Warum MarTech in Deutschland immer noch ein Fremdwort ist

Das Asset-Management bildet die Grundlage jeder Marketing-Skalierung, egal ob digital oder analog, egal ob Videobanner oder Text-Bild-Anzeige. Auch die Bildrechte müssen zentral verwaltet werden, um auf Dauer rechtssicher zu bleiben. Dennoch tun sich die deutschen Unternehmen schwerer als die Amerikaner, wenn es darum geht AM-Tools einzusetzen, meint Mirko Holzer, einer der Gründer von Brandmaker.
Mirko Holzer: „Es ist sehr inspirierend, an der Innovationsdynamik in den USA teilzuhaben.“

Herr Holzer, sind dezidierte Asset-Management-Tools überhaupt noch zeitgemäß? Angesichts der Tool- und Aufgabenflut sind die CMOs doch vor allem an tiefer Integration der Daten und Workflows interessiert?
Mirko Holzer: Bei Brandmaker ist die Digital Asset Management (DAM) Lösung Teil einer größeren Palette von Marketing Resource Management Tools, die auch Marketing­planung, Budgetmanagement, Content Creation Management und Brand Manage­ment umfassen. Im Allgemeinen sind zentrale DAM-Tools aktueller denn je, da die Menge der Inhalte und deren Varianten exponentiell wachsen. Diese müssen lösungs- und länderübergreifend synchronisiert werden, um präzise und aktuell zu bleiben. Die meisten der von Ihnen angesprochenen Tools verfügen über eine Art minimale DAM-Funktionalität, die aber lediglich dazu geeignet ist, einen tool-spezifischen Anwendungsfall zu erleichtern. Was Unternehmen benötigen, ist ein zentrales Digital Asset Management, das einfach zu verbinden ist – wahlweise über eine API für ausgeklügelte Anforderungen oder über No-Code- oder Low-Code-Integrationen zur einfachen Verteilung der Inhalte etwa an E-Mail-Tools, Web-Content-Management-Systeme, Marketing-Automatisierung-Lösungen oder Social-Media-Plattformen. Nur, wenn Inhalte zentral gespeichert und verwaltet werden, kann dem Kunden eine einheitliche und markenadäquate Customer Experience geboten werden.


Begriffe:

MarTech: Tools, die sowohl digitales Marketing als auch digitales Advertising gleichermaßen unterstützen und dadurch die Arbeit der Marketer einfacher machen sollen. Außerdem stellen die MarTech-Tools eine Vergleichbarkeit unterschiedlicher Kanäle her und erlauben – in der Theorie – optimale Budgetallokation.

DAM: Digital Asset Management: Zentrale, digitale Verwaltung von Texten, Bildern, Videos und Audio-Files. Jeder Marketer soll wissen, wo er was findet. Gleichzeitig soll verhindert werden, dass Varianten oder veraltete Versionen von Assets auf irgendwelchen Servern und Festplatten liegen und nicht CI-konform eingesetzt werden. Drittens hängen an den Assets meist sehr unterschiedliche Lizenz-Modelle. Auch dies muss zentral überwacht werden, um rechtssicher bleiben zu können. Auch rechtlich geforderte Pflichtelemente wie zum Beispiel Verbrauchswerte von Autos lassen sich schneller an Veränderungen anpassen, wenn sie zentral aufbewahrt werden.

No Code / Low Code: Die Einrichtung von spezifischer Zusatzfunktionalität innerhalb des Tools, ohne dafür Programmierkenntnisse zu benötigen


Sie haben soeben eine neue Tool-Version präsentiert, die natürlich KI-unterstützt ist. Was kann die besser als ihr Vorgänger?
Unsere neueste Version enthält viele neue Funktionen im Zusammenhang mit agilen Workflows und Budgetmanagement. Im Hinblick auf die Verwaltung digitaler Assets verwenden wir in der Tat künstliche Intelligenz, um den Arbeitsaufwand beim Hochladen von Inhalten zu reduzieren und Kosten zu sparen, die mit der unnötigen Wiederherstellung von Inhalten aufgrund schlechter Rückverfolgbarkeit verbunden sind. Die Funktionsweise ist ebenso einfach wie smart: Wenn Sie ein Bild hochladen, erkennt das System die Elemente innerhalb des Bildes und schlägt Schlüsselworte vor, so dass Sie keine selbst eingeben müssen. Basierend auf den von Ihnen im System eingestellten Zielsprachen, übersetzt die KI auch gleich die Keywords in die Sprache Ihrer relevanten Märkte. Wenn Marketers nach Mediendateien suchen, schlägt das System dann nicht nur relevante Inhalte auf Basis dieser Schlüsselworte vor, sondern gleich auch auf Basis ähnlicher Bilder. Auf diese Weise ist es einfacher, Inhalte im gesamten Unternehmen zu teilen, die Ergebnisqualität zu verbessern und dabei Zeit und Geld zu sparen.

