absatzwirtschaft-plus 4/00

Ergänzende Informationen zum Beitrag "Nischenmarketing: Wie Sie die richtige Nische finden" (Teil 3, S. 34) von Dr. Michael C. Rosenbaum.

Hier die Beschreibung der im Beitrag nicht dargestellten Chancenindikatoren.

CI 18 Hoher evolutionärer Entwicklungsgrad auf der Anbieterseite

Analog zur Konsumentenseite ist auch ein hoher evolutionärer Entwicklungsgrad auf der Anbieterseite als wichtiger Chancenindikator für die Nischenbearbeitung anzusehen. Er setzt sich dabei zusammen aus der Differenzierungsfähigkeit der Angebote des Gesamtmarktes sowie der evolutionären Weiterentwicklungsfähigkeit der Nische.

CI 18a Hohe Differenzierungsfähigkeit der Angebote des Gesamtmarktes

Die Differenzierungsfähigkeit von Angeboten nimmt gemäß der Evolutionstheorie mit steigendem evolutionären Entwicklungsgrad zu. Sie kann als strategischer Chancenindikator gesehen werden, da durch die Möglichkeit der Differenzierung eines Angebots – bei gleichzeitig steigender Heterogenisierung der Nachfrage – die Bedürfnisse der Konsumenten besser befriedigt werden können. Je heterogener die Bedürfnisse der Konsumenten, desto mehr Nachfragenischen entstehen und desto wichtiger ist die Differenzierungsfähigkeit von Angeboten.

Beispiel: Die technischen und informationstechnologischen Weiterentwicklungen führten auch in der Fernsehbranche zu einem hohen Maß an Differenzierungsfähigkeit der Angebote. Durch die Digitaltechnik wurde es möglich, eine Vielzahl von unterschiedlichen Fernsehsendern in das Kabelnetz einzuspeisen. In den USA war es bereits 1993 möglich, mit Hilfe digitaler Kompression bis zu 500 TV-Kanäle durch das Kabelnetz anzubieten und dadurch die unterschiedlichsten Zielgruppen zu bedienen. Diese Entwicklung ist auch in Deutschland zu erwarten.

CI 18b Hohe evolutionäre Weiterentwicklungsfähigkeit der Nische bzw. des Nischenangebots
Die hohe evolutionäre Weiterentwicklungsfähigkeit der Nische durch Generierung neuer bzw. Veränderung bestehender Angebotsdimensionen kann ebenfalls als wichtiger Chancenindikator der Nischenbearbeitung gelten. Gemäß dem Nischenmodell kommt es nach der Besetzung der Nische nicht zu einem Stillstand, sondern zu permanenten Weiterentwicklungen, die sowohl von der Anbieter- als auch von der Nachfragerseite her initiiert werden können. Dabei besteht zum einen die Gefahr, daß andere Anbieter in die Nische eindringen, zum anderen die Möglichkeit, daß sich die Konsumbedürfnisse der Nischennachfrager ändern. Der Nischenanbieter muß aus diesem Grund die Nische ständig beobachten und bei ersten Anzeichen für Veränderungen Maßnahmen zur Weiterentwicklung der Nische ergreifen. Er hat dabei den Vorteil, daß er die bestehenden Bedürfnisse und Ansprüche der Nischenzielgruppe kennt und Veränderungen und Weiterentwicklungen der Bedürfnisstrukturen früher erkennen kann, als potentielle Konkurrenten, die erst in die Nische eindringen wollen. Gerade die Nichtbeachtung von dynamischen Entwicklungen in der Nische führt zum Mißerfolg bei der Nischenbearbeitung. Für den Nischenanbieter gilt es deswegen, eine möglichst enge Verbindung zu den Nischenkonsumenten zu halten. Je höher die Weiterentwicklungsfähigkeit der Nische und je eher der Nischenanbieter diese auch nutzt, desto eher kann er sich Wettbewerbsvorteile gegenüber potentiellen Nischenangreifern verschaffen.

