Transparenz ist Trumpf

Wer Zielgruppen erreichen will, braucht Daten von Spezialisten wie OS Data Solutions. Hinter dem Newcomer, der mit einer speziellen Kombination von Segmenten punktet, steht eine Allianz gewichtiger Spieler: Otto und Ströer.
Symbolbild OS Data Solutions
Als Targeting-Dienstleister für Ströer liefert OS Data Solutions bereits heute einen Großteil seiner Services unabhängig von Cookies. (© Julia Schaeffer/Unitex Archives)

An Vorschusslorbeeren hatte es nicht gemangelt. Das neue Unternehmen werde sich zu einer „hervorragenden Alternative zu amerikanischen Konkurrenten“ entwickeln, hieß es seitens der Gesellschafter. Das war im Mai 2019, kurz bevor in Hamburg die OS Data Solutions (OS DS) an den Start ging.

Dabei ist Erfolg auf dem Markt für Zielgruppen-Targeting keineswegs garantiert. Anbieter gibt es viele – von kleinen Spezialisten über den deutschen Platzhirsch Emetriq bis zu ebenjenen US-Konzernen, denen OS DS keck eine Kampfansage machte. Was die Branche aufhorchen ließ, war das Kaliber derjenigen, die sich für das Joint Venture zusammentaten: die Otto Group Media, hinter der – mit einem Umsatz von acht Milliarden Euro – Deutschlands zweitgrößter E-Commerce-Händler steht, und Ströer, deutscher Marktführer in Sachen Außenwerbung und Betreiber von Webseiten wie T-Online und StayFriends.

OS Data Solutions etabliert sich rasch

„Für Werbetreibende sind das extrem wichtige Felder“, sagt Christopher Zerres, Experte für Online-Marketing und Professor an der Hochschule Offenburg. „Wenn ich die zusammenführe, lassen sich spannende Informationen gewinnen.“ Hinzu kommt die schiere Größe des Datenpools: Nach eigenen Angaben hat OS DS Zugriff auf 37 Millionen Profile von registrierten Nutzer*innen und erreicht monatlich rund 50 Millionen Unique User.

Damit hat sich OS DS schnell etabliert. Umsatzzahlen gibt die Firma, die derzeit 17 Mitarbeiter*innen beschäftigt, nicht preis. Der Jahresbericht 2021 von Ströer weist für die 50-Prozent-Beteiligung ein Ergebnis von 1,4 Millionen Euro aus. „Wir arbeiten mit allen relevanten Netzwerkagenturen zusammen, über tausend Werbetreibende nutzen unsere Zielgruppendaten“, sagt Tobias Emmer, der OS DS zusammen mit Co-CEO Ralf Kiene führt. Auch große Vermarkter wie SevenOne Media nutzen den Datenpool, um, wie es in einer gemeinsamen Erklärung der ProSiebenSat1-Tochter und OS DS heißt, digitale Kampagnen „mit deutlich gesteigerten Reichweiten auszuspielen“.

Emmers Trumpfkarte heißt Transparenz. „Wir legen alle Datenpartner offen“, versichert er, „das ist nicht Standard in der Branche.“ Die große Angst von Mediaagenturen und Marken ist es ja, dass sich die Ausspielung ihrer Kampagnen auf Nutzerdaten zweifelhafter Herkunft stützt. Datenschutzkonformität sei ein wichtiges Argument, bestätigt Mattis Koch, Unit Director Audience Broking bei der Agentur Mediaplus Realtime, die von Anfang an mit OS DS zusammenarbeitet. „Wir wissen, wie die Daten erhoben werden und welche Methodik dahintersteht. Das gibt Sicherheit.“

Agenturen schätzen den Dialog auf Augenhöhe

Für Matthias Cada, Managing Partner beim Daten-Spezialisten Annalect innerhalb der Omnicom-Gruppe, zählt die Verbindung von Daten aus dem Publisher- und E-Commerce-Bereich. OS DS könne dadurch Themeninteresse, etwa wenn Konsument*innen Artikel zu einem Gebiet lesen, mit Produktinteresse abgleichen: Kaufen Zielgruppen, die zu E-Mobilität recherchieren, auch andere nachhaltige Produkte? „Mit dieser Kombination von Datensegmenten hat OS DS eine Alleinstellung“, findet Cada. Bei Annalect ist OS DS heute einer der Top-3-Datenpartner. Das liege nicht zuletzt an der Art und Weise, wie OS DS Produkte entwickele, sagt Cada. „Wir schätzen sehr, dass sie Innovationen mit Vorlauf teilen und wir Feedback geben können. Schließlich müssen wir die Lösungen im Haus vertreten können.“

Zu den Neuheiten aus dem Hause OS DS zählt etwa die Entwicklung einer eigenen Content-Detection-Technologie, die Webseiten analysiert und deren Inhalte Kategorien zuordnet, aber auch Kooperationen wie mit Adsquare: Seit dem vergangenen Jahr können mobile Zielgruppendaten von Apps aus dem Reich der Otto Group für Kampagnen über die Adsquare-Plattform aktiviert werden. Auch mit dem Native-Advertising-Spezialisten Taboola arbeitet OS DS zusammen.

Wie viele in der Branche setzt OS DS zusätzlich auf kontextbasierte Lösungen. Für Emmer liegt der Königsweg in der Kombination soziodemografischer Daten und interessenbasierter Information, „weil sie die aktuelle Lebenswelt der Zielgruppe beschreibt“. Das Stichwort Cookie-lose Zukunft hat seinen Schrecken verloren, längst gibt es Alternativen – „nun müssen Supply- und Demand-Side diese auch adaptieren“. Als Targeting-Dienstleister für Ströer liefert OS DS bereits heute einen Großteil seiner Services unabhängig von Cookies.

Quelle: Martech Report 2021/22

Ein riesiger Markt – doch die Amerikaner sind stark

Das Joint Venture habe in den vergangenen Jahren „neue Standards im deutschen Markt gesetzt – sowohl in puncto Reichweite als auch in der Qualität der Daten“, sagt Abdelkader Barjiji, Senior Vice President Product Management Digital & Data bei Ströer Media Solutions. Und auch bei Otto ist man offenbar zufrieden: Die Performance von OS DS entspreche den Erwartungen, sagt Sabine Jünger, Direktorin Advertising Services. „Das Potenzial von Targeting ist größer denn je, deshalb treiben wir die Entwicklungen in diesem Bereich aktiv voran.“ Trotz allen Erfolgs – der amerikanischen Konkurrenz Paroli zu bieten, bleibt schwer. Als Nummer eins im E-Commerce sei insbesondere Amazon als Datenpartner kaum zu schlagen, meint Experte Zerres: „Werbetreibende überlegen sich gut, ob sie nicht bei dem Größten einkaufen.“ Einige Marken überließen das Ausspielen ihrer Kampagnen bereits ganz den Algorithmen großer Plattformen. Transparenz sieht freilich anders aus. Weshalb Zerres glaubt: „Datengetriebenes Marketing bleibt ein riesiger Markt.“ Und OS DS steht immer noch am Anfang.

(mat) führte ihr erstes Interview für die absatzwirtschaft 2008 in New York. Heute lebt die freie Journalistin in Kaiserslautern. Sie hat die Kölner Journalistenschule besucht und Volkswirtschaft studiert. Mag gute Architektur und guten Wein. Denkt gern an New York zurück.