Herr Breiden, vor wenigen Wochen haben Sie gemeinsam mit Ebay und PayPal in Bremen den Inspiration Store ins Leben gerufen. Was passiert dort?
OLIVER BREIDEN: Wir haben eine Ladenfläche ausgewiesen, in der wir immer zwei Wochen lang ein Thema spielen. Das ist für die Kunden ein bewährtes Format, das kennen Sie zum Beispiel von Tchibo. Im Laden werden Produkte von uns und verschiedenen Onlinehändlern gezeigt. Etwa 20 Prozent der Produkte können direkt im Laden gekauft werden, der Rest wird online bestellt. Man kann das direkt im Laden über die dortigen Touchpoints machen, aber auch bequem von zuhause aus. Hier erfüllt der Store also eine echte Inspirationsfunktion und setzt eher früh in der Customer Journey an.
Warum hat man den Standort Bremen gewählt, läge Düsseldorf nicht näher?
BREIDEN: Tatsächlich ist Bremen im Retail als Testumgebung durchaus nicht unbekannt. Die dortige Konsumsituation liefert eine solide Basis und wenn ein Thema wie Inspiration im vermeintlich kühlen Norden angenommen wird, funktioniert das auch im Rest der Republik.
Die erste Angebotsphase ist abgeschlossen, es ging um das Thema Inneneinrichtung und „Schönes Zuhause“. Konnten Sie schon erste Lerneffekte ableiten?
BREIDEN: Zunächst einmal ist es schön zu sehen, dass die Kunden das Grundkonzept einfach annehmen. Sie schlendern durch den Laden und kaufen oder kaufen eben nicht. Die Onlinehändler, die bei uns Ware anbieten, melden uns zurück, dass die entsprechenden Produkte im Bremer Raum verstärkt nachgefragt werden. Aber wir erreichen auch Kunden, die gar keinen Onlineanschluss haben oder zum Beispiel Ebay oder PayPal gar nicht kennen.
Gibt’s auch ersten Korrekturbedarf?
BREIDEN: Ja. Die Balance zwischen Produktinszenierung mit wenigen Produkten und gleichzeitig dem aus dem Handel bekannten Konzept des Warendrucks mit möglichst vielen Produkten ist nicht einfach. Wir glauben, wir waren in der ersten Angebotsphase da etwas zu zurückhaltend. Bei den Spielwaren wird das jetzt mehr werden. Aber vielleicht hat da eben auch jede Produktwelt ihre eigene Balance.
Was muss man sich unter Produktinszenierung vorstellen?
BREIDEN: Wir haben eine Produktbühne in der Mitte, ein sehr variables Beleuchtungskonzept darüber, dass zum Beispiel mit Impulslicht arbeitet, um den Besucher zu entspannen, und rundherum haben wir wie in einer Arena Sitzflächen angeordnet. Dadurch hoffen wir, dass die Kunden länger bleiben und via kostenfreies WLan auch die gezeigten Produkte bestellen. Es gibt Studien, die belegen, dass die Kunden eigentlich nie im Stehen einen Onlinekauf abschließen.
Insgesamt haben wir uns etwas stärker an Theater- und Bühnenbau angelehnt, als an klassische Ladenbaukonzepte. Das muss man natürlich auch machen, wenn man alle zwei Wochen umdekorieren will.
Wie bewerben Sie Ihr Angebot?
BREIDEN: Das ist tatsächlich knifflig. Die Pilotphase läuft nur bis Mitte Januar. Wenn wir viel Werbedruck aufbauen, verpufft das und die Kunden sind dann eventuell enttäuscht. Das ist ja ein Grundproblem auch des Konzepts von PopUp-Stores oder größeren derartigen Projekten, wie dem Bikini Center in Berlin. Wie stellt man ein Angebot möglichst vielfältig und variabel dar und bleibt doch in den Augen des Kunden relevant?