Beispiele: Der Fahrradkurierdienst Messenger/Berlin entwickelte die Nische „Fahrradkurierdienste“ weiter, indem zusätzliche Dienstleistungen angeboten wurden, z.B. das Abholen von Schuhen vom Schuster oder die Besorgung von Theaterkarten für die abendliche Vorstellung. Außerdem wurde der Fuhrpark um Autos erweitert, um bei sperrigen Gütern bzw. großen Entfernungen die Transportgüter nicht der motorisierten Konkurrenz überlassen zu müssen.

CI 19 Das Nischenprodukt ist eine Erweiterung des bestehenden Produkt- und Leistungsprogramms auf neue Nischenzielgruppen und basiert auf den Kernkompetenzen des Unternehmens

Eine Reihe erfolgreicher Nischenbearbeitungen basiert darauf, dass Unternehmen ihre Kernkompetenzen aus bestehenden Geschäftsfeldern genutzt haben, um neue Nischen zu bearbeiten. Ausgehend von ihren Angebotssystemen, die sie bereits auf dem Markt etabliert haben, werden gezielt Nischenfaktoren gesucht, die mit den Kernkompetenzen aus den bisherigen Aktivitäten zusammenhängen, mit denen aber gleichzeitig neue Nischenzielgruppen bedient werden können. Die übrigen absatzpolitischen Instrumente werden dann auf den neuen Nischenfaktor abgestimmt. Hierdurch soll das bestehende Image beim Konsumenten in bezug auf die etablierten Massenmarktprodukte genutzt werden.

Beispiel: Procter & Gamble nutzte bei der Entwicklung seines Nischenproduktes „Attends“, der Windel für Erwachsene, die an Inkontinenz leiden, die Erfahrungen mit der Marke Pampers, um die neue Zielgruppe in der Nische zu bedienen. Es werden die selben Fertigungstechnologien wie bei der Pampers angewandt, wodurch Synergieeffekte ausgenutzt werden können.

CI 22 Hohe Fokussierung der gesamten Marketing-Mix-Instrumente auf den Nischenfaktor bzw. das Nischenfaktorenmix

Aufgrund der hohen Bedeutung des Nischenfaktors für den Konsumentscheid der Nischenzielgruppe sollte der Einsatz des gesamten absatzpolitischen Instrumentariums auf den Nischenfaktor bzw. den Nischenfaktoren-Mix nicht nur abgestimmt sondern auch fokussiert werden. Die Existenz des Nischenfaktors bedeutet für den Nischenanbieter den entscheidenden Wettbewerbsvorteil, da andere Anbieter ihn nicht oder nur unzureichend in ihr Angebot aufgenommen haben. Je höher die Differenzierung des Nischenproduktes durch den Nischenfaktor, desto erfolgreicher wird die Nischenbearbeitung. Der Nischenanbieter muß dabei beachten, daß nicht die Differenzierung der tatsächlichen Angebotseigenschaften wesentlich ist, sondern die von den Nischenkonsumenten wahrgenommenen Nischenprodukteigenschaften. Die Differenzierung durch den Nischenfaktor sollte der Nischenzielgruppe vor allem im Rahmen der Nischenkommunikationspolitik deutlich gemacht werden.

Beispiel: Ein Beispiel für die gelungenen Kombinationen mehrerer Nischenfaktoren ist der Nischenfaktoren-Mix von Bang & Olufsen, bestehend aus einer besonders hohen Produktqualität, einem ausgefallenen Design, einem speziellen Kundenservice, einem exklusiven Image und einem besonderen Vertriebssystem. Jede Angebotsdimension für sich ergibt dabei noch keine Alleinstellung in der Nische. Vielmehr ist es die geschickte Kombination verschiedener Angebotskomponenten, die in dieser Zusammenstellung auf dem Markt einzigartig ist, wodurch die gewünschte Alleinstellung realisiert werden kann.

