Statements aus der Branche: „Der Brexit ist für die deutsche Wirtschaft ein Schlag ins Kontor“

Das knappe mehrheitliche "Ja" der 46,5 Millionen wahlberechtigten Briten hat nicht nur politische Konsequenzen. Das Pfund gibt bis zu 30 Prozent nach und auch der Handel erwartet schwerwiegende Veränderungen. Einige sehen dem Austritt eher gelassen entgegen. Statements aus der Branche
Wie sehr beeinträchtigt der Brexit das Konsumklima?

Der Tag danach: David Cameron weiß, was zu tun ist und erklärt seinen Rücktritt. Die Verhandlungen über den EU-Austritt müssten unter einem neuen Premier beginnen. Darüber habe er am Morgen mit der Queen gesprochen. Beim Parteitag im Oktober solle ein neuer Parteichef die Tories übernehmen.

brexit world 2030_2_lowDer Brexit hat auch massive Auswirkungen für die Welt im Jahr 2030. Die Welt wird zweigeteilt sein. Das zeigt ein Vergleich der Bruttoinlandsprodukte (BIP) und des Wachstums bis 2030. Die USA, China und – mit Abstand – die EU werden die „erste globale Liga“ formen. Im Vergleich dazu wird das UK verschwindend klein sein. Die dominanten Wirtschaftsmächte werden die USA, China und die EU sein. Natürlich wird auch die EU durch den Brexit schwer getroffen. Mit dem Vereinigten Königreich wäre sie in 2030 auf Augenhöhe mit den USA und China. Ohne wird sie nur der deutlich schwächere dritte Spieler in der ersten globalen Liga sein.

Zur aktuellen Diskussion haben sich Politiker, Unternehmer und Agenturchefs über die aktuelle Debatte geäußert. Eine Übersicht:

Statements aus der Politik

„Ich bin sehr stolz darauf, dass ich diesem Land dienen durfte“, sagt David Cameron. „Wir respektieren den Ausgang des britischen Referendums. Ich hätte mir ein anderes Ergebnis gewünscht“, sagt Schäuble in Berlin. Auch Österreichs Außenminister Sebastian Kurz weiß nicht, was die Zukunft bringt: „Ein Dominoeffekt auf andere Länder ist nicht auszuschließen“, sagt der Politiker dem ORF.

Die Politiker aller Parteien sind aufgewühlt. SPD-Generalsekretärin Katarina Barley etwa fordert schnelle Konsequenzen: „Es darf jetzt kein langes Hin und Her geben. Großbritannien muss die Konsequenzen aus dieser Entscheidung ziehen und die EU verlassen“, sagte sie der Rheinischen Post.

Nach dem Sieg der Brexit-Befürworter muss das Vereinigte Königreich die EU zunächst über seinen Austrittswunsch offiziell informieren. Anschließend sind die EU und die Briten nach dem EU-Vertrag verpflichtet, über die Einzelheiten des Austritts und das zukünftige Verhältnis zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich Verhandlungen aufzunehmen.

Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) versuchte noch zu scherzen und eröffnete die Plenarsitzung im Bundestag so: „Großbritannien hat sich für den Austritt aus der EU entschieden. Dennoch ist die Sonne heute Morgen wieder aufgegangen. So bedauerlich das eine ist, so beruhigend ist das andere.“

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Statements aus der Agenturlandschaft

Die inhabergeführte Digital Agentur Zone mit Standorten in London, Bristol, Denver und Köln unterstützt bekannte Marken bei ihrem Auftritt in der digitalen Welt, darunter Weltmarktführer wie Coca Cola, Maersk oder Pernod Ricard. Der CEO von Zone in Deutschland, Felix Holzapfel, ist ebenfalls zwiegespalten: „Der EU-Austritt sorgt gesamtwirtschaftlich für viel Unruhe. Die Weltwirtschaft wird die weiteren Auswirkungen deutlich zu spüren bekommen. Schade, dass uns das nicht erspart geblieben ist. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Welt gerade digital immer näher zusammenrückt. Der digitalen Welt ist der Brexit nämlich im Prinzip egal“.

Agenturgründer James Freedman muss sich mit seiner Mannschaft nun auf neue Rahmenbedingungen einstellen: „Wir bedauern das Ergebnis. Die Wut und Enttäuschung der Bürger hat über die Vernunft und wirtschaftliche Interessen gesiegt.“ Freedman weiß aber auch um die Stellung der Briten: „Seit dem letzten Weltkrieg sind so viele Verbindungen zwischen UK und Europa entstanden, dass UK trotzdem ein Teil Europas bleiben wird. Die Brexit-Befürworter hassen nicht die Menschen, sondern die Regulierungen und Institutionen.“

Holzapfel appelliert deshalb an die Politik: „Nun ist definitiv ein schnelles und konsequentes Handeln innerhalb der EU gefragt, damit das Beispiel Brexit keine Schule macht.“ Trotzdem betont er: „Es ist ja nicht so, dass mit dem Brexit nun alle Telefonleitungen gekappt werden“

Martin Sorrell, Chef der weltweit größten Werbeholding WPP, die ihren Stammsitz in London hat, sei „sehr enttäuscht“ vom Ausgang der Abstimmung, sagte er Horizont. Doch das Ergebnis müsse man respektieren: „Der Wähler hat gesprochen“.

Statements aus der Wirtschaft

Für den Chef des Münchner ifo Instituts, Clemens Fuest, ist es eine unvorstellbare Entscheidung: „Die Entscheidung der britischen Wähler für den Brexit ist eine Niederlage der Vernunft. Die Politik muss jetzt alles tun, um den wirtschaftlichen Schaden zu begrenzen. Dazu gehört es sicherzustellen, dass Großbritannien so weit wie möglich in den Binnenmarkt integriert bleibt. Es ist wichtig, die Verhandlungen darüber möglichst schnell zum Abschluss zu bringen, damit die Phase der Unsicherheit über die künftigen Wirtschaftsbeziehungen möglichst kurz bleibt.“

Der Chef der britischen Notenbank, Mark Carney, hat nach dem Votum für den Brexit die Bereitschaft der Notenbank zur Stabilisierung der Märkte betont und das in einem Fernseh-Interview geäußert: „Das Finanzministerium und die Bank of England haben umfangreiche Notfallplanungen“, so Carney. So werde man nicht mit Maßnahmen zögern, und mehr als 250 Milliarden Pfund bereitstellen, um die Funktionsfähigkeit der Märkte aufrechtzuerhalten. „Zwangsläufig wird es nach diesem Ergebnis eine Periode der Unsicherheit und Anpassung geben. Es wird noch einige Zeit für das Vereinigte Königreich in Anspruch nehmen um neue Beziehungen mit Europa und dem Rest der Welt zu etablieren“.

„Ich fürchte, das ist heute kein besonders guter Tag für Europa“, lässt John Cryan, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Bank, verlauten. „Wir können die Folgen noch nicht komplett absehen, aber es gibt keinen Zweifel, dass sie für alle Parteien negativ sein werden“, so berichtet es die FAZ.