Vom Black Friday zum Black November?

Statt sich auf einen Tag oder eine Woche der Rabatte zu beschränken, weiten Händler die Schnäppchenperiode immer weiter aus. Mit Erfolg? Unser Gastbeitragsautor schreibt über die Evolution von Deal-Events.
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Jan Meerkötter steuert als Group Head E-Commerce Retail Media-Maßnahmen von GroupM Nexus für Kunden von EssenceMediacom, Mindshare und Wavemaker. (© GroupM, Montage: Olaf Heß)

Die Kommunikationsstrategie rund um den Black Friday hat sich über die Jahre stark verändert. Während ursprünglich der eigentliche Freitag gefolgt vom Cyber Monday im Mittelpunkt standen, etablierte sich zuletzt eine ganze Black Week. So wurden die „unschlagbaren“ Deals bereits sehr viel früher und deutlich vor dem Black Friday beworben. Im vergangenen Jahr gab es die ersten Deals bei Amazon bereits ab dem 18. November und liefen vielfach bis zum Cyber Monday (28. November). Diese Verschiebung hatte zur Folge, dass viele der Konsument*innen bereits vor dem eigentlichen Black Friday zugeschlagen haben – was bei vielen Artikeln zu Stockout-Problematiken am Black Friday und schließlich zu Beeinträchtigungen bei der Performance am Aktionstag selbst führte.

Das Vorwegnehmen der Sales an den Vortagen bedingt durch durchlaufene Aktionen hat schließlich dazu geführt, dass die sogenannten Pre-Promotion-Dips an Bedeutung verloren haben. Der ausbleibende Pre-Dip wurde vielmehr zur heißen Phase und entscheidet mitunter über den Erfolg der gesamten Black-Friday-Kommunikation. Auf Basis dieser Erkenntnisse war eine verstärkte Mediabudget-Allokation auf die Pre-Event-Tage bereits im vergangenen Jahr ganz klar zu empfehlen.

Hohe Rabatte bereits Ende Oktober

Um sich in diesem Umfeld behaupten zu können, versuchen immer mehr Retailer der Konkurrenz voraus zu sein. In diesem Jahr gehörten MediaMarkt und Saturn zu den Vorreitern, die bereits Ende Oktober mit hohen Rabatten gelockt und Konsument*innen die Mehrwertsteuer geschenkt haben. Die „BLACK WEEEEEK“ mit dem Aufruf „LET´S GO“ wurde schließlich am 13. November eingeläutet. Zu diesem Zeitpunkt war Amazon noch zurückhaltend und hielt weiter an der Strategie des Vorjahres fest, die Deals circa eine Woche vor dem Black Friday starten zu lassen.

MediaMarkt und Saturn setzten auf den tief im Konsumentenverhalten verwurzelten „Fear of Missing Out“-Effekt (kurz: FOMO-Effekt), der die Angst beschreibt, im Leben etwas zu verpassen. Auf dieser Basis wurde versucht, die Konsument*innen dieses Jahr noch früher an sich und seine Angebote zu binden. Denn auch sie haben im vergangenen Jahr gelernt, dass sie am eigentlichen Black Friday keine besseren Deals zu erwarten haben.

Einen weiteren Wettbewerbsvorteil verschaffte sich der Retailer in seiner vorgezogenen Strategie durch die Granularität der Angebote. Statt alle Black-Week-Deals zur selben Zeit anzubieten, variierten die Deals entlang der verschiedenen Produktgruppen von Tag zu Tag. Die Aufteilung der Deals führte dazu, dass die Konsument*innen auf der Suche nach einem bestimmten Produkt so oft die jeweilige Produktdetailseite aufsuchten, bis sie ein passendes Angebot erhielten. Die Sorge des Shoppers, einen passenden Deal zu verpassen, führte häufig dazu, Deals zu beobachten und möglicherweise alternative Produkte der Marke zu kaufen. Das Strecken der Aufmerksamkeitspanne über die Deal-Periode hinweg hat zudem den Nebeneffekt, dass die Steigerung der Visits durch wiederkehrende Konsument*innen direkt in die Kundenbindung des Abverkauf-Kanals einzahlt.

Verknappung und Retouren-Option

Als weiteres Konzept zur Abverkaufssteigerung kam der sogenannte „Scarcity“-Effekt zum Einsatz, also die künstliche Verknappung. Haben die Konsument*innen nach mehrtägiger Suche einen passenden Deal gefunden, wirkt ein verknapptes Angebot zusätzlich konversions-treibend. So kommunizieren einzelne Retailer auf der Produktdetailseite einen knappen Lagerbestand über Formulierungen wie „fast ausverkauft“. Dieser zusätzliche Reiz sorgt dafür, dass unentschlossene Kund*innen beim Deal eher zugreifen.

Im Zweifel sorgt die vorhandene Retouren-Option für das sichere Gefühl, sich nicht endgültig festlegen zu müssen. Sollte wider Erwarten ein deutlich besserer Deal auftauchen, so kann schließlich vom 30-tägigen Rückgaberecht Gebrauch gemacht werden. Aus psychologischer Sicht spielt die Retouren-Option demnach eine entscheidende Rolle und festigt die Konsument*innen in ihrer Kaufentscheidung.

Eigentlicher Black Friday verliert an Relevanz

Die genannten Faktoren bestärkten uns in unserer Strategie, mehr Mediabudget in der Pre-Black-Friday-Phase zu allokieren. Dieser Ansatz erwies sich als sehr erfolgreich. Bereits am ersten Deal-Tag beobachteten wir auf Amazon sehr hohen Traffic und konnten performante Ergebnisse bei Spendings auf dem Niveau eines Primedays oder dem eigentlichen Black Friday erzielen.

Der Black Friday selbst verlor weiter an Relevanz, da die Konsument*innen einen Großteil ihrer Käufe vorab tätigten. Amazon bewarb den Tag nicht explizit und setzte die Kommunikation mit dem Claim „Mit Black-Friday-Angeboten Freude schenken (bis zum 27. November)“ unverändert fort. Viele Konsument*innen werden diese Prinzipien in ihren Kaufentscheidungen berücksichtigen, ob bewusst oder unbewusst. Für die Black Period im kommenden Jahr halten wir daher fest: Die gezielte Berücksichtigung dieser Entwicklung in der Deal-Planung wird Brands auch 2024 erhebliche strategische Wettbewerbsvorteile bescheren.