CI 23 Systematische Sammlung und Analyse von Daten, Bedürfnissen und Konsumgewohnheiten der Nischenzielgruppe(n)

Je transparenter das Nachfragesystem der Nischenkonsumenten für den Nischenanbieter wird, desto besser können mit dem Nischenprodukt ihre Bedürfnisse befriedigt werden und desto eher können latente Nischen entdeckt und besetzt werden. Während beim Massenmarketing versucht wird, z.B. anhand demographischer und psychographischer Profile den Markt nach Zielgruppen zu segmentieren, reicht dies beim Nischenmarketing nicht aus. Der Nischenkonsument muß hier möglichst individuell angesprochen werden. Je geringer dabei die Anzahl der potentiellen Nischenkonsumenten ist, desto eher können sie direkt angesprochen werden. Mit Hilfe neuer und moderner Informations- und Kommunikationstechnologien können wichtige Daten über den Kunden gesammelt und analysiert werden. Insbesondere das Database-Marketing spielt in den letzten Jahren eine große Rolle, da hierbei alle wichtigen kundenrelevanten Informationen aufgenommen und analysiert werden.

CI 24 Ständige Marktbeobachtung unter evolutionstheoretischen Aspekten, d.h. Beobachtung sowohl der bearbeiteten Nische als auch der in Verbindung zur Nische stehenden Marktkonstellationen

Aufgrund der hohen Dynamik und evolutionären Entwicklungen von Nischen und anderen Marktkonstellationen, ist die ständige Beobachtung des Marktes ein wichtiger Chancenindikator. Gemäß der Evolutionstheorie kann es sowohl auf der Konsumenten- als auch auf der Anbieterseite sowie in allen Systemen und Subsystemen des Gesamtmarktes zu evolutionären Entwicklungen kommen, die auf die Nische bzw. den Nischenanbieter Auswirkungen haben. Entwicklungen und Trends müssen frühzeitig vom Nischenanbieter identifiziert werden, damit eine rechtzeitige Reaktion erfolgen kann. Empfehlenswert ist dabei die Entwicklung eines strategischen Frühwarnsystems, in dem alle möglichen Indikatoren für Marktveränderungen bei Nischen- und Massenmarktkonsumenten, bei aktuellen und potentiellen Konkurrenten in der Nische sowie in anderen Marktkonstellationen aufgenommen werden. Mit zunehmendem evolutionären Entwicklungsgrad der Konsumenten und der damit einhergehenden Heterogenisierung des Konsumverhaltens besteht die Möglichkeit der Zersplitterung des Gesamtmarktes in immer kleinere Marktsegmente, die in sich wieder durch dynamische Entwicklungen geprägt sind. Um hier den Markt beobachten zu können, entwickeln Nischenanbieter neben den herkömmlichen neue Marktbeobachtungsinstrumente. Als aktuelles Beispiel kann der Einsatz von sog. Trend- oder Szene-Scouts genannt werden.

CI 25 Permanente Prüfung des Nischenfaktors auf die relevanten Kriterien

Neben der laufenden Marktbeobachtung ist gleichzeitig der Nischenfaktor permanent auf die innerhalb des Nischenmodells bestimmten Voraussetzungen für eine erfolgreiche Nischenbearbeitung zu prüfen, da diese sich aufgrund evolutionärer Entwicklungen innerhalb bzw. zwischen den einzelnen Subsystemen des Marktes verändern können. Es gilt daher regelmäßig zu analysieren, ob der Nischenfaktor bzw. der Nischenfaktoren-Mix immer noch eine hohe Konsumrelevanz sowie eine dominierende Rolle im Konsumentscheidungsprozeß aus Sicht der Nischennachfrager hat. Außerdem ist zu eruieren, ob der Nischenfaktor dem Nischenanbieter immer noch eine (relative) Alleinstellung auf dem Markt garantiert oder ob andere Anbieter ihre Angebote inzwischen auch auf den Nischenfaktor positioniert haben. Dabei ist auch zu prüfen, ob die Nische überhaupt noch als solche besteht oder ob sie sich inzwischen in der Übergangsphase zu einem Massenmarkt befindet.


