Tik Tok-Hype: Diese App lässt Teenager durchdrehen

Man muss nicht alles verstehen: Welche App erreicht über eine halbe Milliarde Nutzer mit Videoschnipseln, in denen Teenager so tun, als würden sie Popsongs nachsingen? Facebook? Instagram? Snapchat? Weit gefehlt! Tik Tok ist die App der Stunde – zumindest für Jugendliche. In Deutschland bis zur Übernahme als Musical.ly bekannt, explodiert die Viral-App unter dem neuen Besitzer Bytedance vor allem in Asien weiter – und fasziniert die werbertreibende Wirtschaft.

Es gibt eine Welt da draußen, die Erwachsenen verschlossen bleibt: im wirklichen Leben wie in Social Media – das Teenager-Alter. Während sich die Digitalbranche den Kopf darüber zerbricht, ob das Facebook-Zeitalter zu Ende geht, Instagrams Dominanz zu stoppen ist und Snapchat und Twitter noch einmal das Comeback schaffen, beschäftigt vor allem Jugendliche der unteren Altersklasse nur eine einzige App: Tik Tok!

Tik Tok? Hierzulande dürften die Älteren (und vor allem Eltern) mit der Hype-App der Stunde noch unter einem anderen Namen in Kontakt gekommen sein: Musical.ly. Die LipSync-App sorgte seit dem Launch 2014 unter Teenies schnell für Furore und wurde Ende 2017 schließlich von dem chinesischen Internetunternehmen Bytedance für stattliche 800 Millionen Dollar aufgekauft, das eine ähnliche App selbst im Portfolio hatte – nämlich Tik Tok.

Ungebrochener Nutzer-Boom: Die Milliardenmarke im Visier

Die in China auch als Douyin bekannte App kann allein im Reich der Mitte bereits 500 Millionen mindestens einmal im Monat aktive Nutzer vermelden. Die europäische Schwester Musical.ly erfreute sich vor allem bei weiblichen Teenies großer Beliebtheit und hatte laut Geschäftsführung über 250 Millionen registrierte Accounts, von denen bis monatlich etwa 100 Millionen Nutzer in Europa und den USA mindestens einmal aktiv waren.

Anfang 2019 kann Tik Tok nach der Verschmelzung mit Musical.ly inzwischen gar über 800 Millionen „Lifetime Installs“ vermelden – aktive Nutzerkonten, bei denen Android-Konten in China noch nicht einmal mitgezählt sind. Auch in der westlichen Welt gewinnt die App massiv an Bedeutung: In den USA zog Tik Tok nach Downloads im vergangenen September erstmals an Facebook, Instagram und Snapchat vorbei und besetzte wochenlang den ersten Platz in Apples App Store.

Tik Tok-Stars Lisa und Lena

Was ist Tik Tok nun? Älteren Nutzern (also allen über 19 Jahren) könnte man es salopp als „Durchdreh-App“ beschreiben, in denen User mit 15 bis 60 Sekunden langen Videos vor allem eines erreichen wollen: einen viralen Moment zu erzeugen. Dabei werden popkulturelle Vorbilder adaptiert und in einer Eigenkreation verfremdet, die im Idealfall das Zeug zu einem Mem hat. Nicht umsonst lautet das Firmenmotto: „Every second counts“ – jede Sekunde zählt.

Begonnen hat indes alles mit Nachahmung: mit dem Wunsch, 15 Sekunden Berühmtheit zu erlangen, es seinem Idol gleichzutun – also genau das, was Teenager seit Gedenken vor dem Spiegel im Kinderzimmer machen. Immer wieder imitierten und interpretierten Teens Hit-Songs aus den Genres R&B, Hip Hop, Dance und Pop, die Nutzer zu den Clips auswählen können, mit ganz eigener Mimik, Gestik und immer neuen Tanzschritten.

Zu den ersten großen Stars und Aushängeschildern der Hype-App sind die in Stuttgart geborenen Zwillinge Lisa und Lena geworden. Die 16 Jahre alten Zwillingsschwestern bringen es auf Tik Tok inzwischen auf enorme 30 Millionen Follower und konnten ihre Popularität als Influencerinnen mühelos auf Instagram übertragen, wo sie inzwischen ebenfalls bereits 14 Millionen Follower eingesammelt haben.

Die Werbebranche experimentiert mit ersten Kampagnen

Die werbetreibende Branche beäugt die boomende Viral-App unterdessen mit aufgeregtem Interesse. Wie das Branchenportal DigiDay berichtet, hat etwa Filmverleiher Universal Pictures im vergangenen Jahr eine erste Influencerkampagne gestartet, während Markenunternehmen mit vertikalen Anzeigen beim Start der App experimentieren.

Zum Super Bowl vor zwei Wochen startete unterdessen der NFL-Partner SportsManias, der Sportler-Emojis anbietet, eine erste Kampagne bei der Viral-App. „Tik Tok wird immer interessanter. (…) Ich denke, sie ist großartig dafür geeignet, um Musiklabels, Künstler, deren Alben und Kampagnen zur Markenbekanntheit zu promoten“, sieht Chris Strong von der Influencer Marketing Agentur Viral Nation großes Werbepotenzial.