Behinderung des Online-Werbemarktes befürchtet

Unternehmen, die Online-Marketing betreiben, sollen nach dem Willen des Bundesministeriums für Verbraucherschutz haften, wenn gegen den Datenschutz verstoßen wird. Dies soll auch dann gelten, wenn die Datenschutz-Regeln nicht vom werbenden Unternehmen selbst verletzt werden, sondern von dem Internet-Anbieter. Die Organisation für Werbungtreibende im Markenverband (OWM) beurteilt diese Pläne als „schlicht unsinnig“, weil dadurch nicht der Datenschutz gestärkt, sondern Werbung im Internet geschädigt werde. Eine sinnvollere und effektivere Lösung wünscht sich auch der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und plädiert für eine Selbstregulierung der Marktakteure.

BVDW-Vizepräsident Matthias Ehrlich erklärt: „Der aktuelle politische Vorstoß spricht zu Recht die Problematik der sehr ungleichen Datenschutzniveaus in Deutschland im Gegensatz zu vielen ausländischen Staaten an.“ Diesem Thema sollte die Politik Aufmerksamkeit widmen, weil unterschiedliche Schutzniveaus das Verbrauchervertrauen gefährden und einen fairen Wettbewerb behindern. Wichtig sei es, das besonders hohe deutsche bzw. europäische Datenschutzniveau noch stärker als positiven Standort-Faktor für die Verbraucher zu kommunizieren, um diesen eine bewusste Wahl im Internet zu ermöglichen. Dem gegenüber sehe der BVDW den Vorschlag skeptisch, dass deutsche Anzeigenkunden für Datenschutzverstöße anderer in die Haftung genommen werden sollten. Dieser Vorschlag werde der ökonomischen Bedeutung des heutigen Internets nicht gerecht.

Schärfer formuliert die OWM ihre Kritik: Anzeigenkunden von Internetfirmen dürften keinesfalls dafür verantwortlich gemacht werden, wenn Social Networks wie Facebook, Suchmaschinen wie Google, Nachrichten-Communitys oder andere Anbieter im Netz gegen Datenschutzgesetze in Deutschland verstoßen. „Wie soll ein Werbung treibendes Unternehmen einen Internet-Anbieter daraufhin kontrollieren können, dass sämtliche Bedingungen des Datenschutzes auch wirklich erfüllt werden?“, fragt OWM-Vorsitzender Uwe Becker. Auch Juristen hielten den Plan für wenig zielführend. „Das ist eine völlig unausgegorene Idee, bei deren näherer Prüfung das Ministerium feststellen wird, dass sie rechtlich nicht umsetzbar ist“, sagt Stefan Engels, Partner der internationalen Anwaltskanzlei Hogan Lovells.

Der Vorschlag aus dem Hause von Ministerin Aigner richtet sich, so betonen die Werbungtreibenden im Markenverband, gegen Internet-Anbieter, die ihren Sitz im Ausland mit weniger restriktivem Datenschutz haben und sich deshalb nicht an die deutschen Bestimmungen halten müssen. Um sie dazu zu zwingen, sollten werbende Unternehmen die Möglichkeit erhalten, gegen Konkurrenten vorzugehen, die auf solchen Plattformen vertreten sind oder werben. Das solle ausdrücklich auch für den Fall gelten, dass nicht das Unternehmen selbst, sondern der Internet-Anbieter Regeln verletzt. Uwe Becker sieht die Gefahr, dass der Werbemarkt im Internet dadurch massiv behindert, wenn nicht sogar vollständig abgewürgt wird. „Wir sind sehr daran interessiert, dass die Datenschutzgesetze eingehalten werden“, sagt er, aber nicht alle Verstöße seien für werbende Unternehmen immer erkennbar. Um Haftungsrisiken zu vermeiden, bleibt nach Ansicht Beckers nur eine Konsequenz: „Unternehmen können in diesen Medien nicht mehr werben, wenn sie auf der sicheren Seite sein wollen.“

Nach Überzeugung des BVDW kann der gegenüber nationaler Gesetzgebung oft viel effektivere Weg eine Selbstregulierung sein, mit der sich Marktakteure unabhängig von ihrer Herkunft zur Einhaltung bestimmter Regeln in einem Markt verpflichten. Dies habe auch die Enquete-Kommission „Internet und Digitale Gesellschaft“ des Deutschen Bundestages festgestellt. Matthias Ehrlich: „Der BVDW hat genau dieses Thema bereits in der Vergangenheit mit Nachdruck in Politik und Wirtschaft platziert und wird hierzu in Kürze mit weiteren relevanten Marktinstanzen die Pläne für die zukünftige Entwicklung vorstellen.“

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