CI 26 Klare Vorstellung des Nischenanbieters darüber, wie die Nische sich entwickeln soll

Als eine Erkenntnis des Nischenmodells zeigte sich, daß es nicht nur eine, sondern unterschiedliche Entwicklungsmöglichkeiten von Nischen gibt. Aus diesem Grunde kann als weiterer Chancenindikator die klare Vorstellung des Nischenanbieters darüber, wie sich die Nische entwickeln soll, genannt werden. Hat er keine Vision, wie die Nische sich weiterentwickeln soll, besteht die Gefahr, daß er die Nische mit den falschen Instrumenten bearbeitet. Der Übergang der Nische zum Massenmarkt wird so z.B. nicht rechtzeitig erkannt und die Änderung in der Marktbearbeitung nicht oder zu spät vorgenommen. Viel fataler ist es, wenn das hohe Wachstumspotential der Nischen nicht vorausgesehen wird und dem Nischenanbieter beim Übergang der Nische in den Massenmarkt die entsprechenden Ressourcen und Kapazitäten für die Massenmarktbearbeitung fehlen. Aus diesen Gründen ist es für eine erfolgreiche Nischenbearbeitung unerläßlich, sich vor, aber auch während der Nischenbearbeitung über die Entwicklung und Entwicklungsmöglichkeiten der Nische klar zu werden und die Erkenntnisse in eine Nischenstrategie entsprechend einzuarbeiten.

CI 27 Enge Zusammenarbeit mit dem Handel bzw. den Absatzmittlern

Aufgrund des Erfordernisses einer sehr engen Beziehung zum Kunden sollte der Schwerpunkt der Nischenbearbeitung über Direkt-Marketingmaßnahmen erfolgen. Dies ist jedoch nicht immer möglich, insbesondere in der Konsumgüterbranche. Wenn der Handel bzw. Absatzmittler eingeschaltet werden (müssen), wird es für den Nischenanbieter sehr schwer, sein Angebotssystem an das Nachfragesystem der Nischenkonsumenten anzupassen sowie auf die sich dort vollziehenden Entwicklungen rechtzeitig zu reagieren. Ziel muß hier die sehr enge Zusammenarbeit des Nischenanbieters mit dem Handel sein. Aus Sicht des Nischenanbieters muß der Handel motiviert werden, den Konsumenten zum einen das Nischenangebot im gewünschten Sinne zu präsentieren. Zum anderen sollte der Handel angebotsrelevante Informationen über die Nischenzielgruppe, z.B. Veränderungen in der Bedürfnisstruktur, schnell an den Nischenanbieter weitergeben.

Beispiel: Ein gutes Beispiel ist Bang & Olufsen, die mit dem Handel eine enge Kooperation eingegangen sind. Um zum Handel eine enge Beziehung aufbauen zu können, wurde 1985 die Anzahl der Händler in Deutschland von 460 auf 120 reduziert, mit denen eine sehr enge Zusammenarbeit eingegangen wurde. Gemeinsam mit den Händlern wurde ein After-Sales-Konzept entwickelt sowie ein Hausservice beim Kunden eingerichtet, durch die sich von den Großflächenanbietern differenziert werden konnte. Den Händlern wird in vielfältiger Weise eine Marketing-Unterstützung gegeben. Regelmäßige Informationsveranstaltungen über die Produkt- und Verkaufsstrategie, die Schulung der Händler vom Verkäufer zum Berater, Schulungen für anspruchsvolle Produktpräsentation, die Garantie einer bestimmten Handelsspanne sowie die Auflistung aller Bang & Olufsen-Händler auf Hochglanz-Prospekten, die Bang & Olufsen regelmäßig überregionalen Pressemagazinen beilegt, erhöhen die Motivation der Händler für eine engen Zusammenarbeit mit Bang & Olufsen.


