Von Michael Brandtner
Blickwinkel 1: Die Medien- und Markenlandschaft
Damals, im Jahr 1981, schrieben Al Ries und Jack Trout, dass Positioning das erste Konzept sei, das sich mit dem Problem der überkommunizierten Gesellschaft auseinandersetzt. Nur was die beiden damals als „Überkommunikation“ sahen, war nur das Aufwärmtraining im Vergleich zu heute.
So gesehen leben wir heute in einer über-überkommunizierten Gesellschaft. Heute haben wir aus Kundensicht viel zu viele Produkten und Dienstleistungen, viel zu viele Marken, viel zu viele Unternehmen, viel zu viele Medien und damit auch viel zu viel Marketinglärm. Social Media hat diesen Lärmpegel noch einmal erhöht.
Nur genau diese Entwicklung macht Positioning als Konzept noch wichtiger. Denn je größer die Kommunikationsüberlastung der Kunden wird, desto wichtiger und leider auch schwieriger wird Positioning. So war es vor 31 Jahren bedeutend einfacher, eine freie Position in den Köpfen der Kunden zu finden und dann auch zu besetzen.
Blickwinkel 2: Das Konzept selbst
Was ist das oberste Ziel jedes Positioning-Konzepts? Es geht darum, eine freie Lücke in den Köpfen der Kunden zu finden, um diese dann erfolgreich zu besetzen. Klassische Beispiele dazu waren vor 31 Jahren:
Coca-Cola – Original-Cola
Mc Donald’s – Hamburger
Kodak – Fotofilm
Hertz – Autovermietung
Xerox – Kopierer
Nehmen Sie dazu die wirklich erfolgreichen Internet- und Social-Media-Marken. Diese folgen heute genau denselben Prinzipien:
Google – Suchmaschine
Youtube – Video
Amazon – Internetbuchhandlung
Zalando – Schuhe übers Internet
Facebook – Soziales Netzwerk
Positioning ist ein Konzept, das sich in der Wahrnehmung der Kunden abspielt. Es geht darum, dass man in einem bestimmten Bereich die erste Wahl wird. Dies gilt heute wie damals. Google besitzt heute, wie wir es ausdrücken, die „Suchmaschinen“-Position in den Köpfen der Kunden. Das ist die große Stärke von Google. Gleichzeitig ist das das große Problem von Bing. Bing steht nur im Schatten von Google.
Was sollte, wenn man dem Positioning-Konzept von 1981 folgt, eine Nummer zwei tun? Sie sollte die genau gegenteilige Position des Marktführers einnehmen. Genau das machte bewusst oder unbewusst Youtube. Google war die führende „Wort-Suchmaschine“, also wurde Youtube die führende „Video-Suchmaschine“. Kein Wunder, dass Youtube heute die zweitgrößte Suchmaschine hinter Google ist.
Eine andere Möglichkeit wäre laut Positioning, den Fokus zu verengen, um in einem bestimmten Bereich die Nummer eins zu werden. Genau das tat Facebook. Als Facebook gegründet wurde, war Myspace das führende soziale Netzwerk, das vor allem sehr musik- und jugendorientiert war. Also verengte Facebook beim Start den Fokus auf nur eine Universität in den USA, nämlich auf Harvard. Dann weitete man das Konzept nach und nach auf alle Universitäten aus, um dann das größte „seriöse“ soziale Netzwerk dieser Erde zu werden.
Die dritte Möglichkeit laut Positioning lautet schlicht und einfach: „Wenn Sie nicht Marktführer sind, etablieren Sie eine neue Kategorie, in der Sie vom ersten Augenblick an Marktführer sind. Genau das ist das Denken hinter Erfolgen wie iPod, iPhone, iPad, Red Bull, Ryanair, Dyson, Geox oder auch Pinterest.
Die grundlegenden Basisstrategien von Positioning gelten heute wie damals, weil sich Positioning nicht am Markt, sondern in den Köpfen der Kunden abspielt. Was sich maßgeblich verändert hat, sind die Umsetzungswege, wie man diese Position in den Köpfen der Kunden etablieren kann. Hier haben die klassischen Medien in vielen Fällen an Einfluss verloren, während etwa PR, der Point of Sale und Social Media an Einfluss gewonnen haben.
Positioning und die Zukunft
Das heißt: Positioning als Strategiekonzept gilt heute wie damals. Das Ganze ist nur bedeutend schwieriger geworden. Das hat zwei Hauptgründe. Erstens: Immer mehr Positionen sind bereits besetzt. Daher ist es viel schwieriger, noch eine freie Position zu finden. Zweitens: Die Medienlandschaft wird immer komplexer und komplizierter. Dies macht auch die operative Umsetzung viel schwieriger.
Wo aber wird das Konzept Positioning in 31 Jahren stehen? Das kann niemand mit Sicherheit vorhersagen. Man kann nur von einem ausgehen: Je größer die Kommunikationsüberlastung in Zukunft wird, desto wichtiger wird das Positioning-Konzept auch in Zukunft werden. In diesem Sinne: Positioning! Die Zukunft Ihrer Marke(n), Ihres Unternehmens hängt davon ab!
Über den Autor:
Markenstratege Michael Brandtner ist der Spezialist für strategische Markenpositionierung in Rohrbach, OÖ, Associate im Beraternetzwerk von Al und Laura Ries und Autor des Buches „Brandtner on Branding“. Sein Markenblog: www.brandtneronbranding.com.