Die Unternehmensberatung OC&C analysiert mit dem „Proposition Index 2012“ bereits im dritten Jahr das Kaufverhalten der Verbraucher. 25 000 Konsumenten aus acht Ländern wurden zu 580 führenden Handelsunternehmen (darunter mehr als 80 aus Deutschland) befragt.
Amazon vor dm und Thalia
Die Gesamtwertung des „Proposition Index 2012“ führt erneut Amazon mit 90,2 Indexpunkten an. Auf Platz zwei folgt mit dm (85,5 Punkte) das stationäre Handelsunternehmen mit dem stärksten Leistungsversprechen. Die Drogeriemarktkette hat sich um 2,4 Punkte verbessert und den Abstand zu Amazon leicht verkürzt. Platz drei belegt Thalia mit 82,4 Indexpunkten. Unter den Top 20 befinden sich mittlerweile insgesamt fünf Onliner: Neben Amazon und Ebay konnten Dawanda (Platz 4), Notebooksbilliger (Platz 8) und Zalando (Platz 15) in die Spitzengruppe vorstoßen. Welche ehemals führenden Handelsunternehmen die Gunst der Kunden nachhaltig verlieren, sagt Christian Ziegfeld, der für die Studie verantwortliche Partner bei OC&C: „Schlecker und Praktiker sind die offensichtlichsten Beispiele, aber auch Formate wie Media Markt, Görtz oder Esprit spüren den Marktwandel.“
Multichannel-Aktivitäten steigern die Kundenzufriedenheit
Kunden, die bei einem Händler sowohl online als auch stationär einkaufen, sind mit dem Anbieter deutlich zufriedener als Kunden, die sich auf stationäres Shopping beschränken. Die Studie beziffert den Unterschied mit immerhin 3,7 Punkten – dies entspricht dem Abstand zwischen den Plätzen 20 und 40 im Gesamtranking. Effiziente Multichannel-Aktivitäten systematisch zu erweitern, kann sich folglich sehr positiv auf die Kundenloyalität auswirken. Laut Ziegfeld werden Multichannel-Aktivitäten in den kommenden Jahren in zahlreichen Branchen ein wichtiges Thema bleiben und das Einkaufserlebnis nachhaltig verändern.
Insgesamt analysiert die Studie sieben Branchen. Nachfolgend beispielhafte Ergebnisse der Sektoren Textil, Lebensmittel und Unterhaltungselektronik:
Textileinzelhandel: Zalando und Primark steigen auf
In keiner anderen Branche haben sich die Ergebnisse so stark verändert wie im Textileinzelhandel. Junge Online-Konzepte wie Zalando, Asos und Mirapodo sind die Gewinner. Auch etablierte Value-Anbieter wie C&A, Deichmann, Bonprix oder NKD können ihre Position stärken. Zu den Verlierern zählen insbesondere Esprit und S.Oliver – ihre Formate büßen an Attraktivität ein und altern zusammen mit ihrer Stammkundschaft. Sie verlieren vor allem mit Blick auf Qualität, Produktauswahl, Modegrad und Konsumentenvertrauen. Etablierte Anbieter wie Zara und H&M, die über Jahre für „modische Produkte“ standen, verlieren hinsichtlich des zentralen Bereichs Modegrad gegenüber Zalando, Primark und Asos. Obwohl Neueinsteiger Primark bislang nur mit einigen Filialen in Deutschland präsent ist, erzielen die Iren einen hohen Bekanntheitsgrad und genießen in der allgemeinen Marktwahrnehmung einen ausgezeichneten Ruf. Primark liegt in der Beurteilung durch reine „Kenner“ zusammen mit C&A sogar auf Platz eins der Branche.
