Nur drei Branchen wird verantwortungsvolles Handeln bescheinigt

Welches Verständnis von Nachhaltigkeit haben deutsche Verbraucher entwickelt? Die Markenberatung Icon Added Value legt dazu die Studie „CSR auf dem Prüfstand 2012“ vor, in der sie den gesellschaftlichen Wandel sowie verschiedene Branchen und Marken unter die Lupe nimmt. Drastisch gestiegen sei die Forderung der Deutschen nach Unternehmensverantwortung.

Längst ist Corporate Social Responsibility (CSR) in den allgemeinen Sprachgebrauch übergangen. Als Grundpfeiler für CSR gelten das nachhaltige Wirtschaften, der faire Umgang mit Beschäftigten und das Übernehmen von Verantwortung für Gesellschaft und Umwelt. 1 000 Menschen beantworteten Fragen zu 30 CSR-Themen, 18 Branchen, 37 Marken und einigen Initiativen. Erstmals beobachtet Icon Added Value nach zwei früheren Studien, dass in diesem Jahr Gerechtigkeit eine stärkere globale und solidarische Ausprägung bekommt. Die Menschen würden kritischer, die Frage nach der Rolle von Unternehmen und dem Umgang mit aktuellen Problemen werde lauter. Gerechtigkeit und Fairness im Sozialen zögen sich wie ein roter Faden durch die wichtigsten Zukunftsthemen – begleitet von Umweltverschmutzung und der Förderung alternativer Energien. Und nicht nur hierzulande, auch mit der Dritten Welt könnten Unternehmen so nicht mehr weitermachen. Nach Ansicht von Dr. Hildegard Keller-Kern von Icon Added Value sollte man meinen, dass Unternehmen die Bedeutung von CSR erkannt und in ihre Unternehmens- wie Marketingstrategie voll und ganz integriert haben. Aber die Realität sei eine andere.

Icon Added Value beleuchtet einzelne Branchen und kommt zu einem enttäuschenden Ergebnis: Von 18 Branchen gibt es nur drei „Gute“ mit Einzelhandel, Haushaltgeräte und IT. Automobil habe sich als „Polarisierende“ vom Buhmann-Image seit 2007 etwas erholt, aber es gebe 14 „Schlechte“ mit Finanzdienstleistern und Mineralöl als Schlusslichtern. Und auch die Foodbranche habe mit einem Negativ-Image zu kämpfen. Doch selbst in kritischen Branchen, wie bei Banken und Versicherungen, konnte Icon Added Value vereinzelt „Gute“ ausmachen, also Marken, die aus Sicht der Deutschen verantwortungsvoll handeln. Dies sind vor allem Sparkassen sowie Volks- und Raiffeisenbanken. Licht am Horizont seien auch die positiven Studienergebnisse, dass kleine und mittelständische Unternehmen durchaus als verantwortungsvoll handelnde gesehen werden. Ebenso wie „I´m from Germany“, denn die Deutschen hielten deutsche Unternehmen für wesentlich vertrauenswürdiger als ausländische.

In der CSR-Typologie der Deutschen 2012 haben „Die Engagierten“ deutlich zugenommen – um sechs Prozent auf nun 33 Prozent. Diese sechs Prozent kommen weitgehend aus der „breiten Mehrheit“. Daraus würden Konsequenzen für alle Verantwortungsträger in Politik, Gesellschaft und Wirtschaft erwachsen. Noch hätten Marken das Gesetz des Handelns in der Hand – das belege das verantwortungsvolle Handeln der Top 5 Marken dm Drogeriemarkt, Landliebe, Volkswagen, Bosch und Liqui Moli sehr klar: Alle seien deutlich besser als ihre Branche. Aber mehr denn je sollten Management und Marketing auf das geänderte gesellschaftliche Bewusstsein eingehen. „Ohne eigenständige, markenspezifische und passende CSR-Maßnahmen ist für Marken kein Blumentopf zu gewinnen“, sagt Keller-Kern, „denn die Menschen sind in den letzten fünf Jahren in ihrer Wertschätzung von und Bindung an Marken zunehmend von CSR Aspekten beeinflusst. Das wird weiterhin zunehmen.“

