Creative Data: Mehr als nur Wetter-Targeting

Alle bemühen sich derzeit um First Party Daten, bauen Nutzerprofile und aggregieren Personas. Der Flaschenhals scheint zur Zeit aber auf der anderen Seite zu liegen, nämlich bei der Nutzung dieser Daten. Fünf Beispiele zeigen, was heute mit Targeting und Datenintegration in die Werbemittel möglich ist.
Daten sammeln ist das eine, der kreative Einsatz aber nicht weniger wichtig. (© Imago)

Performance: Der richtige Zeitpunkt

Dass ein Streaming-Anbieter sein Geld nicht mit Abos verdient, sondern mit Geräten, auf denen der eigene Service vorinstalliert ist, ist bereits ein origineller Ansatz. Dass Menschen, die sich für den Kauf eines neuen TV-Geräts interessieren, als Zielgruppe in Betracht kommen, liegt nahe. Aber woher erfährt der Marketer von dieser Kaufabsicht und wie positioniert er das erklärungsbedürftige Produkt im kleinen Zeitfenster zwischen Absichtserklärung und Kauf?

Der Streaming Service, dessen Name nicht genannt werden darf, ließ zwei Maschinen gegeneinander antreten, um herauszufinden, wo und wann man die Kaufinteressenten am besten erreicht: Die klassische DSP (Demand Side Platfom) kaufte Inventar bei unterschiedlichen Publishern. Dagegen wurde die neue Technologie von eBay namens eAAT (eBay Advanced Audience Technology) getestet. Letztere rühmt sich, in Echtzeit auf geäußerte Kaufabsichten der Nutzer reagieren zu können.

Im Ergebnis übertraf das Echtzeit-Targeting bei Ebay den breiteren DSP-Ansatz in allen Kategorien. Der Streaming Service gibt an, nur zwei Drittel der Kosten pro Neuvertrag gehabt zu haben und das bei einer fast doppelten Klickrate.

Audio: Die richtige Gemütslage

Spotify bietet seinen Werbekunden an, auf die „Stimmung“ beim Nutzer zu reagieren. Idealerweise soll ein Audiospot zur aktuellen Playlist passen.

Snickers machte es genau andersherum. Immer wenn ein User einen Genre-Wechsel bei den abgespielten Musikstücken vornahm, spielte man den aktuellen Snickers-Claim „Du bist nicht du selbst“ ein und forderte den Hörer mit mehr oder weniger drastischer Sprache dazu auf, erst einen Schokoriegel zu essen, und dann zu sich selbst zurückzukehren.

Performance-Zahlen will Snickers nicht nennen, aber dafür sammelte der kreative Ansatz jede Menge Awards ein.

Social: Die Zielgruppe besser verstehen

Normalerweise nutzt man Ad Verification Tools wie IAS (Integral Ad Science), um zu sehen, ob die Ad-Ausspielungen auch dem entsprechen, was man gebucht hat. Nur sehr kluge Marketer stellen sich bei schlechter Performance auch die Frage, ob es vielleicht am Creative liegen kann. Ubisoft, der Spieleanbieter aus Canada, hat das für sein Tanzspiel „Just Dance“ gemacht.

Die gemessene Viewability der langen Video-Clips blieb auf Instagram bei der Zielgruppe signifikant unter dem Branchendurchschnitt. Statt die Frequenz teuer zu erhöhen, produzierte man neue, kürzere Clips und siehe da: Die Sichtbarkeitsrate stieg um 450 Prozent. Gleichzeitig erkannte man, dass zwei klar definierbare Teilsegmente innerhalb der Zielgruppe sich sehr unterschiedlich verhielten. Diese Daten flossen in die eigene Business Intelligence ein, so dass bei der nächsten Kampagne beide Teilsegmente mit unterschiedlichem Content bespielt wurden.

Awareness: Nur eine Plattform, die aber richtig

Aus den vorhergehenden Kampagnen hatte Samsung gelernt, dass Twitter vor allem in der ersten Ankündigung neuer Produkte gut funktioniert. Das überdurchschnittliche Einkommen der Nutzer gepaart mit dem Trend-Fokus der Nachrichtenplattform passt exzellent, wenn man ein hochwertiges und innovatives Telefon vorstellt wie das faltbare Galaxy ZFlip.

Also gingen die Koreaner in die Vollen. Am 11. Februar übernahmen sie nicht nur den Werbeplatz „First View“, der bei den Nutzern in der Twitter-Timeline ganz oben eingeblendet wird, sondern schaltete zusätzlich auch noch im neuen Format „Promoted Trend Spotlight“, dass den Nutzern angezeigt wird, wenn sie über das Tab „Erkunden“ nach spannenden Trends suchen. Für den ganzen Tag buchte Samsung diese Flächen, um maximale Aufmerksamkeit auf das neue Produkt zu lenken.

Der Einsatz lohnte sich zumindest aus Perspektive der Reichweite. Die Video-Views konnten verdoppelt werden und auch die virale Wirkung des Hashtags stieg um rund 23 Prozent. Was man bei Samsung allerdings nicht verrät, ist, was der Spaß gekostet hat. Insofern wird man erst bei der nächsten Launch-Kampagne sehen, ob der ROAS (Return on ad spend) noch stimmt.

E-Commerce: Fortlaufende Optimierung

Wer sich in ein neues Umfeld vorwagt, ist froh darüber, wenn er damit nicht endlos viele Ressourcen verbrennt, denn der Ausgang des Experiments ist unsicher. So ging es dem Automobilzulieferer Hella. Der Vertrieb von Leuchten und Scheinwerfern über Amazon ist ein noch junges Feld. Aber klar ist: Ohne Advertising funktioniert Amazon kaum noch. Zu hoch ist die Wettbewerbsdichte.

Also entschied sich Hella für eine Automatik. Mit der KI von Adspert werden die Sponsored Listings permanent vollautomatisch optimiert. Die Marketer beim Zulieferer geben den Plan und das Budget vor und optimieren an einzelnen Stellen, den Rest macht die Maschine. Hellas Director Consumer Business, Sebastian Dubbert, stellt fest: „Mit dem gleichen Arbeits- und Ressourcenaufwand können wir so nun um ein Vielfaches bessere Ergebnisse vorweisen.“

Das Tool optimiert die gebuchten Keyword-Listen anhand des Such- und Klickverhaltens der User. Bei der einzelnen Ausspielung nimmt das Werbemittel auch Bezug auf den Verlauf im Account des Nutzers und ist damit unter anderem in der Lage, die zum Fahrzeug des Kunden passenden Produkte anzuzeigen, selbst wenn dieser generisch gesucht hat. In der Testphase konnte Hella Anfang dieses Jahres seinen Amazon-Umsatz in den USA, Mexico und Deutschland mehr als verdoppeln. Heute, im Dauerbetrieb, findet das Tool im Durchschnitt jeden Tag zehn neue Keywords, auf die man bieten sollte.