Deloitte Media Survey 2016: Weniger Verdrängung durch digitale Angebote als erwartet

Die aktuelle Deloitte-Studie „Media Disruption – kritisch hinterfragt“ macht deutlich: Eine fundamentale Umwälzung bei der Mediennutzung ist in Deutschland bislang ausgeblieben – und auch in naher Zukunft nicht zu erwarten.
Lesen ist out, fernsehen schauen in
Die Folgen der Digitalisierung sind zwar auch und gerade bei den Medien spürbar, jedoch zeigen die Verbraucher im Hinblick auf traditionelle Angebote wie lineares TV und gedruckte Zeitungen ein erstaunliches Beharrungsvermögen. Die neuen Dienste sind dennoch auf dem Vormarsch. Der Punkt, an dem die Akzeptanz digitaler Formate in älteren Zielgruppen sinkt, unterscheidet sich laut Studie dabei von Medium zu Medium.
Der Survey unterscheidet zwischen den sechs maßgeblichen Medienkategorien Video, Audio, Zeitungen, Magazine, Bücher und Games. In jeder dieser Sparten zeigt sich ein individuelles Bild. Es verdeutlicht, dass die Medien von den verschiedenen Altersgruppen sehr unterschiedlich genutzt werden, und widerlegt die These, dass sich jüngere Verbraucher im Zuge der Digitalisierung von traditionellen Medien abwenden.

Jede Sparte zeigt individuelles Bild

In der Kategorie Video beweist das lineare Fernsehen auch 2016 seine hohe Popularität über alle Altersgruppen hinweg – rund 90 Prozent der 2.000 Studienteilnehmer schalten mindestens einmal pro Woche das TV-Gerät ein. Entscheidend hierfür ist vor allem der „Live-Charakter“ von Events. Nicht-lineare Angebote sind bei Verbrauchern zwischen 19 und 34 Jahren besonders populär. In dieser Sparte vollzieht sich der digitale Bruch im Alter von Mitte 30. Beliebt bei den ganz jungen Konsumenten sind Kurzvideos auf entsprechenden Portalen – dafür bezahlen würden sie allerdings nicht.
Deutlich später wird der digitale Bruch im Bereich Audio sichtbar – unter anderem, weil auch die mittlere Altersgruppe häufig mp3-Dateien herunterlädt. Die Jüngeren bevorzugen inzwischen Streaming. Ungeachtet dessen kann sich aber das traditionelle Radio gut behaupten. Nur in der ganz jungen Zielgruppe liegt der Anteil derer, die mindestens einmal pro Woche Radio hören, nicht deutlich über 50 Prozent. Als einzige zeigt diese Gruppe auch kaum Affinität zur CD.

Kein Geld für Online-News, Buch beliebter als E-Book

Gedruckte Zeitungen und Zeitschriften wurden oft genug totgesagt – und leben munter weiter. Etwa ein Drittel der Verbraucher greift regelmäßig zur Tageszeitung. Die meistgenutzte Quelle für Nachrichten ist indes das Internet: Hier informieren sich knapp zwei Drittel mindestens einmal pro Woche und 42 Prozent jeden Tag. Digitale Bezahlangebote finden jedoch kaum Anhänger. Print-Magazine bleiben vor allem wegen ihrer haptischen Wertigkeit beliebt. Auch hier tun sich digitale Bezahlangebote schwer, während werbefinanzierte Online-Angebote über alle Altersgruppen hinweg geschätzt werden.
Buchliebhaber stehen zum „Wälzer“ und nutzen E-Books eher ergänzend. Hier zeigen sogar die Jüngeren das größere Interesse. Immerhin 42 Prozent der Befragten lesen einmal pro Woche in einem Buch. E-Books finden die stärkste Resonanz bei der mittleren Altersgruppe, obwohl der digitale Bruch ebenfalls bei den Mittdreißigern beginnt. Deutlich später ist er im Hinblick auf Games zu verorten: Mehr als ein Drittel der über 55-Jährigen spielt regelmäßig am PC. Bei konsolenbasierten Spielen fällt die Nutzungskurve unter den Mittvierzigern jedoch steil ab. In den Altersgruppen darunter ist das Mobile Game der unangefochtene Spitzenreiter – und Virtual Reality Games mit entsprechender Brille stoßen zunehmend auf Interesse.
„In vielen Segmenten gibt es eine Koexistenz von traditionellen und neuen Angeboten. Aus dieser Gemengelage lassen sich verschiedene Perspektiven für die Medienbranche ableiten. So können im Bereich Bücher etwa intelligente Bundles gedruckter und digitaler Inhalte neue Wertschöpfungspotenziale erschließen. Jugendliche, die gegenwärtig weder on- noch offline für Nachrichten zu begeistern sind, könnten mit zielgruppenspezifischen Angeboten adressiert werden“, sagt Klaus Böhm, Leiter Media Practice bei Deloitte.