Icon Added Value zeigt darüber hinaus, dass das CSR-Engagement der Unternehmen durchaus differenziert wahrgenommen wird. CSR-Sichtbarkeit, das heißt, ob Aktivitäten bemerkt werden, sei messbar. Und es gebe eine CSR-Wirkungskette, in der die sogenannte CSR-Uniqueness ein relevantes Kriterium für die CSR-Handlungsstärke darstellt. Erst dann entstehe emotionale Markenbindung. Das CSR-Anliegen müsse getragen sein von CEO, Management und Mitarbeitern und dürfe nicht als Marketing-Spielwiese oder Greenwashing betrachtet werden. Es sollten nur solche Themen aufgegriffen werden, die zum Geschäftsbereich passen, nach dem Motto „Schuster bleib bei deinem Leisten“. Besonders, wenn es um nicht überprüfbare Aussagen oder innere Werte gehe, müsse die Glaubwürdigkeit im Fokus stehen. Unabhängige Partner könnten dabei helfen. Schließlich empfehlen die Markenberater, klar und verständlich zu kommunizieren und die Balance zwischen Ernst und Unterhaltung sowie zwischen Fakten und Emotion zu wahren. Die Studie kann auf der Website des Unternehmens angefordert werden.

Lebensmittel werden am häufigsten als nachhaltig wahrgenommen

Das Ladengeschäft ist für deutsche Konsumenten Anlaufpunkt Nummer eins, wenn sie sich über die Nachhaltigkeit von Waren und Dienstleistungen informieren wollen. 35 Prozent der mehr als 3 000 Befragten gaben an, sich direkt vor Ort mit den Produkteigenschaften vertraut zu machen. Diese Ergebnisse des CSR-Trackers des IFH Köln belegen, wie wichtig der Aspekt der transparenten Information auch im Bereich Verpackung und Präsentation ist. Nachhaltigkeit beeinflusst die Kaufentscheidung unmittelbar am Point-of-Sale (PoS). Ein Drittel der Befragten gab weiter an, sich über Presse und Werbung zu informieren. „Die Investitionen, die viele Firmen in den vergangenen Jahren in Ihre Nachhaltigkeitskommunikation gesteckt haben, zahlen sich jetzt aus“, sagt Bettina Willmann, Bereichsleiterin Forschung & Konzepte am IFH. Obwohl soziale Medien den letzten Platz der Informationsquellen belegen, gaben immerhin 14 Prozent an, Facebook und Co. zur Information zu nutzen. „Diese Kanäle sind zukünftig im Medien-Mix für die Nachhaltigkeitskommunikation nicht zu vernachlässigen“, empfiehlt Willmann.

Mehr als die Hälfte der Befragten gaben an, dass ihnen das Thema Nachhaltigkeit schon häufiger im Zusammenhang mit Lebensmitteln begegnet sei. Damit liegt der Food-Bereich mit Abstand auf Platz eins. Der Lebensmittelbranche gelingt es offenbar am besten, Nachhaltigkeitsmaßnahmen zu transportieren. Wasch-, Putz- und Reinigungsmittel belegen mit 45 Prozent den zweiten Rang. Obwohl der Do-it-Yourself (DIY)-Bereich im Vergleich zu den anderen Branchen am nachhaltigsten wahrgenommen wird, landet die Produktgruppe Lacke und Farben nur im unteren Drittel und wird somit seltener mit Nachhaltigkeit verbunden. Generell sind produktgruppenübergreifend noch Informationsdefizite vorhanden: 14 Prozent der Befragten gaben an, dass ihnen bei keinem der zur Auswahl stehenden Branchen das Thema Nachhaltigkeit begegnet sei.

Während sich die „Main Player“ in den meisten Branchen im Vergleich zur Erhebung im November auf ihrem Niveau gehalten haben, hat die DIY-Branche im CSR-Index ordentlich zugelegt. Besonders Bauhaus, Raiffeisen und Praktiker haben sich mit vier und drei Punkten deutlich verbessert. Im Bereich Drogeriemärkte konnten die Gewinner der letzten Erhebung – dm und Budni – auch dieses Mal die ersten Plätze verteidigen. Jeweils drei Punkte verloren haben die insolvente Drogeriemarktkette Schlecker und ihre Tochter Ihr Platz. Während beide Unternehmen im November noch Imagegewinne verzeichnen konnten, hat die Insolvenz auch das Nachhaltigkeitsimage weiter beschädigt. Schlecker und Ihr Platz liegen abgeschlagen auf den letzten Plätzen.

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