CI 29 Im Vergleich zu Massenmarktanbietern höherer F & E- bzw. Marktforschungsanteil am Gesamtumsatz

Die Suche nach einem erfolgreichen Nischenfaktor, mit dem eine möglichst dauerhafte Alleinstellung in der Nische erzielt werden kann, erfordert vom Nischenanbieter eine große Marktnähe, um entstehende Nischen rechtzeitig zu entdecken. In der Investitionsgüterbranche ist dies in der Regel mit einem im Vergleich zu den Anbietern des Massenmarktes höheren F & E-Anteil verbunden, insbesondere dann, wenn der Nischenfaktor auf einer speziellen Produktions- oder Verfahrenstechnologie basiert. In der Konsumgüter- und Dienstleistungsbranche ist die im Vergleich zu den Massenmarktanbietern höhere Marktforschungsintensität zu nennen. Hierdurch können Trends und sich entwickelnde Nischen rechtzeitig entdeckt werden. Aber auch nach der Entdeckung der Nische kann aufgrund der im Vergleich zum Massenmarkt größeren Homogenität der Zielgruppe eine intensive Marktforschung zu einer ständig steigenden Transparenz der Bedürfnisse und Bedürfnisveränderungen der Nischenkonsumenten führen. Dies bedeutet für den Nischenanbieter, daß er die Marktforschungsintensität nach der Entdeckung und Besetzung der Nischen nicht reduzieren darf, sondern kontinuierlich beibehalten muß.


CI 30 Hohe Innovationsbereitschaft und -freude des Nischenanbieters

Vertikale Nischen bedeuten die Höher- und Weiterentwicklung des Marktes durch eine zusätzliche Angebotsdimension. Die Entwicklung und Besetzung von vertikalen Nischen erfordert deshalb innerhalb des Unternehmens eine erhöhte Innovationsbereitschaft und -freude, bei der der Unternehmensfokus ständig auf die Suche nach neuen Angebotsdimensionen ausgerichtet ist. Hierzu müssen innerhalb des Unternehmens entsprechende Strukturen und Rahmenbedingungen geschaffen werden. Die hohe Innovationstätigkeit sollte deshalb in das Unternehmensleitbild aufgenommen werden, um alle Mitarbeiter zu motivieren, Ansätze für innovative Problemlösungen aufzugreifen und diese weiterzuentwickeln. Die Einführung eines betrieblichen Vorschlagswesens oder die Einrichtung von regelmäßig stattfindenden Innovationsarbeitskreisen, an denen Mitarbeiter aller Hierarchieebenen und Bereiche des Unternehmens teilnehmen, können die Innovationsprägung des Nischenanbieters deutlich erhöhen.


CI 31 Aufbau von Unternehmens- und Nischenmarketingnetzwerken bei der Bearbeitung von mehreren Nischen

Anstelle der Größenvorteile treten immer mehr die Verbundvorteile von Unternehmen (Economies of Scope) als Chancenindikatoren in den Vordergrund. Hierbei müssen sowohl die einzelnen Unternehmensbereiche als auch die einzelnen Nischenprodukte zu einem synergetischen und kosteneffizienten Netz verknüpft werden. Innerhalb der Angebotssysteme eines Unternehmens werden die jeweils identischen Angebotsdimensionen miteinander vernetzt. Hierdurch entstehen kostensenkende und qualitätssteigernde Synergien, wodurch das Unternehmen auf den einzelnen Dimensionen konkurrenzfähiger wird. Bei der Bearbeitung von mehreren Nischen wird die Entwicklung eines Marketingnetzwerkes ebenfalls zu positiven Synergie- und Kostendegressionseffekten führen. Wichtig hierbei ist, dass zwischen den Nischenprodukten ein strategisches Netz entwickelt werden kann. Dies gelingt, wenn die Nischenprodukte auf gemeinsamen Angebotsdimensionen oder Ressourcen (z.B. Betriebsabläufe, Absatzkanäle, Produkt- und Fertigungstechnologie, Logistik) basieren oder auf die gleiche Nischenzielgruppe fokussiert sind.