Renaissance des Supermarktes – Gute Werte für Rewe und Edeka
Im Lebensmitteleinzelhandel sind die Urteile der Konsumenten laut Studie vergleichsweise stabil. Beim Kaufverhalten zeigen sich jedoch deutliche Trends: So schreitet seit rund fünf Jahren die Renaissance des „Supermarktes“ voran. Rewe und Edeka können daher 2012 ihre Position ausbauen. Sie schneiden bei Auswahl, Qualität und Einkaufserlebnis besser ab als im Vorjahr und können selbst in der Preis-Leistungs-Wahrnehmung punkten. Die kleineren Discounter müssen weiter kämpfen: Netto und Penny gelingt es dabei, den Anschluss an Aldi und Lidl etwas zu verkürzen. Penny punktet über ein wertigeres Einkaufserlebnis, während Netto mit Produktauswahl und Preisstellung überzeugen kann. Die reine Preispositionierung von Aldi reicht aus Kundensicht nicht mehr aus, um die Vormachtstellung im Discount-Segment unangefochten zu halten. Insbesondere die Produktauswahl und das Vertrauen verlieren im Kundenvotum.
Unterhaltungselektronik: Notebooksbilliger vor Saturn und Conrad
Im aktuellen Index zieht Notebooksbilliger an Saturn und Conrad Elektronik vorbei auf Platz eins in der Unterhaltungselektronik. Neben dem attraktiven Preis gewinnt Notebooksbilliger mit der sehr guten Produktauswahl. Der Online-Anbieter aus dem niedersächsischen Sarstedt versteht die Anforderungen der einzelnen Kundensegmente sehr gut. Auf dieser Basis strukturiert Notebooksbilliger den Preiseinstieg und die Premiumbereiche der Sortimente hervorragend und rückt dem Ziel ein großes Stück näher, schon 2012 der führende Online-Anbieter für Unterhaltungselektronik zu werden. Media Markt und Saturn stagnieren dagegen in der Kundenwahrnehmung. Als stationärer Anbieter kann Media-Saturn weder bei Preis noch bei Auswahl – beides die Kernelemente des ursprünglichen Leistungsversprechens – mit der Online-Konkurrenz mithalten. Beide Marken verlieren in der Kundenwahrnehmung und müssen ihr Format in den kommenden Jahren neu erfinden, wenn Sie der Konkurrenz auch langfristig die Stirn bieten wollen.
Taktische Preisaktionen bewirken wenig
Die Studie zeigt, dass die Konsumenten 2012 mit dem deutschen Handel zufriedener sind als im Vorjahr. Trotz des positiven Trends verschlechtert sich jedoch das Konsumentenvertrauen und so werden viele Handelsunternehmen heute skeptisch beobachtet. „Das gesamtwirtschaftliche Umfeld, neue Spieler, veränderte Strategien führender Händler und der Anstieg an Preisaktionen verunsichern die Konsumenten. Doch viele Verbraucher erkennen mittlerweile den Wert eines nachhaltigen Leistungsversprechens und lassen sich weniger durch taktische Preisaktionen steuern“, betont Ziegfeld. Konsumenten würden Kaufentscheidungen heute gründlicher als früher überprüfen und seien auch bereit, bei einem attraktiveren Angebot einen kleinen Preisaufschlag hinzunehmen. Ziegler rät Händlern, gezielt an ihrem Leistungsversprechen zu arbeiten.
Fazit der Konsumentenbefragung durch die Strategieberatung ist, dass die Stärken der Onlineanbieter immer mehr Stationäre unter Zugzwang setzen. Aus Kundensicht werden viele Stationäre derzeit vom E-Commerce überholt und müssen nun ihr Leistungsversprechen und ihr Format weiterentwickeln, um den Anschluss nicht zu verlieren und die eigene Marktposition aufrechterhalten zu können. Allerdings gehen die Studienverantwortlichen davon aus, dass einige der betrachteten stationären Anbieter diese Transformation nicht erfolgreich bewältigen werden und ihre Alleinstellung und Markposition hierdurch mittelfristig verlieren.