Wie Marketing mit Statistiken und Big Data aus dem Imagetief kommt

85 Prozent der Entscheider im Marketing seien überfragt. Eine Studie von OWM und McKinsey setzt eine gesamte Branche unter Beschuss und sorgt für ordentlich Diskussionsstoff. Für das Marketing ist das die ideale Chance, sich neu auszurichten und sich Kompetenzen im Unternehmen zurückerkämpfen zu können. Ein Appell für mehr Zukunftsfähigkeit.

Marketer haben keine Ahnung – so lautet seit einigen Tagen die Generalkritik am Marketing. Grund dafür ist eine Studie von McKinsey und der Organisation Werbungtreibende im Markenverband (OWM). Die zentralen Ergebnisse: Bei digitalen Kommunikationskanälen sind 85 Prozent der Media- und Kommunikationsentscheider nach eigenen Angaben überfragt. Nur 15 Prozent haben ein klares Verständnis, welchen Mehrwert einzelne Kommunikationskanäle liefern.

50 Prozent der Vorstände scheinen nicht einmal die zentralen Fakten zu kennen. Gerade bei den sogenannten Zukunftskanälen wie Social Media und Mobile Marketing bestehen enorme Wissenslücken. Die wachsende Komplexität von Kommunikation und Marketing schlägt sich nur bedingt in der Realität deutscher Unternehmen nieder, heißt es in der Studie.

Marketing unter Beschuss

Die Gründe, die in der Studie genannt werden: Klassische Kanäle verlieren an Bedeutung, damit wird vorhandene Expertise entwertet. Zudem sind Marketingleute zu selten an den entscheidenden Positionen in Unternehmen. Nur in 20 Prozent der DAX-30- und in 26 Prozent der M-DAX-Unternehmen sitzen Marketingfachleute im Vorstand. Befragt wurden für die Studie 122 Verantwortliche in Unternehmen, Agenturen und Medien.

Die Ergebnisse sind brisant. Schließlich sind im OWM nicht irgendwelche Unternehmen organisiert, sondern mit McDonalds, Danone oder Vodafone äußerst starke Marketingunternehmen. Die Reaktionen von Agentur- und Unternehmensseite und in den Medien sind heftig und treffen die Branche. Marketer haben keine Ahnung, Agenturen sprechen Unternehmen jegliche Kompetenz ab, Marketingabteilungen wissen nicht, was sie tun – so lauten die Stimmen.

Eines wird bei der heftigen Reaktion auf die Studienergebnisse deutlich: Das Marketing muss sich klarer positionieren. Mehr als 30 Milliarden Euro im Jahr zahlen deutsche Unternehmen alleine für Medialeistungen. „Kein anderes Investment dieser Größenordnung wird so wenig faktenbasiert gesteuert. Vorhandenes Wissen ist in den letzten Jahren massiv entwertet worden“, sagt Uwe Becker, Vorstandsvorsitzender der OWM. Diese hohen Beträge müssen gerechtfertigt sein.

Kompetenz deutlich zeigen

Kompetenz deutlich zeigen

Auch die jährlich veröffentlichte Chief-Marketing-Officer-Studie des IT-Unternehmens IBM belegt, dass Marketing sich verändern muss, wenn es ein einflussreicher Unternehmensbereich bleiben will. Laut einer aktuellen Studie der Fournaise Marketing Group misstrauen 80 Prozent der CEOs ihren Marketingabteilungen inzwischen. Zudem sind 70 Prozent der Ansicht, dass Marketing keinen Beitrag zu den Geschäftsergebnissen leistet.

Diese Veröffentlichungen sollten alarmieren. Nicht, weil der Zustand des Marketings so katastrophal ist, sondern weil es sich so schlecht verkauft. Und im Vermarkten sollte eigentlich die Kernkompetenz des Marketings liegen. Die Ergebnisse sind ein deutliches Zeichen dafür, dass das Marketing in die Offensive gehen muss. Weitermachen wie bisher ist keine Lösung. Das Marketing muss sich seine Kompetenz zurückerkämpfen und vor allem seine Erfolge messbar machen.

Der ROI von Marketingmaßnahmen lässt sich heute präzise messen und damit auch der Einfluss auf die Geschäftsergebnisse nachweisen. Marketing ist kein „Bullshit“ – so bringt es die aktuelle Kampagne von Adobe auf den Punkt. Die Schlüsselworte für die Zukunft sind Big-Data-Management und Marketing-IT. Learning-by-doing reicht nicht mehr. Das Marketing ist deutlich komplexer und zahlen- und statistiklastiger geworden. Dadurch sind neue Berufs- und Betätigungsfelder entstanden.
Für absatzwirtschaft.de ist die derzeitige Diskussion Grund genug, sich in den kommenden Wochen ausführlicher mit der Zukunftsfähigkeit des Marketings zu beschäftigen. Wir beginnen in der kommenden Woche mit einer Serie zu neuen Berufen im Marketing.