Von Bard zu Gemini oder warum ein Name zu wenig ist 

Mit der Umbenennung seines Chatbots von Bard in Gemini will Google das eigene Profil bei Sprach-KI schärfen und aus dem mentalen Schatten von ChatGPT kommen. Unser Gastautor beurteilt die Neubenennung.
Michael Brandtner
Michael Brandtner ist Österreichs führender Markenpositionierungsexperte und Lead Partner of Ries Global. (© Ries Global)

Google nennt seinen Chatbot künftig Gemini statt Bard. Gemini ist mit Sicherheit – allein aus Sicht des Klangs – ein stärkerer Name als Bard. Er klingt nach mehr Dynamik und Zukunft. Dagegen klingt Bard „alt“ und „statisch“. Nur reicht es in der Regel nicht, den Namen einer Marke zu ändern, um auf die Erfolgsspur zu kommen. Nehmen Sie etwa Microsoft bei Suchmaschinen. Egal, ob die Suchmaschine MSN Search oder Bing heißt, das Hauptproblem war, ist und bleibt die dominante Position von Google in diesem Bereich. 

Damit sind wir bei einem wichtigen Punkt. Wirklich starke Marken besitzen zwei Namen in der Wahrnehmung und im Gedächtnis der Kund*innen, den Kategorienamen und den Markennamen. Sie denken Elektroauto. Sie denken Tesla. Sie denken Suche. Sie denken Google. Sie denken KI. Sie denken ChatGPT. Sie denken Fernbus. Sie denken Flixbus. Sie denken Energydrink. Sie denken Red Bull.  

Der Kategoriename allein ist zu wenig

Manche Markenverantwortliche tappen dabei aber in die Falle des generischen Namens. Sie möchten den Markenprozess abkürzen, indem Sie der Marke einen beschreibenden Namen geben. Nur genau das ist so, als ob sie einem Kind den Namen Kind geben.  

Ein aktuelles Beispiel dafür ist in Österreich die Marke „Wood Fashion“. Dazu heißt es auf der Website: „Mit unserer Wood Fashion kannst du stolz sagen: ‚Ich trage zu 100 % echt Baum‘.“ Genau dieser Satz bringt das Problem aus Markensicht perfekt auf den Punkt. „Wood Fashion“ könnte ein starker Kategoriename sein, nur leider fehlt der starke Markenname. Selbst Abkürzungen wie WF oder WoFa wären in diesem Fall bessere Namen als kein Name. So könnte es dann etwa auf der Website so lauten: „Mit WoFa, der führenden Wood-Fashion-Marke, kannst du stolz sagen: ‚Ich trage zu 100 % echt Baum‘.“ Heißt: Sollte sich die Kategorie Wood Fashion erfolgreich in der Modewelt etablieren, wird es spannend, wer diese als erster mit einem echten Markennamen besetzt. 

Doppelt richtig auf Kurs

Einer, der wusste, wie wichtig Marken sind, war mit Sicherheit Steve Jobs. Er brachte Apple mit Marken wie iPod, iTunes, iPhone und iPad nachhaltig auf die Straße des Erfolgs. Spannend dabei ist, dass Apple seitdem anscheinend nicht mehr daran interessiert ist, starke Marken zu bauen. Apple Watch, Apple Music, Apple TV+ oder Apple ProVision werden in der Wahrnehmung und im Gedächtnis nie die Markenkraft a la iPhone erreichen können, weil ein echter Markenname fehlt. Anders ausgedrückt: Die Apple Watch wird immer nur die Watch von Apple bleiben, während das iPhone viel mehr als nur das Smartphone von Apple ist. So spricht niemand vom Apple Smartphone, sondern immer nur vom iPhone. 

Wer es aktuell perfekt macht, ist OpenAI. Mit der Marke ChatGPT besitzt man bereits den verbalen Teil der KI in der Wahrnehmung und im Gedächtnis der Kund*innen. Mit der neuen Marke Sora kommt jetzt der visuelle Videoteil der KI an die Reihe. Genau diese Art der Namensgebung war und ist noch die Stärke von Facebook (jetzt Meta) mit den Marken Facebook, Instagram und WhatsApp. Ideal wäre aus Markensicht, wenn auch TikTok eine Marke in diesem Portfolio wäre. 

Fazit: Starke Marken besitzen zwei Namen in den Köpfen der Kunden. Genau daran sollte man auch die eigene Markenstrategie ausrichten und im Falle des Falles adaptieren.