
Dazu braucht man allerdings belastbare Unternehmensstrukturen, nicht wahr?
FANDRICH: Ja, nach Ablauf der EXIST-Förderung haben wir Anfang 2015 einen neuen Businessplan geschrieben, um eine Seed-Finanzierung zu erhalten. Dabei hat uns natürlich geholfen, dass wir schon mit dem unserem Prototyp zahlende Kunden gewinnen konnten.
BREMER: Die Finanzierung haben wir mit Erfolg eingesammelt, so dass wir quantilope gezielt ausbauen konnten. Und Ende 2016 sind wir noch einen Schritt weiter gegangen und es gelang uns, größere Venture-Capital-Geber von uns zu überzeugen. Für uns war das ein weiterer Meilenstein, denn Firmen, die Risikokapitel vergeben, prüfen nach strengen Kriterien. Mit Senovo und Surplus haben wir zwei sehr professionelle Investoren gewonnen, die sich im Business-SaaS-Softwaregeschäft auskennen, an uns glauben und uns auf dem weiteren Weg begleiten.
Es scheint, als überzeuge Ihre Software immer mehr Praktiker?
ASCHMONEIT: In der Tat. Wir kommen voran, legen Methode um Methode zu, haben inzwischen mehr als 30 automatisierte Marktforschungstools von Pricing-Fragestellungen, Brand Image Messungen bis hin zu impliziten Methoden und Conjoint. Wir sind mittlerweile 35 Mitarbeiter. Wir wachsen weiter, und sind gerade in ein noch größeres Office umgezogen. Derzeit planen wir, unseren Umsatz von Jahr zu Jahr zu verdreifachen. Aktuelle Bestseller sind neue Tools zur impliziten Marktforschung. In diesem Bereich arbeiten wir mit unserem Partner Decode zusammen, der jahrelange, maßgebliche Erfahrungen aus der Neurowissenschaft einfließen lässt.
Aber die Praxisrelevanz bleibt?
ASCHMONEIT: Natürlich. Gerade die Ergebnisse impliziter Methoden sind wichtig, um Unternehmen Erkenntnisse in die Hand zu geben, damit sie ihre Marke emotional erfolgreich steuern können und ständig wissen, wie sie sich in ihrer Kategorie noch relevanter positionieren können. Als ehemaliger CMO hätte ich mir die Hände nach solchen professionellen und schnellen Tools gerieben, die mich und meine Marketingabteilung einfach ständig in die Köpfe der Konsumenten sehen lassen. Das hätte mir extrem geholfen, meine Wachstumsstrategien noch effektiver zu verwirklichen.