Laut Kempf gibt es auch in Deutschland einen massiven Vertrauensverlust, was die Sicherheit von Daten und die Integrität von Diensten im Internet angeht. Bitkom belegt dies mit den Ergebnissen einer aktuellen Umfrage, die der Verband selbst in Auftrag gegeben hat. 80 Prozent der Internetnutzer in Deutschland halten ihre persönlichen Daten im Internet generell für unsicher: 33 Prozent sehen sie als „völlig unsicher“ und 47 Prozent als „eher unsicher“ an.
Organisierte Cyber-Kriminalität stellt größte Gefahr dar
Im Juli, nach der ersten Welle der Veröffentlichungen, hielten insgesamt erst 66 Prozent der Internetnutzer ihre Daten für unsicher. Bei einer Bitkom-Umfrage im Jahr 2011 waren es 55 Prozent. „Das Vertrauen vieler Internetnutzer in die Sicherheit ihrer Daten wurde durch die NSA-Affäre erschüttert“, sagt Kempf. Politik und Wirtschaft seien jetzt gefordert. „Der Abhöraffäre zum Trotz: Die größte Gefahr geht von der organisierten Cyber-Kriminalität aus“, warnt der Verbandspräsident. Diese Bedrohung dürfe nicht aus dem Blick verloren werden.“
Laut Umfrage fühlt sich fast die Hälfte (49 Prozent) der Internetnutzer von der Ausspähung ihrer persönlichen Daten durch staatliche Stellen bedroht. Im Juli des laufenden Jahres waren es erst 39 Prozent. Damit übertrifft die Sorge vor der Bespitzelung durch den Staat inzwischen sogar die Angst vor Cyber-Kriminellen. 46 Prozent der befragten Internetnutzer fühlen sich von einer möglichen Ausspähung ihrer Daten durch Kriminelle bedroht. Im Juli waren es 46 Prozent. Immerhin 38 Prozent fürchten die Ausspähung ihrer Daten durch Unternehmen (Juli: 34 Prozent). Nur 15 Prozent der Befragten sagen, dass sie sich im Internet überhaupt nicht bedroht fühlen (Juli: 18 Prozent).
Misstrauen der Bürger wächst auch gegenüber der Wirtschaft
Weiter gelitten hat auch das Vertrauen der Bürger, wenn es um den Umgang sowohl des Staates als auch der Wirtschaft mit ihren persönlichen Daten geht. Laut Umfrage misstrauen 68 Prozent der Internetnutzer Staat und Behörden beim Umgang mit ihren persönlichen Daten im Web. Im Juli waren 58 Prozent und im Jahr 2011 war es mit 40 Prozent sogar noch eine Minderheit, die staatlichen Stellen misstraute. Nicht weniger schlecht ist das Ergebnis für die Wirtschaft. 64 Prozent der befragten Internetnutzer misstrauen der „Wirtschaft allgemein“, wenn es um den Umgang mit ihren Daten im Netz geht.
„Die geheimdienstlichen Spähaktionen haben dazu geführt, dass sich bei vielen Internetnutzern ein allgemeines Gefühl der Unsicherheit breit gemacht hat“, sagte Kempf. Das ändere aber nichts daran, dass Internetzugangsanbieter, Betreiber von Cloud-Services oder große Onlineshops jedes Jahr Milliardensummen in die Sicherheit der Daten ihrer Kunden investieren. Die Unternehmen in der IT-Branche hätten ein hohes Interesse daran, ihren Kunden möglichst sichere Dienste anbieten zu können. Das Vertrauen der Nutzer sei die Grundlage ihres Geschäftsmodells.
Bitkom kritisiert Verschwiegenheitspflicht
Gefordert ist laut Bitkom jetzt die Politik. Der Verband fordert unter anderem eine Befreiung der Unternehmen von der derzeit weitgehenden Verschwiegenheitspflicht über Abhörmaßnahmen zur Schaffung von mehr Transparenz, Verhandlungen über ein No-Spy-Abkommen und eine internationale Übereinkunft für die Herausgabe von Kundendaten an staatliche Stellen.
Kempf betont: „Existiert kein entsprechendes Abkommen, sollte die Herausgabe von Daten europäischer Nutzer unzulässig sein. Die Bundesregierung sollte sich dafür einsetzen, dass zumindest innerhalb Europas die Bürger vor Ausspähung durch Dienste anderer EU-Länder sicher sind.“ Entsprechende Auskunftswünsche müssten im Wege eines Amtshilfeersuchens gegenüber Staaten und nicht direkt gegenüber Unternehmen erfolgen. Seine Forderungen an die Politik hat der Bitkom bereits im November in einem Positionspapier zusammengefasst.
(Bitkom/asc)