Der Mitangeklagte David Linn sagt zur Anklage aus

David Linn, ehemaliger Managing Director im Mediaeinkauf von Aegis Media hat sich am Mittwoch erstmals öffentlich zu den Vorwürfen geäussert. Die Anklage wirft ihm und seinem damaligen Vorgesetzten Aleksander Ruzicka vor, die Mediaagentur um 51,2 Millionen Euro geschädigt zu haben.

Linn soll mit seiner damaligen Kollegin Claudia Jackson das Mediasystem bei Aegis Media manipuliert haben. So soll der Eindruck entstanden sein, dass Freispots von der Barterfirma Emerson FF statt von den TV-Vermarktern IP Deutschland und Sevenone Media kamen. Deshalb habe das Unternehmen das Vorgehen weder bemerken noch unterbinden können. Laut David Linn habe Aegis Media in den Jahren 2002 und 2003 über ungewohnt hohe Mengen an Freispots verfügt. Mediaagenturen erhalten diese aufgrund ihrer Buchungen für Werbekunden sowie als Gegenleistung für Commitments, die sie jährlich bei den TV-Vermarktern abgeben.

Aufgrund der damals rückläufigen Werbeausgaben der Kunden sei ein Überhang an Freispots entstanden. In einem Gespräch zwischen Aleksander Ruzicka, Claudia Jackson und David Linn sei dann der Entschluss gefasst worden, Nebengeschäfte zu tätigen und Projektideen umzusetzen. Zudem wollte man ungenutzte Freispots weder verfallen lassen noch an die Kunden durchreichen. Um das Konditionengefüge bei den Kunden nicht infrage zu stellen, so Linn. Auf Vorschlag von Aleksander Ruzicka habe man im August 2002 die Firma Camaco gegründet.

Auch Ruzicka und Jackson sowie HMS/Carat-Mitgründer Heinrich Kernebeck wurden Treuhänder der Camaco. Linn habe sich hiernach nicht mehr um die Firma Camaco gekümmert. Bis im Jahr 2004 eine Ausschüttung von 473 000 Euro auf seinem Konto erschien. Da diese sein Jahresgehalt von 300 000 Euro deutlich überstieg und er für Camaco keinerlei Leistung erbracht habe, sei er auf Ruzicka zugegangen. Dieser habe ihm versichert, dass alles in Ordnung und vertragskonform wäre. Bis zum Jahr 2006 summierten sich die Ausschüttungen auf 1,986 Millionen Euro. Bis heute liegen diese ungenutzt auf einem inzwischen von der Justiz gesperrten Konto.

Aleksander Ruzicka habe ihm gesagt, dass das Erschliessen neuer Erlösquellen mit dem damaligen Global CEO der Aegis Gruppe, Doug Flynn, abgestimmt sei. Linn verwies in seiner Aussage auf Nebengeschäfte, die auch bei der früheren Unternehmensführung der HMS/Carat und späteren Aegis Media üblich gewesen seien. Zudem habe er Ruzicka immer als jemanden kennengelernt, der sich im Unternehmen absichert. Dieser Eindruck habe sich dann auch bestätigt, so Linn.

Doug Flynn habe im November 2003 in einem Gespräch mit Ruzicka und Linn in Wiesbaden versichert, dass Ruzicka seine Unterstützung hat, solange die Gewinnvorgaben erfüllt werden. Doug Flynn wurde im Februar 2005 von Robert Lerwill an der Konzernspitze im Londoner Aegis-Headquarter abgelöst. Wenige Monate später, am 5. Juli 2005, wurden Ruzicka und Linn sowie 14 weitere Personen von den Aegis-Finanzchefs Bölte und Ihlefeld sowie einem Rechtsanwalt erstmals angezeigt.

Linn erfuhr während eines Urlaubes in Frankreich vom Ermittlungsverfahren und einem Haftbefehl gegen sich. Dennoch kam der gebürtige Brite im Oktober 2006 zurück nach Deutschland und stellte sich dem Verfahren. Nachdem er sich gleichlautend bereits im Dezember 2006 geäussert hatte, wurde der Haftbefehl gegen ihn ausser Vollzug gesetzt. Linn entschuldigte sich zudem bei den Mitarbeitern von Aegis Media. Er habe sich nie auf Kosten der Mediaagentur bereichern oder seinem langjährigen Arbeitgeber schaden wollen.

Linn habe an keinerlei Aktivitäten mitgewirkt, die der vermeintlichen Untreue zuzurechnen sind. Jedoch werfe er sich vor, seine Bedenken nicht der Konzernzentrale in London mitgeteilt zu haben. Er stehe derzeit erneut in Gesprächen mit Aegis Media und möchte den verursachten Schaden wieder gut machen. Seit kurzem werden die Gespräche vom Dezember 2006 mit Aegis Media fortgesetzt. Der heutige CEO der Mediaagentur, Andreas Bölte, hatte in seiner Zeugenvernehmung Anfang August ausgesagt, dass er nicht glaube, dass Linn die treibende Kraft bei den Untreuehandlungen gewesen sei. Er müsse sich jedoch vorwerfen lassen, diese nicht unterbunden zu haben.

Der Prozess wird am Montag mit der Befragung von David Linn durch den Vorsitzenden Richter Jürgen Bonk fortgesetzt. mz