Wie weit reicht der Low-Code-Ansatz? Welches Know-how braucht man?
Keine zentrale Management-Technologie kann als Insellösung bestehen. Ein „Marketing Technology Stack“ entfaltet sein volles Potenzial nur, wenn die einzelnen Tools des Stacks miteinander interagieren können und aufeinander abgestimmt sind. Mit unserem Produkt „Fusion“ lassen sich ganz einfach über 1000 andere Marketing-Tools anbinden und Daten automatisiert mit wenigen Klicks synchronisieren. Das Ganze vollständig im „Do-it-yourself“-Verfahren. Sie können so „kreativ“ sein, wie Sie möchten, wobei wir vielleicht besser von „effektiv“ sprechen sollten. Möchten Sie zum Beispiel wissen, wer auf bestimmte Inhalte geklickt hat? Dann synchronisieren Sie ihre MRM-Plattform mit dem CRM, um sich ein vollständiges Bild von den Anforderungen Ihrer Kunden zu machen.

Die Suche in der eigenen Bilddatenbank speist sich bei Brandmaker nicht mehr nur aus Tags und Keywords, sondern auch aus einer Ähnlichkeitsanalyse der Bildinhalte durch künstliche Intelligenz.

Man hat das Gefühl, in Deutschland ist MarTech immer noch ein Fremdwort. Warum ist das so? In den USA ist das eine sehr starke eigene Disziplin.
Wir sind ja in beiden Märkten sehr aktiv, und was ich immer wieder feststelle, ist, dass die US-Amerikaner Marketinginnovationen gegenüber offener sind, ein deutlich positiveres und pragmatischeres Technologieverständnis haben – und echten Pioniergeist, wenn es darum geht, Neues auszuprobieren. Unser größtes Wachstum findet derzeit in den USA statt, wo schnell wachsende Markenunternehmen eine stabile und verlässliche Marketingtechnologie-Unterstützung benötigen. Anspruchsvolle neue Ideen und ehrgeizige Ziele müssen schnell umgesetzt werden, und es ist sehr inspirierend, an dieser Dynamik teilzuhaben und an ganz zentraler Stelle mit dabei zu sein. Aber, lassen Sie uns fair und ausgewogen bleiben: Es gibt auch viele deutsche Top-Marken in den Bereichen Automotive, Finanzen, Pharma und Fertigung, die die Welt erobern und Marketingtechnologie innovativ einsetzen, um mit einer Vielzahl an involvierten Partnern nachhaltiges Unternehmenswachstum zu ermöglichen und ihre Marke weiterzuentwickeln und zu schützen. Ich bin überzeugt davon, dass es nur eine Frage der Zeit ist, wann kleinere deutsche Unternehmen diesen Trend aufgreifen und ebenfalls vom Nutzen des Einsatzes von Marketingtechnologie profitieren werden.

Ist MarTech nicht grundsätzlich ein Übergangsphänomen, denn die großen Marketingsuites müssen doch auch das Management des Advertising adaptieren?
Was wir sehen werden, ist ein weiteres Zusammenwachsen von Adtech und MarTech. Immer personalisiertere Kommunikation, immer mehr zu bespielende Kanäle, immer mehr Partner und Dienstleister, die an der kommunikativen Wertschöpfungskette beteiligt sind etc., erfordern ein leistungsstarkes und zugleich flexibles Steuern und Management aller Prozesse. Wir diskutieren derzeit viel zu mechanistisch, wie zum Beispiel kleinste Optimierungen im Programmatic Advertising Kosteneinsparungen erzielen können. Stattdessen sollten wir uns auf das große Marketing-Bild konzentrieren und darauf, Marketingverantwortlichen und vor allem CMOs Lösungen an die Hand zu geben, die es ihnen ermöglichen, sämtliche Marketing- und Werbemaßnahmen in Echtzeit strategiekonform, integriert und ROI-optimiert zu steuern. Das bedeutet in erster Linie auch, die Erstellung von Contents und die Kontrolle von Budgets effizient zu skalieren – und zwar bevor der Markt das Marketing überrollt – und den Wertbeitrag von Marketing und Kommunikation zum Unternehmenserfolg nachzuweisen, um entsprechende Investitionen rechtfertigen und, wenn notwendig, ausweiten zu können.