Von Raoul Fischer
Je genauer Kampagnen auf den Kunden zugeschnitten sind, je individueller der Dialog wird, desto mehr sind Spezial-Diziplinen gefordert, die der Markt bisher kaum zur Verfügung gestellt hat. In diesem Kontext entstehen neue Berufsbilder, die Daten-Management und Marketing zusammenführen, ohne jeweils in ihrem Know-how-Silo zu bleiben. Das heißt: Bei aller Spezialisierung ist auch der Blick auf das große Ganze erforderlich, um den Anforderungen gerecht werden zu können, die sich zum Beispiel aus Behavioural Marketing ergeben. Denn am Ende geht es darum, einen Dialog zu gestalten, der beiden nützt: Dem Kunden, der sich verstanden fühlt, und dem Unternehmen, das eine stabile Kundenbeziehung aufbaut und Umsatz macht.
Der Kampagnen-Architekt
Das fängt bei der Gestaltung von Kampagnen an. Denn wer in den Dialog einsteigt, muss die verschiedenen Berührungspunkte verstehen, die ein User mit einer Kampagne hat. Der Kampagnen-Architekt ist also so etwas wie ein Experience-Architekt. Er braucht Einsicht in die Erfahrung eines Nutzers und eine Vorstellung, wie dieser die Kommunikation auf den verschiedenen Kanälen erlebt. Damit der Kunde über die verschiedenen Kanäle ein ganzheitliches Erlebnis hat, muss er in der Lage sein, verschiedene Maßnahmen – ob online oder offline – zu synchronisieren. Das Ziel besteht darin, einen Dialog mit dem User zu führen, ohne dass dieser den Dialog als solchen wahrnimmt.
Der Kampagnen-Architekt entwickelt also das Konzept für den Aufbau einer Dialog-Kampagne, deren Architektur. Ein Hauptteil der Arbeit besteht in Denkarbeit: Der Kampagnen-Architekt muss jeden Prozess durchgehen, was gerade im Multi-Channel-Bereich schnell kompliziert wird. Gefordert sind in diesem Kontext strategisches Denken, technisches Know-how, rechtliches Grundwissen – und natürlich ein tiefes Verständnis für Marketing-Prozesse.
Der Data- oder Business-Analyst
Wer im Dialog-Marketing nicht untergehen möchte, muss auch mit Kundendaten umgehen können. Das erfordert nicht nur betriebswissenschaftliches Know-how mit Schwerpunkten wie Statistik, Informatik oder Wirtschafts-Mathematik. Data- oder Business-Analysten brauchen zudem eine profunde Kenntnis von Marketing-Prozessen, rechtliche Grundlagen – und eine detektivische Nase für Informationen und Zusammenhänge. Denn je individueller der Dialog wird, desto mehr spielen weiche Daten eine Rolle jenseits von Demografie oder harten Nutzungszahlen. Die Analysten müssen also in der Lage sein, Muster und Zusammenhänge zu erkennen, die anderen beim Scannen von Daten und Fakten entgehen. Gerade wenn Prozesse am Ende automatisiert ablaufen sollen, braucht man eine genaue Kenntnis, welche Informationen die Abläufe wie steuern sollen.
Darüber hinaus brauchen die Profis ein Verständnis für das Business. Am Ende zählt ja nicht der Dialog als solcher oder der Abschluss, sondern auch der Wert eines Kunden. Ein Beispiel aus dem Mobilfunkbereich: Neue Verträge, die am Ende nicht zustande kommen können, weil die Kunden nicht über die notwendige Bonität verfügen, helfen einem Mobilfunk-Anbieter nicht weiter. Der Data-Analyst muss hier in der Lage sein, die Stellschrauben zu definieren, mit denen unattraktive-Endkunden im Prozess ausgesondert werden.
Ob Kampagnen-Architekt oder Data-Analyst – beide Berufe nähern sich von verschiedenen Seiten einander an. Gefordert ist hier ein Verständnis dessen, was der jeweils andere tut. Erst in der Zusammenarbeit zwischen beiden Disziplinen entstehen Kampagnen und Prozesse, die in eine vertieften Dialog führen.