Besorgnis um Bionade unter Oetker

„Alarm im Bionade-Land“ titelte jetzt die Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung im Wirtschaftsteil als Refrain eines Abgesangs auf eine einst groß gefeierte Marke. Die Ökobrause aus der Rhön habe einen fulminanten Start hingelegt. Doch dann sei der Bielefelder Lebensmittelkonzern Dr. Oetker beim Mittelständler eingestiegen. Unter dem neuen Eigentümer gehe es bergab: Bionade habe zwei Drittel des Absatzes verloren. Auch sonst seien die Entwicklungen rund um die ehemals erfolgreiche Senkrechtstarter-Getränkemarke überaus bedenklich bis bedrohlich.

Peter Kowalsky, der für Bionade verantwortliche Braumeister aus der Rhön, habe seinerzeit für das neue Getränk viele Auszeichnungen eingeheimst, sei als Ökomanager des Jahres 2007 gefeiert worden, als Mittelständler des Jahres und als grandioser Marketingmann. Von Ehrung zu Ehrung sei der blond gelockte Jungunternehmer getingelt: Großkonzerne und Milliardäre hätten ihn als erfrischenden Gastredner gebucht, Minister goutierten bei Brauereibesuchen seine Brause. Kurzum: „Deutschland schwelgte im Bionade-Rausch“, wie es im FAS-Artikel heißt. Selbst Daimler-Chef Dieter Zetsche habe geschwärmt, die Marke stehe für Spaß und Öko, für Luxus und Coolness: „Da wollen wir mit Mercedes auch hin.“

Keine vier Jahre später sei nicht mehr viel übrig von dem Ruhm. Der Brause sei der Rausch nicht gut bekommen, der Absatz breche ein. Obwohl die ökologisch korrekte Klientel in ihrem Streben nach moralisch einwandfreiem Konsum weiter wachse, spiele Bionade keine große Rolle mehr. „Wut und Frust“ regierten am Stammsitz der Limo. Still sei es geworden um Braumeister Peter Kowalsky – „keine Preise mehr, keine Talkshows, keine Heldengeschichten: Die Bionade ist abgestürzt.“

Der Lebensmittelkonzern Dr. Oetker habe sich viel von dem Einstieg und der Investition versprochen. Doch schon zuvor war nach einer happigen Preiserhöhung, die ungeschickt als Premiumaufschlag bezeichnet worden sei, die Absatzkurve erstmals eingeknickt. Der Schaden sei schnell zu beheben, hätten die Oetker-Manager gedacht und Rhönsprudel knapp 30 Millionen Euro für den Eintritt ins Bionade-Land überwiesen.

Heute gehöre Dr. Oetker 70 Prozent an der Brause, so die FAS, die restlichen 30 Prozent teilten sich die Brüder Peter und Stephan Kowalsky. Das Kalkül der Bielefelder: Die junge Bionade soll die konzerneigene Getränkesparte Radeberger auffrischen und so das rückläufige Biergeschäft auffangen. „Ein paar Millionen für die Werbung, dazu die starke Vertriebsmacht im Rücken: Und aufwärts geht es mit der Biobrause“, so habe man in der Konzernzentrale offensichtlich gedacht.

Diese Träume seien geplatzt, trist stelle sich die Wirklichkeit in Ostheim dar: Das Leergut stapele sich am Straßenrand entlang der Brauerei, dort wo früher oft Lastwagen geparkt hätten, bis sie Nachschub laden konnten. Neue Bionade-Mitarbeiter, die von der Aufbruchstimmung aus Großstädten in die Provinz gelockt wurden, hätten mittlerweile gekündigt.

Die Erlöse hätten sich verflüchtigt, zwei Drittel des Absatzes seien verloren gegangen: Statt 200 Millionen Flaschen im Jahr würden nur noch 60 Millionen abgefüllt. Die Tendenz beim Absatz sei weiter sinkend.

Als Gründe führt der FAS-Beitrag auf das Aufkommen von neuen Alternativ-Limos wie Fritz-Kola und anderen Brausen. Getränkeexperte Günter Birnbaum führt dort zudem den ungesunden Einstieg von Oetker ins Feld: „Mit dem großen Namen im Rücken sind Werte wie Glaubwürdigkeit nicht mehr gegeben.“ – Was Bionade-Fans unverholen abfällig kommentierten.

Die Integration des Underdogs in den Großkonzern sei offensichtlich fehlgeschlagen. Nun wirbelten zwar 400 Radeberger-Vertriebsleute für Bionade, in Zeiten der Selbständigkeit seien es gerade ein Zehntel gewesen, trotzdem gehe es weiter bergab. „Nicht einmal die vielen Millionen für die Werbung zahlen sich aus“, heißt es weiter: „Immer häufiger taucht die Marke nun als Sonderangebot bei Discountern auf: Ein tödlicher Fehler für eine junge Marke.“

Die Erfinder der Brause hätten längst nichts mehr zu sagen, die Entscheidungen würden dem Mehrheitseigner im Oetker-Konzern fallen. Anfangs habe es zwar geheißen, die Bionade-Brüder sollen das Zepter in der Hand behalten, die Eigenständigkeit der Marke bleibe gewahrt. Doch längst seien Marketing und Vertrieb nach Frankfurt zu Radeberger abgewandert, Ostheim bliebe einzig die Rolle als Produktionsstandort. Und Peter Kowalsky, einst das Gesicht der Bionade, sei aus der Öffentlichkeit verschwunden.

„Die Marke könnte in der Bedeutungslosigkeit verschwinden“, wird Marktforscher Birnbaum von der FAS zitiert: „Die Story stimmt nicht mehr.“

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