„Damit begonnen, das Geschäftsmodell aufzubrechen“: Die Reaktionen auf die Facebook-Kartellentscheidung

Es war ein Schuss vor den Bug: Das Bundeskartellamt hat Facebook vergangene Woche die Datensammlung außerhalb des Online-Netzwerks – zum Beispiel mit dem Like-Button – untersagt, weil es darin einen unfairen Wettbewerb sieht. Die Reaktionen fallen eindeutig aus: Politik und Branchenexperten beklatschen die Entscheidung, ahnen aber auch, dass sie Facebook auf der anderen Seite des Atlantiks relativ kalt lassen dürfte.
Facebook-Chef Mark Zuckerberg (l) und Justizministerin Katarina Barley

Das wegweisende Verbot des Bundeskartellamts, Nutzerdaten auf Dritt-Websites zu sammeln und diese mit dem Facebook-Profil zusammenzuführen, schlägt in der Politik und in den Medien hohe Wellen. „Das Kartellrecht verbietet, dass ein marktmächtiges Unternehmen seine Kunden ausbeutet“, bewertet der Kartellrechtsexperte Prof. Dr. Rupprecht Podszun die „spektakuläre Entscheidung“, die den „Silicon-Valley-Giganten ins Herz seines Geschäftsmodells trifft“.

Aus der Politik bekam das Bundeskartellamt erwartungsgemäß viel Beifall. „Gegen den Missbrauch von Datenmacht müssen wir konsequent vorgehen“, erklärte Bundesjustizministerin Katarina Barley. „Facebook sammelt Nutzerdaten weit über die eigene Plattform hinaus. Das geht so nicht. Richtige Entscheidung!“, twitterte Barley.

Joachim Pfeiffer, wirtschaftspolitischer Sprecher von CDU/CSU, äußert sich unisono: „Das Bundeskartellamt hat das erkannt und der Sammelwut von Facebook nun Einhalt geboten. Das ist richtig und wichtig. Denn auch im Internet sind Monopole nicht ratsam. (…) . Es war höchste Zeit, dem Datenabfluss einen Riegel vorzuschieben und die Reichweite und den Einfluss des Netzwerks durch Drittanbieter zu begrenzen.“

„Facebook hätte nie WhatsApp kaufen dürfen“

Katharina Dröge, bei den Grünen Sprecherin für Wettbewerbspolitik, verband ihre Zustimmung für das kartellrechtliche Verbot mit einer weiteren Forderung.  „Diese Entscheidung zeigt auch nochmal, wie falsch die Genehmigung der Fusionen von Facebook mit diesen Diensten war. Hier gibt es weiterhin Nachschärfungsbedarf bei der Fusionskontrolle – auch auf EU-Ebene Facebook hätte nie WhatsApp kaufen dürfen“, twitterte sie.

„Das ist noch kein Aufbrechen, aber es erhöht eindeutig den Druck“

„In vielerlei Hinsicht haben sie (die Kartellwächter – A.d.R.) damit begonnen, Facebooks Geschäftsmodell aufzubrechen, in dem sie einschränken,  wie Geschäfte machen durften, wie die verschiedenen Dienste miteinander vernetzt sind“, sieht  Anu Bradford, Professor an der Columbia Law School, gegenüber CNN bereits erheblicher Folgen auf das weltgrößte Social Network zukommen. „Das ist noch kein Zerfall, aber es erhöht eindeutig den Druck“.

Martin Fehrensen vom Social Media Watchblog sieht das dagegen weniger dramatisch: „Der Wind weht Mark Zuckerberg mittlerweile schon kräftig ins Gesicht, zumindest in Deutschland und Europa. Ich glaube aber, der spürt das gar nicht. Es ist ja noch ein Ozean dazwischen“, erklärt Fehrensen Watson. Anfallende Strafen dürfte der Social Media-Gigant „einfach weglächeln“.

„Was sie von uns nicht hören, sind spektakuläre Bußgelder“

Was Fehrensen meinen dürfte: Die Konsequenzen dürften für Mark Zuckerberg einmal mehr Spielgeld sein. So beläuft sich das Bußgeld im Verstoßfall maximal im zweistelligen Millionenbereich. „Ziel des Verfahrens ist, dass Facebook sein Geschäftsmodell anpasst. Was sie von uns nicht hören, sind spektakuläre Bußgelder“, erklärte der Präsident des Bundeskartellamts, Andreas Mundt. Zudem ist der Kartellentscheid noch nicht rechtskräftig.

Die Verbesserungen für Nutzer könnten sich zudem schnell im Sand verlaufen. „Auch im Fall der jetzt angefochtenen Datensammlung von Facebook wird es letztlich am Nutzer selbst hängen, ob er die für ihn richtige oder nur die erstbeste Option anklickt, um schnell wieder seine Ruhe beim Chatten oder Foto-Liken zu haben“, mahnt Spiegel Online-Redakteur Markus Böhm an. „Vorgaben wie die des Kartellamts bieten Nutzern die Chance auf den sprichwörtlichen Elfmeter ohne Torwart – von allein landet der Ball aber nicht im Tor.“