CI 32 Ausreichende Kapazitäten und Potentiale, um die Nische in einen Massenmarkt zu überführen

Bei der Bearbeitung von Nischen müssen auch die Unternehmenskapazitäten und -potentiale beachtet werden. Dies gilt insbesondere für Nischen mit einem hohen Wachstumspotential, die sich zu Massenmärkten entwickeln können. Fehlen bei einer solchen Angebots-Nachfragekonstellation ausreichende Kapazitäten, muss der Nischenanbieter frühzeitig Lösungsmöglichkeiten suchen, um so die Aufforderungshöhe seines Angebots vergrößern zu können. Dies wird gerade für kleinere Nischenanbieter zutreffen, die auf Nischen mit hohem Wachstumspotential gestoßen sind. Es kann sich dabei um finanzielle, produktionsbedingte, logistische, vertriebliche oder personelle Kapazitäten handeln.

Beispiel: Im Lebensmitteleinzelhandel lässt sich mit der Rewe-Handelsgruppe, die 1997 in die Nische für Bio- und Öko-Nahrungsmittel eindrang und dort nach eigenen Angaben der Marktführer werden will ein Beispiel für das Vordringen eines Massenmarktanbieters auf einen Nischenmarkt finden. Rewe hat das gestiegene Bedürfnis der Verbraucher für diese Nahrungsmittel entdeckt und versucht seine Marktstellung in dieser Nische durch seinen Bekanntheitsgrad auszubauen. Auch die Tengelmann Gruppe möchte verstärkt ökologische Lebensmittel ins Sortiment aufnehmen.


CI 33 Aufbau von strategischen Nischenallianzen

Verfügt ein Nischenanbieter nicht über die notwendigen Ressourcen und Kapazitäten zur Bearbeitung von Nischen bzw. zur Ausweitung der Nische, kann der Aufbau von strategischen Nischenallianzen eine Lösung des Problems darstellen. Ziel von strategischen Allianzen ist die Vergrößerung des Aufforderungscharakters bei der anvisierten Nischenzielgruppe. Wettbewerbsschwache Positionen auf den einzelnen Dimensionen des Angebotssystems eines Nischenanbieters können hierdurch gestärkt werden, so daß entweder die Distanz zu der erwünschten Zielgruppe verringert oder zum anderen die Aufforderungshöhe des Angebots vergrößert werden kann. Im günstigsten Falle gestattet die strategische Nischenallianz beiden Bündnispartnern, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren. Wichtig dabei ist natürlich, daß die jeweiligen Schwächen des einen durch entsprechende Stärken des anderen Bündnispartners ausgeglichen werden.

Beispiel: IBM ist in den USA mit mehr als 1.500 kleinen Computerservice-Unternehmen strategische Allianzen eingegangen, um so auch Nischen bearbeiten zu können.


CI 34 Funktionierende Informationsflüsse durch horizontale und vertikale Kommunikation innerhalb des Unternehmens

Funktionierende Informationsflüsse sind für jedes Unternehmen wichtig, für Nischenanbieter sind sie als Chancenindikatoren aber als besonders bedeutsam einzustufen. Die im Vergleich zu Massenmarktanbietern größere Marktnähe der Nischenanbieter kann nur in echte Wettbewerbsvorteile umgesetzt werden, wenn die Informationen, z.B. über die Veränderungen der Bedürfnisstruktur der Konsumenten auf den einzelnen Nachfragedimensionen, auch durch funktionierende Kommunikationsflüsse an die Unternehmensspitze und alle Unternehmensbereiche weitergegeben werden. Die Kommunikationsflüsse müssen dabei also sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung funktionieren.

Zum Autor: Dr. Michael C. Rosenbaum
arbeitete nach dem BWL Studium an der Universität zu Köln sieben Jahre als Berater bei der Kienbaum Management Consultants GmbH in Düsseldorf. Berufsbegleitend schrieb er seine Dissertation zum Thema „Chancen und Risiken von Nischenstrategien“. Seit 1998 ist er geschäftsführender Partner der Newbusiness Consulting – Rosenbaum & Nagy Unternehmensberatung in Köln. Kontakt: www.n-b-c.de