Ruzicka-Prozess tritt auf der Stelle

Landgericht Wiesbaden: Gestern musste sich die ehemalige leitende Mitarbeiterin Media-Einkauf bei Aegis Media, Manuela R., den Fragen der Verteidigung im Fall Ruzicka stellen. Vergangene Woche hatte sie die Angeklagten Aleksander Ruzicka und David Linn detailliert belastet.

„Ich gehe davon aus, dass sie in weiten Teilen ihrer Aussage die Unwahrheit gesagt haben“, begann Ruzickas Rechtsanwalt Marcus Traut seine mehrstündige Befragung. Energisch fragte die Verteidigung nach, offenbar mit dem Ziel, die Glaubwürdigkeit der Zeugin zu erschüttern. Hatte sie in der vergangenen Woche noch behauptet, dass sie die „Sonderzahlungen“ in Summe von 427 000 Euro versteuert erhalten hätte, musste ihr Rechtsbeistand diese Aussage korrigieren.

Zwei Tage vor ihrer belastenden Aussage hatte Manuela R. von der Staatsanwaltschaft Kenntnis über den Inhalt eines möglichen Strafbefehls gegen sich erhalten: 1 Jahr Haft auf Bewährung und 10 000 Euro Geldstrafe wegen Beihilfe zur Untreue. Marcus Traut drängte auf Antworten zur Frage, warum die Zeugin Kenntnis eines nicht unterschriebenen Strafbefehls habe, und ob die Kenntnis über den Inhalt ihre Aussage beeinflusst habe. Die Zeugin räumte ein, dass sie „um die Vorteile einer solchen Aussage wisse“. Sie fügte hinzu: „Meine Aussagen sind wahrheitsgemäß. Ich will, dass diese Sache für mich zu einem Abschluss kommt“. Eine inhaltlich abgestimmte Aussage mit der Staatsanwaltschaft habe es nicht gegeben.

Ein Sommerfest im Jahre 2005 auf einem Reiterhof bestätigte die Zeugin. Es sei von Aegis Media veranstaltet worden. Eine Reihe von Mitarbeitern der TV-Vermarkter seien vom Media-Einkauf von Aegis Media eingeladen worden. „Über die Finanzierung solcher Feste kann ich nichts sagen“, schränkte sie jedoch ihre Kenntnis über die Hintergründe der von ihr als ungewöhnlich eingestuften Zahlungsströme zu den angeblichen Schein- und Tarnfirmen Camaco, Watson, Life2Solutions und Ortago ein. Zudem räumte die Zeuging ein, dass es keine Zahlungsanweisungen vom Angeklagten David Linn an die Barter-Firma Emerson FF gegeben habe.

Der Prozess könnte wiederum ins Stocken geraten. Verschiedene Zeugen machen von ihrem Recht auf Aussageverweigerung Gebrauch. Erneut mussten Prozesstage am heutigen Freitag, sowie am 20. und 27.März ersatzlos gestrichen werden. Es kommt erneut zu Verzögerungen. Auch die für März in Aussicht gestellte, und mit Spannung erwartete, Aussage des Zeugen Dr. Andreas Bölte (CEO von Aegis Media) und damit demjenigen der den Ermittlungsprozess angestoßen hat, wird bis auf weiteres nicht stattfinden, wie Richter Jürgen Bonk bestätigte.

Aufgrund der inzwischen erfolgten Zeugenaussagen haben sich neue Frageschwerpunkte ergeben. Stattdessen werden am 18. März drei Zeugen aus Mediaplanung und –einkauf von Aegis Media gehört. Eine ausführliche Einlassung des Hauptangeklagten Aleksander Ruzicka wird derzeit auch für möglich gehalten und könnte nach Auskunft von Prozessbeteiligten noch im April stattfinden. -cth