Smart Commercials beim Super Bowl

Der Superbowl ist die teuerste und reichweitenstärkste Plattform für Fernsehwerbung. Dieses Jahr stand die Verbindung zum Online-Marketing im Fokus, sowohl bei der Herstellung der Spots, als auch bei der Messung der Werbewirkung.

Von Frank Puscher

In ökonomisch schwierigen Zeiten rücken die Amerikaner zusammen und besinnen sich auf traditionelle Werte: Cowboys, Lagerfeuerromantik und Bier. So geschehen am gestrigen Sonntag während des Superbowl 47, gesendet aus New Orleans. Nationalhymne – gesungen von Alicia Keys – zu Beginn, Beyoncé mit recht wenig Bekleidung mittendrin und ein packendes Finale zwischen Baltimore und San Francisco sind die perfekten Zutaten zur Stärkung des nationalen Selbstbewusstseins. Da kann auch so ein kleiner Stromausfall nicht daran rütteln.

Diese mentale Grundstimmung im „home of the brave“ macht sich auch bei der Werbung bemerkbar. USA Today misst traditionell die Stärke der Werbewirkung der unterschiedlichen Spots, die mit Preisen von bis zu vier Millionen Dollar für den 30-Sekünder, in den kurzen Unterbrechungen während des Spiels oder in den Viertelpausen gezeigt werden. Top-Act dieses Jahr war ein romantischer Nostalgiker mit einem Cowboy, der ein Pferd aufzieht, dieses an die Brauerei Budweiser verkauft und das Kutschpferd erkennt seinen ehemaligen Besitzer Jahre später während einer Straßenparade wieder. Budweiser setzte sich ganz knapp gegen Spots von Tide und Chrysler durch. Letzterer argumentierte ebenfalls mit Bauernhof-Nostalgie.

Coke unter ferner liefen

Der erste selbstironische Comedy-Spot landete dagegen nur auf Platz vier. Doritos „Fashionista Dad“ ist einer der Sieger des Crowdsourcing-Wettbewerbs Crash the Superbowl, bei dem Jedermann Beiträge einreichen darf. Damit verpasste die alberne Geschichte, die „echte Kerle“ dabei zeigt, wie sich auf Geheiß eines kleinen Mädchens äußerst feminin zurecht machen, das Zusatzpreisgeld in Höhe von einer Million Dollar, das Doritos für den Fall ausgeschrieben hatte, dass man mit dem Amateur-Spot die etablierte Agentur-Konkurrenz schlagen könnte. Letztes Jahr war das noch gelungen, dieses Jahr nicht und vermutlich ist die Konjunktur schuld. Möglichweise aber auch die Qualität der Spots: Bereits während des Doritos-Wettbewerbs im Herbst wurde deutlich, dass sehr viele Clips auf die gleiche Schadenfreude-Mechanik setzen. Der zweite Doritos-Spot landete auf Rang sechs. Audi kam auf Platz zehn ins Ziel. Hier durften die Audi-Fans im Vorfeld zumindest online abstimmen, welcher ihr Lieblingsspot sei. Gleiches exerzierte auch Coke und landete mit dieser Strategie unter „ferner liefen“.

Allerdings ist das Ergebnis des AdMeter von USA-Today daran zu messen, wie online affin die Werbung-Gucker während ihres liebsten TV-Events sind. Erstmals in der Geschichte durften 7000 registrierte Nutzer die Qualität der Spots bewerten.

Eine besondere Bedeutung kommt dabei dem SecondScreen zu, also Tablets und Smartphones, die parallel zum Fernsehgenuss verwendet werden. Die Analysten des Softwareriesen Adobe ermittelten anhand historischer Daten, dass 16 Prozent alle Zugriffe auf Onlinevideos, die in Verbindung mit dem Superbowl stehen, von mobilen Geräten ausgelöst werden. Das ist eine Verdoppelung der mobilen Reichweite im Vergleich zu einem normalen Saison-Tag. Diese Aktivität können freilich auch Unternehmen nutzen, die sich die 30-Sekünder im Spiel nicht leisten können oder wollen. Entsprechende zielgerichtet ausgesteuerte Werbung auf Google oder YouTube profitiert massiv vom SecondScreen-Effekt, meint Adobe. In der Tat ist das ein Trendindikator für künftige Entwicklungen im Bereich großer TV-Ereignisse: Onlinewerber werden immer präziser immer kleineren Werbefenstern Anzeigen schalten, die einen Themenbezug zum Fernsehprogramm aufweisen. Das gilt freilich auch national.

Spannendes Zeitalter beginnt

Insofern kann die Strategie von Audi oder Coca Cola trotz der hinteren Plätze im AdMeter als Erfolg betrachtet werden. Beide hatten schon im Vorfeld der Veranstaltung die Videos gezeigt und zur Abstimmung gebracht. In der Woche vor und der Woche nach dem Ereignis prognostiziert Adobe eine Reichweitensteigerung um 20 Prozent. Natürlich wird durch diese Zahlen ebenfalls deutlich, dass die Landeseiten der Kampagnen für mobile Endgeräte optimiert werden müssen.

Aus Sicht der Werbungtreibenden bricht ein spannendes Zeitalter an, wenn die Werbeeffekte von Fernsehwerbung mittels Online-Analyse präziser, schneller und kostengünstiger gemessen werden können, als mit traditionellen Panels und Fokusgruppen. Christian Sauer vom Analysespezialisten Webtrekk berichtete anlässlich des OnlineHandels-Kongresses im Januar von einem ähnlich gelagerten Experiment mit dem Online-Startup „Wirkaufens.de“. Spots, die auf Kabel1 geschaltet wurden, erzielten zwar deutlich weniger Bruttoreichweite, also solche im Umfeld der Pro7-Sendung Gallileo. Die erzeugten Warenkörbe, Umsätze und Konversionsraten waren allerdings deutlich höher und somit auch der Return on Investment (ROI).

Tamara Gaffney, Analystin bei Adobe, bringt den Zeitenwandel auf den Punkt: “Simply tracking marketing budget ROI via focus groups and awareness studies is insufficient for today’s CMO.”

Weiterführende Links:

Fans entscheiden über Colawerbung
http://www.clickz.com/clickz/news/2239620/cokes-super-bowl-promo-uses-fan-votes-to-decide-which-outcome-will-air?

Crash the Superbowl
http://apps.facebook.com/crashthesuperbowl/

Der Admeter von USA Today
http://admeter.usatoday.com/

Adobe-Blog: 20 Prozent mehr Traffic für die Werber
http://adobe.ly/T3nTFE

Zur digitalen Messung der TV-Online-Effekte müssen sehr präzise Sendungsdaten übermittelt werden. (Quelle: Webtrekk)