Also müssen wir uns mehr auf die jeweils aktuellen Themen konzentrieren und da helfen uns natürlich die Online-Partner sehr stark. Die machen auf Ebay und in ihren eigenen Shops auf dieses Angebot aufmerksam. Tatsächlich könnte hier ein interessanter Effekt entstehen, wenn es zum Beispiel Partnern wie Design3000 oder d-living gelingt, mit ihren Newslettern Kunden zum Centerbesuch zu animieren, die sonst von der Couch aus kaufen würden.
Es ist toll zu beobachten, wie kreativ und engagiert die Onlinehändler zu Werke gehen und wie viele Ideen sie mit einbringen. Man merkt schon, dass die es gewohnt sind, Vertriebsexperimente zu wagen, um daraus zu lernen. Sie bewerten die Kosten tatsächlich auch nicht nach Preis pro Quadratmeter, wie das der klassische stationäre Handel tut. Sondern sie schauen eher auf Gesamtertrag bezogen auf Gesamtaufwand. Außerdem sind sie sehr schnell. Hier hat es dem Projekt übrigens sehr geholfen, Ebay als Partner zu haben. Ich glaube, viele Onlinehändler haben gedacht: Wenn Ebay da mitmacht, wird es auch funktionieren.
Gibt es besondere logistische Herausforderungen?
BREIDEN: Eigentlich nicht. Wenn dann nur in der Auswahl der Artikel und Artikelmengen, die direkt bevorratet werden. Ansonsten wickeln die Onlineshops dass ja in ihrem Standardprocedere ab.
Wäre der Ansatz ein Konzept für die Metro Cash & Carry Märkte?
BREIDEN: Durchaus denkbar. Auch in der Metro Cash & Carry wird immer daran gearbeitet, die Fläche für Kunden attraktiv zu machen. Man kann sich auch wirtschaftlich vorstellen, dass hier Onlinehändlern eine Fläche zur Verfügung gestellt wird, damit sie ihre Produkte inszenieren. Die Zeit der Grabenkämpfe zwischen online und offline ist ja auch irgendwo vorbei. Auch unser CEO, Olaf Koch, betont immer wieder: „Letztlich entscheidet der Kunde“.
Die beste Multichannel-Synergie für die Metro Group wäre, hier vor allem Produkte aus den eigenen Marken anzubieten.
BREIDEN: Nicht unbedingt. Die Vielfalt schafft die Inspiration. Wir haben natürlich auch die Vertriebslinien der Metro eingeladen, mitzumachen, sie tun das aber aus freien Stücken. So ist zum Beispiel auch Galeria.de für Galeria Kaufhof dabei. Aber auch Real und MediaMarkt nehmen in vielen Phasen teil. Ich finde das besser, als wenn es eine Art „Stallorder“ vom Konzern gäbe.
Werfen wir noch einen kurzen Blick auf die Digitalisierung im Retail. Wie wichtig ist das für Ihr Konzept Inspiration Store?
BREIDEN: WLan ist Commodity, das ist frei, kostenlos und ohne Registrierung nutzbar. Die Touchpoints dienen vor allem der Onlinebestellung, werden aber längst nicht von allen Kunden genutzt. Sehr wertvoll sind für uns die digitalen Preisschilder, die es uns erlauben, auf geänderte Onlinepreise der Produkte zu reagieren. Sonst wäre das schlecht für das Vertrauen der Kunden.
Und keine Einkaufsroboter, Beacons oder 3D-Ganzkörperscanner?
BREIDEN: Nein. Wir haben vieles angedacht und einiges verworfen. Es gab zum Beispiel dezidierte Tablets, die Produkte erklären sollten. Das haben wir verworfen, das sollen die Kollegen im Store tun. Dann hatten wir einige, eher kleinteilige Interaktionsmöglichkeiten. Wir finden heute, dass das eher die Atmosphäre im Shop stört. Ich glaube man muss ohnehin vorsichtig sein, die Läden nicht mit Gimmicks vollzustopfen ohne einen klaren Nutzen für den Kunden zu sehen.
Wo sehen Sie für METRO die größte Chance der Digitalisierung, in einem besseren Kundenerlebnis oder in Effizienzsteigerung in den Prozessen?
BREIDEN: Unsere Prozesse sind schon recht gut, ich glaube, die größere Bedeutung hat die Digitalisierung für das Kundenerlebnis.