Nach Berechnungen der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) stehen den europäischen Verbrauchern für das Jahr 2013 insgesamt etwa 8,62 Billionen Euro für ihre gesamten Ausgaben sowie zum Sparen zur Verfügung. Dies entspricht einer Kaufkraft von 12.890 Euro pro Einwohner im Durchschnitt der 42 Studienländer. Die Bewohner in Lichtenstein verfügen jedoch über 58.844 Euro pro Kopf, das ist Rang 1 in der europäischen Kaufkraft-Rangliste. Die Schweizer folgen mit 36.352 Euro auf Rang zwei, und Norwegen hält mit 31.707 Euro pro Kopf Rang drei. Moldawien bildet mit nur rund 1.284 Euro pro Kopf weiterhin das Schlusslicht. Den rechnerischen europäischen Durchschnitt repräsentiert in etwa Spanien mit rund 12.370 Euro pro Kopf.
Von der allgemeinen Kaufkraft müssen die Menschen alle Ausgaben für Essen, Wohnen und Dienstleistungen sowie Konsumwünsche bestreiten. Die Einwohner der kaufkraftstärksten Länder Europas müssen zwar einen großen Teil ihres Einkommens in Mieten und allgemein teurere Lebenshaltungskosten investieren. Für den Konsum über das Lebensnotwendige hinaus bleibt ihnen jedoch erheblich mehr Geld übrig als den Verbrauchern in kaufkraftschwachen Ländern. Das europaweite Pro-Kopf-Wachstum zum Vorjahr liegt bei 0,39 Prozent und damit unterhalb der von der Europäischen Zentralbank (EZB) für 2013 angesetzten Inflationsrate von 1,5 Prozent. Die GfK Kaufkraftstudie betrachtet – zwecks einer bis zur feinsten regionalen Ebene einheitlichen Vergleichsbasis – die nominale Kaufkraft in Euro.
Norwegen deutlich vor Schweden
Die Norweger liegen europaweit auf Rang drei, und auch ihre nordischen Nachbarn Schweden (Rang 5), Dänemark (Rang 7) und Finnland (Rang 10) schneiden im Europavergleich hervorragend ab. Außer Island (Rang 13) sind alle innerhalb der Top 10 des Europa-Rankings nach Kaufkraft je Einwohner zu finden. Dabei liegen die Norweger im rechnerischen Schnitt rund 10.000 Euro vor den Schweden mit 21.640 Euro pro Kopf.
Innerhalb der Regionen bestehen zwar Kaufkraftunterschiede, aber längst nicht so starke wie in zentral- und osteuropäischen Ländern. Beispielsweise haben die Bewohner der ärmsten Region Norwegens (Nord-Gudbrandsdalen) mit pro Kopf 27.676 Euro etwa 34 Prozent mehr Geld zur Verfügung als der deutsche Bundesdurchschnitt. Die Bewohner Reykjaviks, des kaufkraftstärksten Kreises in Island, kommen mit 19.289 Euro pro Kopf an die „ärmsten Norweger“ bei weitem nicht heran. Auch die Kaufkraft der Bewohner Stockholms fällt mit durchschnittlich 26.459 Euro geringer aus.
Große Kaufkraft-Spreizung in Polen
Polen liegt mit seiner Kaufkraft von 5.870 Euro je Einwohner im europäischen Ranking auf Platz 28 und damit noch im unteren Drittel: Im Schnitt verfügen die Einwohner Polens jeweils etwa über die Hälfte des europäischen Kaufkraft-Durchschnitts (12.890 Euro). Das entspricht zugleich einer Kaufkraft, die doppelt so hoch ist wie in Bulgarien (2.919 Euro pro Kopf). Im Vergleich mit seinen Nachbarländern findet sich Polen mitten im Spannungsfeld der europäischen Kaufkraftschere: Während die deutschen Nachbarn über 20.621 Euro jährlich verfügen, müssen die Ukrainer mit einem Zehntel dieser Summe (2.206 Euro jährlich) haushalten.
