Für die Studie wurden von der Universität Leipzig 860 Kommunikationsverantwortliche in Unternehmen, Behörden, Politik, Verbänden und Non-Profit-Organisationen befragt. Das Gemeinschaftsprojekt mit Fink & Fuchs Public Relations und dem Magazin „pressesprecher“ geht damit in die dritte Runde und kann Entwicklungsperspektiven im Zeitverlauf aufzeigen. Der Ausbau der Strukturen für Social Media und ihre Integration in vorhandene Prozesse ist der entscheidende Ansatzpunkt für eine erfolgreiche Kommunikation via Facebook, Twitter, Youtube und andere partizipative Plattformen. Notwendig sind dafür vor allem auch finanzielle Ressourcen. Die Studie offenbart diesbezüglich einen positiven Trend: Rund 39 Prozent der befragten Kommunikationsverantwortlichen geben an, über spezielle Budgets für Social-Media-Kommunikation zu verfügen. Das ist eine Steigerung zum Vorjahr um 22 Prozentpunkte.
In Organisationen mit längerer Social-Media-Erfahrung und mit einer größeren Anzahl an Social-Media-Aktivitäten ist häufiger ein eigenes Budget für Social Media vorhanden. Auch größere Organisationen und börsennotierte Unternehmen sind diesbezüglich besser aufgestellt. Die Mehrheit der Befragten (64 Prozent) glaubt, dass dieses Budget in Zukunft weiter steigen wird. Vor allem NGOs und börsennotierte Unternehmen sehen Verbesserungen, Behörden weniger. Investitionsschwerpunkte liegen in der Erstellung und Verwaltung von Inhalten (69 Prozent) sowie in der Konzeption und strategischen Entwicklung (54 Prozent).
Zusammenarbeit häufig spontan und experimentell
Mittlerweile setzen 72 Prozent der befragten Organisationen Social Media aktiv für ihre Kommunikationsarbeit ein und 20 Prozent planen dies oder nutzen Social Media passiv. In jedem zweiten Fall gibt es dafür mittlerweile klar definierte Zuständigkeiten und Kooperationsstrukturen. Organisationen mit langjähriger Social-Media-Erfahrung oder vielen Social-Media-Aktivitäten sind noch weiter fortgeschritten.
Die Kooperationsformen innerhalb der Organisationen werden allerdings sehr unterschiedlich beschrieben und erinnern vielfach noch an Experimentierphasen. Bei knapp einem Drittel der Befragten läuft die Zusammenarbeit bei der Social-Media-Kommunikation spontan und experimentell ab, bei knapp 19 Prozent sind die Zuständigkeiten nicht explizit geklärt. Die Mehrheit der Befragten beschreibt eine zentral gesteuerte Zusammenarbeit, fast ebenso häufig werden jedoch dezentrale Vorgehensweisen genannt. Dies deutet darauf hin, dass die Zusammenarbeit auf verschiedenen Ebenen unterschiedlich gehandhabt wird und häufig mehrere Organisationsmodelle kombiniert werden.
Ein positiver Trend: 15 Prozent aller Organisationen verfügen über ein spezielles, interdisziplinäres Social-Media-Team. Im vergangenen Jahr gaben 11,5 Prozent der Befragten an, über ein solches Board zu verfügen. Koordinationsaufgaben sind auch deshalb notwendig, weil in fast zwei Drittel der befragten Organisationen die Mitarbeiter über Freiheiten verfügen, in Kommunikationsangelegenheiten selbstständig zu entscheiden und zu reagieren.
Interessant ist ferner der Blick auf die unterschiedlichen Organisationstypen: Zwar werden in Unternehmen, Behörden, Politik, Verbänden und Non-Profit-Organisationen (NPO) Social-Media-Aktivitäten mehrheitlich von einer zentralen Abteilung verantwortet und koordiniert, am häufigsten jedoch in nicht börsennotierten Unternehmen und den Behörden. Vor allem in den NPOs regelt ein großer Teil die Social-Media-Kommunikation spontan und experimentell (24 Prozent der Nennungen) bzw. über autonom tätige Mitarbeiter (4 Prozent). In börsennotierten Unternehmen sind wohl auch aufgrund der Größe der Organisationen interdisziplinäre und vornehmend beratende Teams am weitesten verbreitet.