Die Kaufkraftspreizung ist in Polen besonders hoch. In der Tschechischen Republik liegt die Kaufkraft in der Hauptstadtregion Hlavni mesto Praha schon etwa 30 Prozent höher als der Landesdurchschnitt, doch die Hauptstadt Polens setzt sich noch deutlicher von den restlichen Regionen des Landes ab: In Warschau liegt die Kaufkraft je Einwohner 78,5 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Zum Vergleich: In Norwegen liegt die Hauptstadt Oslo nur elf Prozent über dem Landesschnitt.
West- und Südeuropa aus der Perspektive Portugals
Im europäischen Vergleich liegen die Portugiesen mit einer Kaufkraft von 10.018 Euro pro Kopf auf dem 20. Platz und damit hinter ihren spanischen Nachbarn auf der iberischen Halbinsel (Rang 17) sowie den südeuropäischen Mittelmeerstaaten Malta (Rang 19), Zypern (Rang 18) und Italien (Rang 15). Im Vergleich zum Vorjahr erzielen die Portugiesen eine höhere Pro-Kopf-Kaufkraft als die Griechen und wandern im Europaranking einen Platz nach oben.
Innerhalb Portugals zeigt sich wiederum eine starke Spreizung der Kaufkraft. Die Einwohner des Bezirkes (Distrito) Lissabon verfügen im Schnitt über eine Kaufkraft von 14.145 Euro. Damit liegen sogar über dem europäischen Durchschnitt. Hingegen haben die Bewohner der Ilha do Corvo, einem Teil der Inselgruppe der Azoren, durchschnittlich nur 6.443 Euro pro Kopf. Dies entspricht der Hälfte der verfügbaren Kaufkraft im europäischen Vergleich.
Auch innerhalb der ebenfalls von der Wirtschaftskrise stark getroffenen Länder Irland und Griechenland zeigen sich hohe regionale Unterschiede bezüglich der Kaufkraft. In Griechenland verfügen die Einwohner des kaufkraftstärksten Regionalbezirks im Athener Norden über eine durchschnittliche pro-Kopf Kaufkraft von 13.805 Euro. Dies ist mehr als doppelt so viel wie die Bewohner des Regionalbezirks Ilia im Nordwesten des Peloponnes zur Verfügung haben. In Irland beträgt die Differenz zwischen der Region Dun Laoghaire-Rathdown südlich der Haupstadt Dublin und dem County Donegal im Norden etwa 47 Prozent.
Beitrittskandidat Serbien unverändert auf Rang 34
Rund 7,2 Millionen Serben teilen sich eine Kaufkraftsumme von knapp 22 Milliarden Euro. Mit einer GfK Kaufkraft von 3.032 Euro pro Einwohner im Jahr 2013 liegt Serbien deutlich hinter dem Europadurchschnitt von 12.890 Euro. Als EU Beitrittskandidat ist die Entwicklung des südosteuropäischen Landes von besonderem Interesse. Die Zunahme ausländischer Investoren in Serbien zeigt das Potenzial des Landes, insgesamt bleibt die Kaufkraft Serbiens dieses Jahr aber unverändert auf dem 34. Rang.
Die Hauptstadtregion Belgrad vereint rund 23 Prozent der Einwohner und fast 30 Prozent der Kaufkraftsumme Serbiens und liegt mit einer durchschnittlichen Kaufkraft von 3.891 Euro je Einwohner etwa 28 Prozent über dem Landesdurchschnitt. Die südlichen Regionen weisen unterdurchschnittliche Werte auf. Besonders kaufkraftarm sind die Kreise an der südöstlichen Grenze des Landes.
Die GfK Kaufkraft der Nachbarländer Serbiens ist heterogen: Staaten, die bereits der EU beigetreten sind – Rumänien, Ungarn, Kroatien – verfügen über eine höhere Kaufkraft. Die Ausnahme bildet hierbei Bulgarien mit einer Kaufkraft von 2.919 Euro. Montenegro, wie Serbien EU-Beitrittskandidat, weist eine knapp 50 Prozent höhere Pro-Kopf Kaufkraft als Serbien auf. Mazedonien, ebenfalls ein EU-Beitrittskandidat der Region, liegt mit einer Kaufkraft von 2.714 Euro vier Ränge hinter Serbien. Die Einwohner der anderen potenziellen EU-Kandidatenländer Albanien, Bosnien-Herzogowina und Kosovo haben allesamt eine deutlich geringere Kaufkraft.
(GfK/asc – Foto: Edeka)