Social Media Guidelines geben Orientierung
Wenn eigenverantwortlich vorgegangen wird, ist ein besonderes Maß an Koorientierung und Koordinierung nötig. Die Studie zeigt, dass inzwischen 39 Prozent der befragten Organisationen über Social Media Guidelines als unterstützendes Instrument verfügen. Im Vergleich zum Vorjahr ist das eine Steigerung um acht Prozentpunkte. Bei der Einführung und Gestaltung von Guidelines gibt es jedoch einige Hindernisse. Die Entwicklung wird häufig als kompliziert beschrieben, da eine Balance zwischen notwendigen Regeln und Freiheiten gefunden werden muss und Abstimmungen mit Betriebsräten bzw. Rechtsabteilungen notwendig sind. Deshalb durchlaufen Guidelines unterschiedliche Entwicklungsstadien, die sich in den Ergebnissen der Befragung widerspiegeln.
Von den Organisationen, die über Guidelines verfügen, befinden sich rund 31 Prozent in einem frühen Stadium der Planung und Abstimmung, bei 50 Prozent sind sie uneingeschränkt in Kraft und bei 14 Prozent in Überarbeitung oder bereits wieder abgeschafft. Durchschnittlich werden in den Social Media Guidelines sieben unterschiedliche Themen behandelt, am häufigsten wird auf „Benimmregeln in Social Media“ (11 Prozent der Nennungen), Ansprechpartner für Social-Media-Aktivitäten (9 Prozent) und die Trennung beruflicher und privater Kommentare (10 Prozent) verwiesen.
Sporadische Evaluation statt integrierter Kennzahlensysteme
Eine besondere Herausforderung für das Kommunikationsmanagement stellt die Evaluation der umfangreichen Aktivitäten und der sich dynamisch verändernden Inhalte des Social Web dar. Nahezu acht von zehn Befragten geben an, keine spezifischen Social-Media-Kennzahlen zu verwenden. In größerem Maß findet man Kennzahlen nur in sehr aktiven Organisationen und in solchen mit langjähriger Social-Media-Erfahrung. In Behörden und Non-Profit-Organisationen sind im Vergleich zu Unternehmen deutlich weniger Kennzahlen vorhanden. Die übergreifende Steigerung zum Vorjahr um acht Prozentpunkte darf daher nicht über den inhaltlichen Nachholbedarf hinweg täuschen. Die Organisationen, die bereits ihre Social-Media-Aktivitäten evaluieren, weisen unterschiedliche Typen der Social-Media-Evaluation auf. 79 Prozent lassen sich dem Typus sporadischer und subjektiver Evaluation zuordnen, 13 Prozent verwenden einzelne Social-Media-Werte und acht Prozent Social-Media-Kennzahlensysteme.
Vom Aktionismus zur Social Media Governance
Zusammengefasst verdeutlichen die ersten Ergebnisse der Studie „Social Media Delphi 2012“, dass in der Praxis eine fortschreitende Weiterentwicklung vom Aktionismus zur Governance stattfindet. Social Media Governance meint in diesem Kontext alle formellen und informellen Rahmenbedingungen für die Social-Media-Kommunikation in Organisationen. 55,5 Prozent der befragten Organisationen verfügen inzwischen über fortgeschrittene Ordnungsrahmen, 17,8 Prozent sogar über sehr ausgeprägte Governance-Strukturen. Diese strukturellen Voraussetzungen wurden bereits in früheren Studien als kritische Erfolgsfaktoren identifiziert. Im Vergleich zu den Ergebnissen aus den Vorjahresstudien lässt sich ein deutlich positiver Entwicklungstrend erkennen. Vor allem beim Budget und der Befürwortung durch das Top-Management gab es deutliche Verbesserungen.
Am weitesten verbreitet sind mittlerweile technische Möglichkeiten für Mitarbeiter, um während der Arbeitszeit auf Social Media zuzugreifen (76 Prozent) sowie die Unterstützung durch das Top-Management (69 Prozent). Am seltensten sind spezifische Kennzahlen für Social Media vorhanden (23 Prozent). Die Übersicht der einzelnen Dimensionen zeigt verschiedene Handlungsmöglichkeiten auf – einige Bereiche verdienen mehr Aufmerksamkeit, hier ist es am einfachsten möglich, im Wettbewerb mit anderen zu punkten. Insgesamt zeigen die Ergebnisse der quantitativen Befragung im Rahmen der Studie „Social Media Delphi 2012“, dass sich das Thema Social-Media-Kommunikation stark verbreitet hat und auch die Auseinandersetzung damit vermehrt auf einer strategischen Ebene stattfindet.